Seit einem Jahr ist Dorothee Bär Staatsministerin im Bundeskanzleramt. Die erste Bilanz fällt gemischt aus. Nicht zuletzt dank ihrer Präsenz in den sozialen Medien wird die 40-Jährige aus Ebelsbach (Lkr. Haßberge) von vielen als das Gesicht der Digitalisierung wahrgenommen.
Das Thema ist in der Bundespolitik angekommen. Gleichzeitig beklagen viele Akteure, die Modernisierung gehe viel zu langsam voran, die Umsetzung konkreter Ideen scheitere auch am Kompetenz-Wirrwarr in der Politik. Derweil ärgern sich Bürger vielerorts noch über fehlendes Netz. Viele Themen also für ein Gespräch mit der CSU-Politikerin.
Frage: Frau Bär, kürzlich haben Sie in Berlin Mark Zuckerberg getroffen. Auf den Bildern in den sozialen Netzwerken sieht man Sie sehr nah dran am Facebook-Chef. Viele hätten sich von der Staatsministerin im Bundeskanzleramt mehr Distanz zum US-Konzern gewünscht. Können Sie die Kritik nachvollziehen?
Bär: Ehrlicherweise nicht, da sich die Hauptkritik an meinem lächelnden Gesichtsausdruck entzündet hat. Kollegen von Ihnen haben sogar behauptet, ich hätte mich als "Fangirl" inszeniert. Niemand würde einem Mann wegen eines Fotos vorwerfen, er sei ein "Fanboy". Das ist eine bigotte Diskussion. Als hätte ich mich mit einem Diktator getroffen... Ich schaue immer freundlich, wenn ich fotografiert werde. Und bin mäßig im Ton, auch wenn ich inhaltlich hart kritisiere. Da bin ich mit mir im Reinen.
Was haben Sie denn kritisiert?
Bär: Wir haben Vertraulichkeit über das Treffen vereinbart, aber ich kann sagen, ich habe gegenüber Zuckerberg kritische Punkte wie mangelhafte Datensicherheit, den Umgang mit Hass und Gewalt oder die politische Verantwortung von Facebook für die Demokratie klar und deutlich angesprochen.
Und wie hat er reagiert?
Bär: Wie gesagt, die Gespräche waren vertraulich. Aber ich kann schon sagen, er ist uns – anders als früher – mit größerer Nachdenklichkeit begegnet. Er hat sich öffentlich selbstkritisch zur Machtfülle von Facebook geäußert und mehr Regulierung durch die Politik gefordert. Ich hoffe, Zuckerberg hat nach all den Skandalen einen gewissen Entwicklungsprozess durchgemacht. Wobei ich ihn diesbezüglich an seinen Taten und nicht an seinen Worten messen werde.
Womöglich fürchtet er um sein Geschäftsmodell.
Bär: Wohl auch das. Aber man darf ihm seine Betroffenheit etwa über die Verbreitung des Christchurch-Videos schon abnehmen.
Frau Bär, Sie polarisieren mit Ihrer Präsenz in den sozialen Netzwerken nicht zuletzt auch deshalb, weil es vielen Menschen bei der Digitalisierung zu langsam vorangeht. Wie fällt ihre Bilanz nach dem ersten Jahr als Staatsministerin aus?
Bär: Auch mir geht es meist zu langsam voran. Aber so ist das eben in der Demokratie.
Bedauern Sie das?
Bär: Ich bin eine große Verfechterin unserer Demokratie. Nur muss einem klar sein, dass es ein längerer Prozess ist, bis gute Ideen auch umgesetzt werden. Wir versuchen gerade die Verwaltung im Kanzleramt umzustellen, digitaler zu kommunizieren, andere Arbeitsweisen zu etablieren, auch mal klassische Hierarchien zu durchbrechen. Das ist nicht immer einfach.
Woran hakt es?
Bär: Als wir Stellen ausgeschrieben haben, habe ich getwittert „Nerds welcome“. Das gab einen Shitstorm von Leuten, die gesagt haben: Auf viele Stellen bei Euch kann sich gar kein Nerd bewerben, weil in der Ausschreibung ein Masterabschluss gefordert ist, den viele nicht haben. Tatsächlich braucht es für die Digitalisierung vielleicht eher Programmierer mit praktischer Erfahrung oder auch mal Menschen jenseits der klassischen Disziplinen Jura und Wirtschaftswissenschaften, Menschen mit spinnerten Ideen. Da ist das System zu starr. Aber das Umdenken beginnt.
