In den Rathäusern gibt es momentan viel zu tun, denn die Bürgermeister und ihre Mitarbeiter müssen dafür sorgen, dass trotz Ausgangsbeschränkungen nicht die Grundversorgung zusammenbricht. Dabei sind sie auf Menschen angewiesen, deren Arbeit in Zeiten der Pandemie nicht ausfallen darf. Wie das funktionieren kann, erklären Verantwortungsträger aus der Gemeinde Knetzgau.
Bürgermeister Stefan Paulus berichtet, für ihn sei es mit Beginn der Ausgangsbeschränkungen erst einmal ruhig gewesen. "Man war mit der Situation noch nicht im Reinen", sagt er. Die erste Welle an großen Aufgaben sei dann Anfang April angerollt: Es galt, einiges umzuorganisieren und beispielsweise Mitarbeiter aus Bereichen, in denen durch die Krise vorerst weniger Arbeit anfällt in Bereiche zu verlegen, die durch die aktuelle Situation mehr Arbeit haben als sonst. Dazu kamen Anfragen zu laufenden Projekten. "Auch ein Problem war: Wenn es eine Pressekonferenz gab, haben das die Leute live mitverfolgt und gleich danach ging bei uns das Telefon."
Verlangen nach schnellen Informationen
Anrufer wollten dann wissen, was eine bestimmte Maßnahme, die Bundeskanzlerin Merkel oder Ministerpräsident Söder gerade im Fernsehen angekündigt hatte, konkret für sie in Knetzgau bedeute – dabei hatte das Rathaus zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr Informationen als das, was aus dem Fernsehen bekannt war. Paulus bittet daher um Verständnis, dass es ein paar Tage dauern kann, bis die Ämter vor Ort Detailfragen beantworten können.
Auch Sandra Partosch hat dieses Verlangen der Menschen nach schnellen Informationen erlebt: Sie ist Pflegedienstleiterin im Knetzgauer AWO-Seniorenzentrum und beobachtete, wie kurz nach der Aussage, dass bald wieder Besuche in Altenheimen möglich sein würden, die ersten Anrufe kamen. Ohnehin hat sie den Eindruck, dass das Besuchsverbot für die Angehörigen oft schlimmer war als für die Bewohner: "Die Leute machen sich eben Sorgen." Mittlerweile sind unter strengen Auflagen wieder wenige Besuche möglich.
Ein Spiegelbild der Gesellschaft
"Ich stelle fest: Die öffentlichen Treffs und die Seniorennachmittage fehlen den Leuten schon", sagt Robert Beetz, der Seniorenbeauftragte der Gemeinde. Um den Heimbewohnern auch in Zeiten des Kontaktverbots etwas Abwechslung zu bringen und gleichzeitig die Möglichkeit zu bieten, den christlichen Glauben zu leben, der vielen von ihnen wichtig ist, haben sich Beetz und einige andere etwas besonderes einfallen lassen: In der Woche vor Ostern haben sie einen Gottesdienst im Hof des Seniorenheims auf die Beine gestellt. Gemeindereferentin Ilse Waldenmeier hielt diesen über Lautsprecher, die Bewohner konnten von ihren Balkonen zuhören. Eine besondere Idee: Die Fürbitten, die die Senioren auf Zettel geschrieben hatten, kamen in Form von Papierfliegern von den Balkonen bei Waldenmeier an.
Auch Bürgermeister Paulus lobt solche Aktionen. "Wir erleben gerade ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, wie wir sie haben wollen", sagt er. "Es gibt in allen Bereichen engagierte Leute, die Notfallpläne erstellen." Praktisch über Nacht seien sie mit einer völlig neuen Situation konfrontiert gewesen und hätten das beste daraus gemacht. Eine Aufgabe der Politik sei es nun, den Menschen das Gefühl zu geben, dass auch für sie gesorgt wird. Paulus selbst hat mit dem "Hilfsfonds Corona" eine Aktion ins Leben gerufen, die durch Gutscheinkäufe Geschäften helfen soll, deren Umsatz durch die Krise eingebrochen ist.
Die Angst, die Krankheit hineinzubringen
Pflegdienstleiterin Partosch berichtet auch von einer gewissen Spannung, die viele Menschen in Pflegeberufen derzeit spüren: Schließlich haben auch sie Privatleben und Familie; also Kontakt zu Menschen außerhalb des Heims. Und so schwinge die Angst mit: "Was ist, wenn ich die Person bin, die die Krankheit in die Einrichtung bringt?" Um einer Ausbreitung im Heim so weit wie möglich vorzubeugen, bleiben alle Mitarbeiter und Bewohner in ihren jeweiligen Wohnbereichen, ein Austausch findet nicht mehr statt.
