
Es kommt wohl eher selten vor, dass ein Bürgermeister den Platz im Rathaussessel gegen den hinter dem Herd eintauscht, um für die Bürgerinnen und Bürger seiner Gemeinde zu kochen. Doch genau das hat sich Knetzgaus Gemeindeoberhaupt Stefan Paulus (CWG/SPD) vorgenommen – und zwar an Heiligabend. Der Bürgermeister will, dass keine Knetzgauerin und kein Knetzgauer den Abend unfreiwillig alleine daheim verbringen muss. Wer sich am 24. Dezember Gesellschaft wünscht, den lädt Paulus ein. Und zwar zu einem Weihnachtsessen im Alten Rathaus.
Er habe häufiger Kontakt zur älteren Generation, berichtet Paulus im Gespräch mit der Redaktion. Gerade dann, wenn er an runden Geburtstagen vorbeikomme, um zu gratulieren. Viele der Seniorinnen und Senioren würden zwar alleine leben. Einsam seien die meisten aber nicht, da sie noch Familie vor Ort hätten. Doch die meisten – das sind eben nicht alle.
Gemeinsam statt einsam lautet die Devise
Es gebe doch den ein oder anderen, der überhaupt keine Angehörigen, oder zumindest keine in der Umgebung habe. "Gerade an Weihnachten erlebt man die Einsamkeit intensiver", ist der Bürgermeister überzeugt. Seine Devise lautet deshalb: gemeinsam statt einsam. Paulus und sein Rathausteam haben die Veranstaltung nicht nur im Gemeindeblatt angekündigt, sondern auch Einladungen verschickt, an alle alleinstehenden über 70-Jährigen in der Gemeinde.

Einige Anmeldungen sind schon eingegangen. Paulus rechnet derzeit damit, dass er für etwa zehn Personen kochen wird. Eine Altersgrenze gebe es eigentlich nicht, erklärt er. Aus organisatorischen Gründen wurden jedoch nur die über 70-Jährigen informiert.
Aber: "Auch ein Ehepaar, das alleine ist, oder ein 40-Jähriger, der an dem Abend sonst niemanden hat, ist eingeladen", sagt der Bürgermeister. Die kostenfreie Veranstaltung an Heiligabend soll zeigen, dass die Gemeinde auch in schwierigen Zeiten für ihre Bürgerinnen und Bürger da ist, macht Paulus klar. "Es geht mir darum, ein schönes Fest zu veranstalten, um die Leute glücklich zu machen." Und eben das soll in wenigen Tagen im Bürger-Café im Alten Rathaus stattfinden – dort, wo wohl die meisten Fäden des Ehrenamts zusammenlaufen.
Von Bürgern für Bürger: Starkes Ehrenamt in Knetzgau
Die Grundidee einer solchen Veranstaltung stamme von Alexandra Zösch, die dort im Bürger-Café als Ehrenamtliche den Sträkel-Kreis (Anmerkung d. Red.: Stricken und Häkeln) veranstaltet, erklärt Thomas Zettelmeier, Koordinator vom Bündnis Familie & Senioren in Knetzgau.

Das Ehrenamt wird in der 6500-Seelen-Gemeinde stark gelebt. Im Bündnis für Familie & Senioren gestalten die Menschen in Knetzgau seit 2011 ihren Heimatort mit, und nehmen die Dinge selbst in die Hand.
Neben dem Sträkel-Kreis gibt es beispielsweise noch den offenen Treff in der alten Tankstelle in Westheim, einen Bürgerbus, den Männertreff, die Kindermalstunde, einen Computerkurs oder Filmnachmittage. Die Liste der Angebote ist lang. Rund 450 verschiedene Veranstaltungen, die auf der freiwilligen Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger fußen, gebe es pro Jahr, schätzt Zettelmeier. Erst vor kurzem ist das Bündnis deshalb von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ausgezeichnet worden.
Doch zurück zum Weihnachtsbuffet: Im vergangenen Jahr veranstalteten die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer rund um Zösch schon einmal ein Weihnachtsbuffet für die ältere Generation. Etwa 25 Personen seien damals gekommen, erinnert sich der 42-Jährige. Das war am vierten Advent. Der fiel im Jahr 2022 aber nicht auf Heiligabend, sondern auf den 18. Dezember.
Die Ehrenamtlichen sollen den Abend mit der Familie verbringen
Damit die Ehrenamtlichen in diesem Jahr am 24. Dezember selbst zu Hause bei ihrer Familie sein können, kümmert sich stattdessen Paulus um den gemeinschaftlichen Weihnachtsabend. Der 57-Jährige betont im Gespräch mit der Redaktion, dass solche Veranstaltungen, wie die an Heiligabend nicht ohne die Hilfe der Ehrenamtlichen in seiner Gemeinde entstehen könnten – auch wenn statt ihnen diesmal das Gemeindeoberhaupt durch den Abend führt.

Zwar hat auch der Bürgermeister Familie, eine Frau und einen 15-jährigen Sohn, doch beide hätten ihm für den Abend grünes Licht gegeben, berichtet er. Das eigene Weihnachtsfest ziehe die Familie Paulus einfach einen Tag vor.
Ein Festessen: Rinderragout, Nudeln und Blaukraut
Aber was kommt jetzt auf die Teller? Serviert werde ein Rinderragout mit Nudeln, vermutlich gebe es Blaukraut dazu oder einen Salat, verrät der Bürgermeister, der an diesem Tag selbst den Löffel schwingen wird. Außerdem gebe es auch eine Nachspeise – "vielleicht Kuchen", so Paulus – sowie Plätzchen, Glühwein und Punsch.
Er selbst stehe gerne am Herd, erklärt der Bürgermeister im Gespräch mit der Redaktion. Das Gericht, das er an Heiligabend servieren wird, habe er schon häufiger gekocht. Es sollte also nichts schiefgehen. "Ich bereite das Essen schon zu Hause bei mir vor, denn das Rindfleisch wird besser, je länger es kocht", berichtet er. Drei bis vier Stunden müsse das Fleisch mindestens im Topf bleiben. Was außerdem nicht fehlen darf: "Ein Liter Rotwein muss schon hinein, für eine kräftige Soße."

Nicht nur Liebe geht durch den Magen. Ein gemeinsames Essen stärke auch den Zusammenhalt und das gemeinschaftliche Miteinander, davon ist der 57-Jährige überzeugt. Sobald das Weihnachtsmenü fertig ist, zieht Paulus um, wechselt den heimischen Herd gegen den im Alten Rathaus. Richtet die Tische her, deckt sie ein und dekoriert sie. Auch einige Geschichten möchte er am Abend vorlesen, berichtet der Bürgermeister.
Er schätzt, dass die Veranstaltung bis etwa 21 Uhr gehen wird. Denn dann findet die Christmette statt – wer mag, kann also rechtzeitig von der gemeinschaftlichen Weihnachtsfeier den Gang in die Kirche antreten. Oder sich mit vollem Bauch und schönen Erinnerungen nach Hause verabschieden.
Bürgerinnen und Bürger aus Knetzgau, die Heiligabend nicht alleine verbringen möchten, können sich laut Paulus noch bis zum 19. Dezember bei der Gemeinde melden.
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