Wer dereinst in Haßfurt die Grundschule am Ziegelbrunn besucht hat, wird sein früheres Schulgelände bald nicht mehr wiedererkennen. Denn seit die Waldorfschule das Areal übernommen hat, hat sich vieles verändert. Der Unterricht findet mittlerweile in zwei modernen Neubauten mit Holzfassade statt. Der jüngere davon wurde erst kürzlich fertiggestellt, am Samstag steht seine offizielle Einweihung an.
Noch steht das alte Schulhaus, doch das ist nur noch eine Frage der Zeit, der Abriss ist beschlossen. Denn es sei mittlerweile in einem so schlechten Zustand, dass die Kosten für eine Sanierung im Vergleich zu einem Neubau völlig unverhältnismäßig gewesen wären, berichtet Annette Achilles.
Raumprogramm: Förderung gibt es nur, wenn die Schüler ausreichend Platz haben
Sie und ihr Kollege Gregor Härty teilen sich die Geschäftsführung der Freien Waldorfschule in den Mainauen. Während Härty vor allem für den kaufmännischen Teil zuständig ist, hat sich Achilles als technische Geschäftsführerin in den letzten Jahren intensiv mit dem Neubau beschäftigt.
Sie erklärt: "Es gibt ein Raumprogramm, das man bei einer Schule erfüllen muss." So müssen pro Schülerin oder Schüler mindestens zwei Quadratmeter zur Verfügung stehen. An einem Gymnasium kommen noch die Fachräume dazu. Bei einer Zahl von 330 Schülerinnen und Schülern wären diese Bedingungen im alten Schulhaus nicht zu erfüllen gewesen, was auch bedeutet hätte, dass die Schule keine Zuschüsse bekommen hätte. Die Neubauten hingegen, mit denen die Haßfurter Waldorfschule das Raumkonzept erfüllen kann, ermöglichen eine Förderung durch den Freistaat Bayern.
Für das Gebäude, das am Samstag eingeweiht wird, muss die Schule somit nur rund die Hälfte der Baukosten selbst tragen: 4 Millionen Euro kommen vom Staat, insgesamt dürften die Baukosten nach der Endabrechnung wohl auf 8,5 Millionen kommen – etwa eine halbe Million mehr als ursprünglich veranschlagt.
Los ging es mit der Planung für den zweiten Neubau ab dem Jahr 2018, Baubeginn war im September 2020. Eigentlich hätte schon ab Beginn des aktuellen Schuljahres, also nach den Sommerferien 2022, der Unterricht in den neuen Räumen stattfinden sollen. "Das haben wir verpasst, weil noch Restarbeiten zu machen waren", so Annette Achilles. Aber zum Halbjahr war es dann soweit: Seit Februar nutzt die Schule das neue Gebäude.
"Es war an der Zeit", sagt Gregor Härty, kaufmännischer Geschäftsführer der Schule. Zwar hätte das alte Schulhaus, in dem die Waldorfschule viele Jahre lang Unterricht gehalten hatte, "immer seinen Charme" gehabt. "Niemand hat gesagt: 'So eine Bruchbude!'", kommentiert Härty. Dennoch sei die Freude bei allen groß gewesen, als der Umzug endlich möglich war.
"Ich bin ja einer, der Altbauten mag. Die haben eine Geschichte", sagt Härty. Doch dadurch, dass sich so viele Leute bei Planung und Bau des neuen Schulhauses eingebracht haben, habe auch dieser schon jetzt seine eigene Geschichte. Das falle ihm an vielen Stellen auf, wenn er selbst durch das Gebäude läuft: "Es gibt immer eine Geschichte dazu, warum es so geworden ist."
Klassenzimmer und Fachräume: Das gibt es im neuen Schulhaus
Wann das alte Schulhaus abgerissen wird, steht noch nicht fest. Einen weiteren Altbau – ein Wohnhaus an der Straße "Am Ziegelbrunn" – lässt die Schule gerade umbauen. Das Haus erhält einen Anbau, hier soll bald die Mittagsbetreuung der Schule untergebracht werden.
Und wie verteilen sich die Unterrichtsräume auf die beiden neuen Gebäude? Der ältere Neubau südlich des alten Schulhauses, den die Waldorfschule schon seit einigen Jahren nutzt, beherbergt die Aula und die Unterrichtsräume für die Oberstufe. Im neueren, erst kürzlich fertiggestellten Neubau im östlichen Teil des Schulgeländes befinden sich nun die Klassenzimmer der Jahrgangsstufen 1 bis 8, Fachräume für Werken, Handarbeit und Musik sowie zwei Räume für Eurythmie – ein Form von Bewegungskunst, die es an Waldorfschulen als Schulfach gibt.
Moderne Küche, Fernwärme und Barrierefreiheit
Auch Mensa und Küche befinden sich im neuen Gebäude. "Wir kochen selber", betont Annette Achilles, dass es hier keine Belieferung durch einen Caterer geben soll. Deshalb hat die Schule im neuen Gebäude eine moderne Küche einbauen lassen. Eine weitere Besonderheit ist die Heizungsanlage der Waldorfschule: Diese funktioniert mit Fernwärme durch das Stadtwerk Haßfurt.
Das neue Schulhaus trägt auch dazu bei, eine Schwachstelle des älteren Neubaus zu beseitigen. Denn bisher waren die oberen Räume des Oberstufenbaus nicht barrierefrei zu erreichen, da es dort keinen Aufzug gibt.
Das neueste Gebäude hingegen hat einen Aufzug – und eine Brücke, die einen Übergang zwischen den beiden Schulhäusern schafft. So können Gehbehinderte nun die oberen Räume des Oberstufenbaus erreichen, indem sie den Aufzug im neuen Schulhaus nutzt und dann die Brücke überqueren.
Feier zur Einweihung: Am Samstag in der Stadthalle
Ein Plan, der ursprünglich vorgesehen war, ist mittlerweile allerdings vom Tisch: Einst hieß es, sobald das alte Schulhaus abgerissen ist, würde das Oberstufengebäude an dessen Platz geschoben, die Schule hätte dann den südlichsten Teil ihres Geländes wieder an die Stadt abgegeben. Doch nun kann die Waldorfschule die gesamte Fläche behalten, die Verschiebung des Gebäudes ist damit nicht nötig, stattdessen entsteht ein größerer Schulhof.
Die offizielle Einweihung des neuen Schulhauses beginnt am Samstag um 11 Uhr in der Haßfurter Stadthalle. Es mag erst einmal paradox klingen, dass die Feierlichkeiten nicht vor Ort stattfinden. Doch Annette Achilles erklärt, was dahintersteckt. Denn die Waldorfschule hat gleich zwei Feierlichkeiten zusammengelegt: Die Einweihung und das am gleichen Tag stattfindende Johanni-Fest – für Waldorfschulen das größte Fest des Jahres, zu dem Schülerinnen und Schüler sowie viele Eltern kommen. Für dieses hat die Schule, wie schon in den vergangenen Jahren, die Stadthalle gemietet, weil dort mehr Platz ist als auf dem Schulgelände.