Sie wirkt wie das Aschenputtel unter den Wahlen: die Bezirkswahl, die zusammen mit der Landtagswahl an diesem Sonntag stattfindet. Vielen Wählerinnen und Wählern erschließt sich der Sinn nicht wirklich. Dabei erfüllen die Bezirke wichtige Aufgaben in den Bereichen Soziales, Gesundheit und Pflege, Kultur, Bildung und Umwelt. Entsprechend stellen die gerne als "Sozialparlamente" bezeichneten Bezirkstage wichtige Weichen für die in der Region lebenden Menschen. Es geht um rund eine Milliarde Euro, die in Unterfranken jährlich in soziale Leistungen, Bildungseinrichtungen, Kulturarbeit, Pflege, Gesundheit und Umwelt fließt.
Wie bei der Landtagswahl gibt es auch für die Bezirkswahl zwei Stimmzettel: Einen für die Direktkandidatinnen und -kandidaten (Erststimme) und einen für die Bewerberinnen und Bewerber auf der Liste (Zweitstimme). Im Stimmkreis 604, Haßberge/Rhön-Grabfeld, finden sich auf dem Erststimmenzettel die Namen von drei Personen aus dem Landkreis Haßberge: Birgit Bayer, Jürgen Hennemann und Sandra Neugebauer. Die Redaktion stellt das Trio hier kurz vor:
Birgit Bayer von den Freien Wählern
Die 62-jährige Finanzwirtin aus Humprechtshausen war von 2008 bis 2014 Bürgermeisterin ihrer Heimatgemeinde Riedbach. Für den Bezirkstag kandidiere sie, "weil mir die gesundheitliche Versorgung wichtig ist", sagt Birgit Bayer, die verheiratet und Mutter dreier erwachsener Söhne ist. Die wohnortnahe Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum müsse gewährleistet und für alle Menschen bezahlbar sein.
Bayer ist es ferner ein großes Anliegen, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gute und schnelle Hilfe bei psychischen Problemen bekommen. Denn gerade bei den jungen Menschen hätten diese Probleme in den letzten Jahren stark zugenommen. Bayer, die am Finanzamt Schweinfurt tätig ist, will gerade im Gesundheitsbereich ihre langjährige Erfahrung – aus ihrer Tätigkeit als Verwaltungsrätin der Haßberg-Kliniken und als Aufsichtsrätin beim MVZ Haßfurt – in die Arbeit des Bezirkstags einbringen.
Als weiteren Punkt, der ihr am Herzen liegt, nennt die Kreisrätin den Bereich Pflege. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass Menschen auch im Alter und bei Pflegebedürftigkeit in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Außerdem führt die Freie Wählerin die Inklusion an: "Menschen mit Handicap müssen ein selbstbestimmtes Leben mitten in unserer Gesellschaft führen können", gibt sie ihre Richtung vor.
Jürgen Hennemann von der SPD
Seit 2014 ist der inzwischen 60-jährige Jürgen Hennemann Bürgermeister der Stadt Ebern. Lange Jahre war der Sozialdemokrat als Betriebsrat bei FAG (später FTE/Valeo) in Ebern tätig. Soziales, Kultur und Integration seien für das Zusammenleben der Menschen sehr wichtig, erklärt Hennemann. Vieles werde hier auf Bezirksebene entschieden: "Da möchte ich dabei sein, um für die Menschen in der Region die besten Bedingungen zu schaffen."
Hennemann, der verheiratet ist, kritisiert, dass die Finanzausstattung der Bezirke nicht ausreiche, um die gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Deshalb müsse sich der Bezirk das Geld in hohem Umfang über die Bezirksumlage bei den Landkreisen und kreisfreien Städten holen. Das belaste deren Haushalte. Das will Hennemann ändern: Der Staat stehe in der Verantwortung, dass die Kommunen nicht zu stark belastet würden.
Der Kommunalpolitiker, der auch im Kreistag Haßberge sitzt, führt mehrere Gründe für seine Kandidatur an. Er will, dass Menschen mit Einschränkungen auch im ländlichen Raum am öffentlichen Leben teilnehmen können. Der Bezirk muss aus seiner Sicht im Bereich psychische Gesundheit vor allem bei Kindern und Jugendlichen nachbessern, seine Kliniken ausbauen und ambulante Beratungsstellen schaffen. Hennemann setzt auf Kulturförderung auch jenseits der großen Zentren. Und mit seiner Kandidatur will er einen Beitrag dazu leisten, "dass nicht nur Menschen aus den Großräumen Würzburg und Aschaffenburg im Bezirkstag sitzen, sondern auch Vertreterinnen und Vertreter des ländlichen Raums".
Sandra Neugebauer von dieBasis
Sandra Neugebauer ist 48 Jahre alt und arbeitet in Haßfurt als selbstständige Physiotherapeutin und Heilpraktikerin im Bereich der Physiotherapie in ihrer eigenen Praxis. Sie sei zusätzlich als Dozentin für Physiotherapie tätig und gebe Fortbildungen im Bereich der Altenpflege und Alltagsbegleitung, erklärt Neugebauer, die verheiratet und Mutter dreier erwachsener Kinder ist.
Durch ihren beruflichen Hintergrund und Werdegang verfüge sie über praktische Erfahrungen, die in einigen Bereichen der Arbeit des Bezirkstags relevant seien, macht dieBasis-Kandidatin geltend. "Mir liegt vor allem eine gute Versorgung der Menschen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen am Herzen sowie die gute Ausbildung in den Schulen nach neuen pädagogischen Lernmethoden."
Die 48-Jährige verfügt nach eigenen Angaben über Erfahrungen als Lehrkraft an Berufsfachschulen für Physiotherapie. Sie sei auch in der Leitung eines Erwachsenenbildungsinstituts tätig gewesen, fügt sie an. Kommunalpolitisch ist sie bisher nicht in Erscheinung getreten. "Politisch war ich bisher nur in der Hochschulpolitik für zwei Jahre als Studentensprecherin aktiv", erklärt Neugebauer.
Welche Namen stehen sonst noch auf dem Erststimmen-Zettel?
Die Wählerinnen und Wähler im Landkreis Haßberge und jenem Teil des Landkreises Rhön-Grabfeld, der 2008 mit den Haßbergen zum Stimmkreis 604, Haßberge/Rhön-Grabfeld, zusammengefasst wurde, können bei der Bezirkswahl am 8. Oktober ihre Erststimme folgenden weiteren Frauen und Männern geben: Thomas Habermann aus Bad Neustadt, Landrat von Rhön-Grabfeld, für die CSU; Biolandwirtin Klara May aus Hollstadt für Bündnis 90/Die Grünen; Betriebswirt Patrick Geßner aus Maßbach für die AfD; Tischler Josua Türk aus Bastheim für die FDP; Übersetzer Baz Mir Shabaz aus Oerlenbach für die Linke; oder Projektleiterin Esther Wagenhäuser aus Gerolzhofen für die ÖDP.