Weniger Probleme als andere Altenheime haben die Knetzgauer mit der Verordnung, dass Bewohner, die aus irgendeinem Grund im Krankenhaus waren, erst einmal in Quarantäne müssen, bevor sie wieder mit den anderen Heimbewohnern zusammenleben können: "Wir haben überwiegend Einzelzimmer", berichtet Partosch. "Die Quarantäne ist also gut zu machen." Ein Problem sei das allerdings noch immer bei Menschen, die an Demenz erkrankt sind.
Anerkennung soll auch nach der Pandemie bleiben
Im Bezug auf die große Anerkennung für die Arbeit der Pflegekräfte, die in den letzten Wochen immer wieder geäußert wurde, meint Sandra Partosch, sie hoffe, dass das auch nach der Corona-Krise nicht wieder in Vergessenheit gerate. Außerdem beklagt sie den Mehraufwand, den Corona für ihren Beruf mit sich bringt: "Es ist der Wahnsinn, was wir seit der Pandemie dokumentieren müssen."
Diese Erfahrung hat auch Carolin Kempf gemacht, die die Mittagsbetreuung an der Knetzgauer Schule leitet. Bisher wurde dort die Notbetreuung für die Kinder von Menschen aufrecht erhalten, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Unter anderem seien die Kinder von Ärzten, Krankenschwestern, Polizisten oder THW-Mitarbeitern dabei gewesen. Mittlerweile ist die Schule teilweise wieder angelaufen, so dass auch Kinder, die normalerweise in der Mittagsbetreuung wären, wieder kommen.
"Bei uns ist nichts mehr, wie es war", sagt Kempf. "Wir vermissen unseren Alltag." Die Kinder werden in kleinen Gruppen betreut, zwischen denen es möglichst wenig Kontakt geben soll. Daher auch der große Dokumentationsaufwand: Sollte doch jemand erkranken, soll es möglich sein, nachzuvollziehen, wer sich wann wo aufgehalten hat und welche Personen zueinander Kontakt hatten. Die große Herausforderung sei vor allem, den eigentlichen Sinn der Mittagsbetreuung aufrecht zu erhalten: "Das ist ja eigentlich ein Gegenzug zur Schule", sagt Kempf. Sprich: Ein Rahmen, in dem sich die Kinder vom streng geregelten Schulalltag etwas erholen können. "Aber das ist in diesem Konstrukt aus Regeln und Vorschriften stark eingeschränkt."
Ausgangsbeschränkungen verändern den Wasserverbrauch
Ganz andere Sorgen hat Wolfgang Thein. Er ist Wassermeister des Wasserzweckverbandes Knetzgau und damit einer von denen, die die Grundversorgung aufrecht erhalten. Ähnlich wie die Stromversorgung, die Kläranlagen und andere Bereiche muss auch die Versorgung mit Leitungswasser gewährleistet sein – auch in Krisenzeiten. "Das Virus kann über das Trinkwasser nicht übertragen werden", betont er, dass die Menschen hiervor keine Angst haben müssten. Ohnehin sei die Qualität des Leitungswassers in Deutschland sehr hoch: "Wenn man den Wasserhahn aufmacht, kann man es trinken. Man muss wirklich nicht fürchten, dass man sich durch Wasser ansteckt."
Um die Versorgung sicherstellen zu können, arbeiten die Mitarbeiter der Wasserversorgung nun kontaktfrei in Schichten. Sprich: Wenn einer von ihnen in Quarantäne muss, fallen nicht gleich alle Kollegen aus. Interessant sind einige Zahlen, die er nennt: In der Corona-Krise ist der Wasserverbrauch der Privathaushalte um circa 20 Prozent gestiegen; wohl weil Urlaube ausfallen und die Menschen mehr Zeit zuhause verbringen. Um Rund 50 Prozent gesunken ist dagegen der Verbrauch der Getränkeindustrie, die mit Coca Cola in Knetzgau stark vertreten ist. Das liege wohl daran, dass auch dort die Produktion runtergefahren werden musste, da die Gaststätten derzeit geschlossen sind und daher weniger Getränke verkauft werden.