
Erst im März hatte der Kreistag Haßberge beschlossen, was all die Jahre davor undenkbar schien: Der Landkreis wollte sich im Naturpark Haßberge, mithin im Landschaftsschutzgebiet, auf die Suche nach Standorten für Windräder machen. Ein sogenanntes Zonierungskonzept sollte die Flächen ausweisen, die für die Windenergienutzung rentabel und trotzdem mit dem Schutzgedanken vereinbar sind. Diese Flächen hätte der Landkreis dann aus dem Landschaftsschutzgebiet herauslösen können. Doch das Zonierungskonzept kann er sich nun sparen.
Zonierungskonzept: Gesetzliche Rahmenbedingungen haben sich geändert
Grund: Im Februar 2023 treten Veränderungen des Bundesnaturschutzgesetzes in Kraft. Dann steht Windkraftanlagen in Landschaftsschutzgebieten naturschutzrechtlich grundsätzlich nichts mehr entgegen. Das bedeutet aber keinesfalls, dass nun im Naturpark Haßberge oder seinem Pendant südlich des Mains, dem Naturpark Steigerwald, alsbald Bautrupps anrücken und "Spargel" errichten. Im Gegenteil: Die Planungen werden gewissermaßen auf Null gesetzt und beginnen noch einmal von vorne dort, wo sie einst ihren Anfang nahmen: Im Regionalen Planungsverband Main-Rhön.
Davon zumindest geht Matthias Hohmann aus, Leiter des Bau- und Umweltreferats am Landratsamt Haßberge, wie er dem Kreisumwelt- und Werkausschuss am Mittwochnachmittag erklärte. Vor gut zehn Jahren hatte der Planungsverband im Sinne der durch die Atomkatastrophe von Fukushima eingeläuteten Energiewende übergreifend für die Landkreise Haßberge, Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen sowie Stadt und Landkreis Schweinfurt Vorrang- und Vorbehaltsgebiete zur Windkraftnutzung ausgewiesen. Auf diesen in der Bevölkerung teils heftig umstrittenen Flächen ist im Landkreis Haßberge der Windpark im Sailershäuser Wald hervorgegangen; später machte Bayerns 10-H-Regelung hier alle weiteren Projekte zunichte.
In den kommenden Monaten aber wird sich nach Hohmanns Einschätzung der Verband damit befassen, die Windenergie-Planungen für die angeschlossenen Kommunen erneut zu koordinieren. Man wird also noch einmal festlegen, wo Windräder oder Windparks entstehen sollen und wo nicht.
Wird es somit noch viel länger dauern als bisher, bis sich irgendwo in der Region ein Windrad dreht? Das glaubt Hohmann nicht. Im Gespräch mit der Redaktion erklärte der Jurist, dass die Gesetzgebung den Bau von Windenergieanlagen in rechtlicher und planerischer Hinsicht deutlich vereinfacht hat. Dank Veränderungen oder Neuerungen etwa im Baugesetz, durch das Windenergie-an-Land-Gesetz, das Energiesicherungsgesetz oder das Windenergieflächenbedarfsgesetz könnte es alsbald deutlich schneller gehen als die bisher oft fünf oder gar zehn Jahre langen Verfahren vom ersten Entwurf bis zur ersten Energieeinspeisung.
Bei manchen in der Planung fortgeschrittenen Projekten könnte es schneller gehen
Nicht jedes potenzielle Windrad wird nun warten müssen, bis der Planungsverband Main-Rhön seine Karte zur Windkraftnutzung fortgeschrieben hat, vermutet man am Landratsamt Haßberge. Dort, wo Projekte in der Planung bereits fortgeschritten seien, könnte es vorab grünes Licht geben im Rahmen sogenannter "isolierter Positivplanung" oder der "positiven Vorwirkung der Planung".
Matthias Hohmann ist sich sicher, dass das, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen möglich sein wird. Und nur dann, wenn dererlei Vorhaben den Planungsverband nicht allzu sehr von seiner Hauptarbeit in Sachen Windenergie abhalten, als da wäre: Die Karten neu mischen, wo im Gesamtgebiet zwischen Fladungen, Werneck, Eltmann und Bad Königshofen in Zukunft Windräder Energie liefern sollen.