Die Ausgaben für Energie werden immer höher. Da denkt so manche Hausbesitzerin und mancher Hausbesitzer über Sonnenenergie auf dem Dach nach – auch in Altstädten. Aber einfach eine Photovoltaikanlage auf das Haus montieren geht nicht. Es gibt viele Hindernisse zu überwinden, bis Otto Normalenergieverbraucher endlich die Sonne anzapfen darf.
Für viele Hausbesitzer, deren Häuschen zu einem "denkmalgeschützten Ensemble" einer Innenstadt zählt, war es bis vor kurzem schier unmöglich, überhaupt Sonnenenergie nutzen zu können. Der Denkmalschutz genoss absoluten Vorrang, die Klimaschützerinnen und -schützer taten sich schwer, ihre logischen Argumente zählbar in die Waagschale zu werfen.
Langsam setzte sich aber in der Bevölkerung und bei den Volksvertreterinnen und -vertretern die Erkenntnis durch, dass die Energiegewinnung vielleicht doch einen höheren Stellenwert genießen könnte als ein schöner historischer Ensembleanblick. Die Ideallösung gibt es – wie immer – kaum, aber man kann ja versuchen, einer solchen möglichst nahezukommen.
Die Stadt Zeil hat eine Vorreiterrolle übernommen
Im Landkreis Haßberge hat Zeil hier eine Vorbildfunktion übernommen. Das schmucke Fachwerkstädtchen hat Ende Juli dieses Jahres eine neue Altstadtsatzung im Stadtrat verabschiedet. Der Zeiler Bauausschuss hatte sich noch im Frühjahr mit einem Bauantrag zu beschäftigen, der typisch für diese Zeit ist und die Bemühungen einer Bevölkerung widerspiegelt, die sich über die Problematik der Energiekrise und des Klimawandels im Klaren ist, aber durch Vorschriften von gestern gebremst wird.
Ein Bürger hatte den Antrag gestellt, an der Außenwand seines Anwesens im Innenstadtbereich von Zeil zwei Solarpaneele anzubringen, um wenigstens ein bisschen Strom erzeugen zu können. Das Gremium vertröstete damals den Zeiler mit dem Hinweis, eine neue Satzung würde im Sommer beschlossen, dann könne er sich eine "richtige" PV-Anlage auf sein Dach bauen. Inzwischen kann der Bürger glücklich Vollzug melden.
Genehmigung ist kein Automatismus
Die Genehmigung ist allerdings auch weiterhin kein Automatismus. Der Stadtrat hat beschlossen, dass "in Teilbereichen der Altstadtsatzung die Errichtung von PV-Anlagen auf Antrag zulässig" ist. Auf Antrag – das heißt, es ist zwar grundsätzlich möglich, bedarf aber jedes Mal einer Einzelfallentscheidung. Bei Dachflächen, die sich im Kernbereich der Altstadt befinden, ist zusätzlich zur Genehmigung durch die Stadt immer auch eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei dem Gebäude um ein sogenanntes "Einzeldenkmal" handelt oder nicht. Für Dachflächen im Randbereich der Altstadt ist nur eine Genehmigung der Stadt erforderlich.
"Seit der Änderung des Denkmalschutzgesetzes zum 1. Juli 2023", erklärt Bürgermeister Thomas Stadelmann im Gespräch mit der Redaktion, "sind auch die Voraussetzungen für die Genehmigung solcher PV-Anlagen erleichtert worden." Es gelte allerdings auch weiterhin bestimmte Auflagen zu beachten. Dazu zählen technische Vorgaben ebenso wie Farbvorschriften.
Keine Chance auf eine Genehmigung haben Hausbesitzerinnen und -besitzer, wenn sie eine Anlage auf Dachflächen bauen wollen, die von Hauptstraße, Obere Torstraße, Marktplatz, Kaulberg, Speiersgasse und Lange Gasse einsehbar sind. Für die nicht einsehbare Rückseite dieser Dächer sei eine Einzelfallentscheidung durch die Stadt erforderlich.
Königsberg will sich am "Zeiler Modell" orientieren
Wenn eine Kommune das Attribut "historische Altstadt" verdient im Landkreis Haßberge, dann ist dies sicherlich die Stadt Königsberg. Auch hier beschäftigen sich die Verantwortlichen mit dem Thema. Allerdings ist man noch nicht so weit wie die Kolleginnen und Kollegen in Zeil. An deren Satzung will sich Königsberg jedoch orientieren, sagt Bürgermeister Claus Bittenbrünn. Es gebe aber schon jetzt Einzelfälle, bei denen die Errichtung einer PV-Anlage genehmigt worden sei. "Voraussetzung dafür", so Bittenbrünn, sei gewesen, dass die betreffenden Dächer nicht einsehbar seien. Bis Oktober, so rechnet Bittenbrünn, werde man wohl die neue Altstadtsatzung im Stadtrat beschließen.
Auch Haßfurt will Vorbildcharakter haben
Kreisstadtbürgermeister Günther Werner hat in der vergangenen Woche in nichtöffentlicher Sitzung die Mitglieder des Bauausschusses über die geplante neue Altstadtsatzung informiert. In der Oktobersitzung des Stadtrates soll darüber befunden werden. "Wir haben uns lange mit dem Amt für Denkmalschutz zusammengesetzt", so Werner, und gemeinsam die Stadt besichtigt. Dabei habe man eine Lösung gefunden, die für andere Kommunen durchaus Modellcharakter besitzen könne.
Kernelement der Haßfurter Satzung ist die Aufteilung der Altstadt in sogenannte "Zonentypen", so Bürgermeister Werner, zum Beispiel die Kernzone. Hier gebe es Häuser mit stadtprägender Bedeutung. Berücksichtigt werden müsse auch die Ensemblewirkung, zum Beispiel der Anblick, den die Stadt von außen bietet. Einzelfälle seien auch bisher schon in Absprache mit dem Amt für Denkmalschutz genehmigt worden. Werner weist zudem darauf hin, dass es bereits in Randbereichen der Stadt Dächer gebe, auf denen spezielle rote PV-Paneele verbaut seien. Diese seien kaum als PV-Anlagen wahrnehmbar.
Die Stadt Ebern hat im Dezember 2021 eine Gestaltungssatzung für die Altstadt beschlossen, auch orientiert am Zeiler Modell. Alle Anforderungen daraus müssten bei der Errichtung von PV-Anlagen erfüllt werden. Bürgermeister Jürgen Hennemann sieht die Sache locker. "Wir haben fast alle Anträge genehmigt und bisher keine Beanstandung vom Denkmalamt bekommen. Wir haben zwar eine Einzelfallregelung, aber zumeist zum Wohle des Nutzers entschieden."
Nur besondere Denkmäler seien bislang von der Möglichkeit ausgenommen, auf deren Dächern PV-Anlagen zu errichten. Doch selbst in diesen Fällen würde Hennemann am liebsten noch einen Schritt weiter gehen. Auch die Intention des Denkmalamtes, von oben – zum Beispiel im Blick vom Freibad – dürfe keine PV-Anlage auf Dächern das Stadtbild prägen, "ist uns Wurscht", sagt Hennemann.