
Nicht erst nach der letzten Kommunalwahl hatte es im Kreistag Haßberge die Forderung gegeben, dass einer der Stellvertreterposten des Landrats an eine Frau gehen müsse. Doch wie stets zuvor wurde auch 2020 nichts daraus. Nun allerdings scheint die Zeit reif für Frauenpower an der Spitze des Landkreises: Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Freie Wählerin Birgit Bayer aus der Gemeinde Riedbach Nachfolgerin ihres aus dem Amt des stellvertretenden Landrats ausscheidenden Parteifreunds Oskar Ebert (Rauhenebrach).
Der Kreisausschuss macht keinen weiteren Vorschlag
Die Zeichen für die 62-jährige Humprechtshäuserin stehen deshalb gut, weil sie der Kreisausschuss als vorberatendes Gremium des Kreistags am Montag einstimmig und somit über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg für den Posten der stellvertretenden Landrätin empfahl. Es war ihre eigene Fraktion von Wählergemeinschaft und Freien Wählern, die Bayer vorgeschlagen hatte; weitere Vorschläge gab es in der Sitzung nicht.
Es wäre schon eine Überraschung, wollte der Kreistag am 22. November Bayer dann nicht zur stellvertretenden Landrätin wählen. Zumal es hier nicht nur um die gewünschte Frau in einer Führungsposition geht. Birgit Bayer gilt als erfahrene und überaus versierte Kommunalpolitikerin. Von 1990 an war sie Gemeinderätin von Riedbach, ehe sie der Gemeinde von 2008 bis 2014 als Bürgermeisterin vorstand. Bei der Kommunalwahl 2014 kandidierte sie für die Wählergemeinschaft Haßberge als Landrätin, damals setzte sich allerdings in einer Stichwahl der heutige Amtsinhaber Wilhelm Schneider (CSU) gegen den damaligen Sander Bürgermeister Bernhard Ruß (SPD) durch.
Birgit Bayer ist Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft
Seit 2014 gehört Bayer dem Kreistag an, wo die Diplom-Finanzwirtin mittlerweile den Fraktionsvorsitz der Wählergemeinschaft übernommen hat. Die Mutter dreier erwachsener Söhne sitzt unter anderem im Verwaltungsrat der Haßberg-Kliniken. Zuletzt hatte die 62-Jährige als Direktkandidatin der Freien Wähler im Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld für den Bezirkstag kandidiert, allerdings erfolglos.
Per E-Mail bestätigte Bayer am Dienstag gegenüber der Redaktion ihre Ambitionen, stellvertretende Landrätin zu werden. "Oskar Ebert hinterlässt große Fußspuren, die ich auf meine Art und Weise ausfüllen möchte", schreibt die Kommunalpolitikerin. Was mit "ihrer Art und Weise" gemeint ist, deutet die Kreisrätin mit folgenden Worten an: "Es muss die Aufgabe aller kommunaler Mandatsträger und Mandatsträgerinnen sein, Politik und die getroffenen Entscheidungen besser zu erklären." Zudem wolle sie um ein gutes Miteinander im Flächenlandkreis Haßberge werben; möglicherweise sieht Birgit Bayer die Altlandkreise Haßfurt, Hofheim und Ebern noch nicht ganz so miteinander verwachsen, wie es ein halbes Jahrhundert nach der Gebietsreform sein sollte.
Jedenfalls freut sich die Frau aus Humprechtshausen auf die vielen Begegnungen mit Bürgerinnen und Bürgern im gesamten Landkreis; es sei ihr wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und zu versuchen, Lösungen für ihre berechtigten Anliegen zu finden. "Der Landkreis Haßberge ist eine außergewöhnliche Region, für die es sich lohnt, sich mit aller Kraft einzusetzen", blickt Birgit Bayer nach vorne und hofft darauf, dass ihr der Kreistag in ein paar Wochen dann auch das Vertrauen ausspricht.
Im Amt des weiteren Stellvertreters bleibt der Eltmanner Bürgermeister Michael Ziegler (CSU), der 2020 in diese Funktion ebenso wiedergewählt worden war wie Oskar Ebert. Ebert selbst bezeichnete Birgit Bayer als seine Wunsch-Nachfolgerin, weil sie unter anderem als Riedbacher Bürgermeisterin einen hervorragenden Job und sich im Zuge ihrer Landratskandidatur 2014 kreisweit bekannt gemacht habe. Er werde sie als stellvertretende Landrätin aus der Fraktion von Wählergemeinschaft und Freien Wählern heraus nach Kräften unterstützen.