Es gibt jede Menge Gremien zur Digitalisierung, allein im Kanzleramt Sie als Staatsministerin, das Digitalkabinett, den Digitalrat, die Datenethikkommission, die Fachabteilung Digitalisierung, den IT-Planungsrat, um nur die wichtigsten zu nennen. Wir vermissen etwas Konkretes.
Bär: Es wird künftig noch mehr solche Kommissionen geben, einfach weil es dringend notwendig ist, Input ins Haus zu holen. Gerade habe ich mit dem Gesundheitsminister ein Health Innovation Lab für Digitalisierung im Gesundheitswesen gegründet. In anderen Ministerien gibt es ähnliche Denkfabriken. Das alles Tag für Tag zu koordinieren, ist Kärrnerarbeit, davon gibt es keine Posts auf Instagram.
Was aber fehlt, ist ein Leuchtturmprojekt, so ein Erfolg zum Vorzeigen.
Bär: Wie soll das funktionieren? Digitalisierung ist ein Prozess, da gibt es nicht das eine Projekt. Was soll das denn sein, so ein Leuchtturmprojekt?
Die Netzabdeckung zum Beispiel.
Bär: Ich gebe Ihnen recht, es darf in Deutschland kein einziges Funkloch geben. Wir werden auch bald keine mehr haben. Aber auch dann werden nicht alle zufrieden sein, die Ansprüche steigen ständig. Wenn wir 100 Prozent Haushaltsabdeckung haben, haben wir 5G noch lange nicht an jeder Ackerfurche. Ich weiß, wovon ich spreche, ich sitze jeden Sommer selbst als Beifahrerin auf einem Mähdrescher, der komplett durchdigitalisiert ist.
Aber ist der 5G-Ausbau nicht die Voraussetzung für autonomes Fahren und telemedizinische Anwendungen gerade auch auf dem Land, in der Rhön, in den Haßbergen?
Bär: Es gibt einige Automobilhersteller, die bestätigen, man brauche kein flächendeckendes 5G für autonomes Fahren. Viel werde über Auto-zu-Auto-Kommunikation erreicht und mit punktuellem 5G. Und zum Thema Netzausbau: Die CSU arbeitet deshalb an einer staatlichen Infrastrukturgesellschaft, weil wir die weißen Flecken allein mit den Telekommunikationsunternehmen nicht wegbekommen werden.
Was machen denn andere Länder besser? In vielen Statistiken zur Digitalisierung liegt Deutschland weit hinten.
Bär: Na ja, da stimmt auch nicht alles. Wir legen beim Ausbau oft aber auch eine typisch deutsche Perfektion an den Tag, da wird es dann teuer. Wenn wir eine Reihenhaussiedlung bauen, legen wir die Kabel von der Straße in jedes Haus rein, gehen wieder raus und über die Straße zum nächsten Haus. Die Niederländer schießen die Kabel einfach von einem Keller zum nächsten.
Wie würden Sie denn ihr Profil beschreiben, wie nehmen Sie sich selbst wahr? Was ist Ihnen am wichtigsten?
Bär: Es sind so viele Hüte, die ich aufhabe. Da kann ich gar nicht sagen, dieser oder jener ist der wichtigste. Ich bin federführend zuständig für die Digitalisierung im Kanzleramt, ich koordiniere zwischen den einzelnen Ministerien, zwischen dem Bund und den Ländern, zwischen Regierung und Parlament. Und ich pflege den Kontakt in die Zivilgesellschaft. Diese Aufgabe hatte ich zu Beginn unterschätzt, aber ich wende viel Energie und Leidenschaft dafür auf, die Menschen mitzunehmen, Ängste abzubauen.
Sie werfen den Leuten vor, sie würden hoffen, die Digitalisierung sei nur ein Hype, eine Mode, die wieder vergeht.
Bär: Das werfe ich nicht den Menschen vor, sondern manchen Kollegen, den Bedenkenträgern und Bremsern in der Politik, in den Gewerkschaften, auch unter Journalisten. Vielleicht machen wir auch manches durch falsche Begrifflichkeiten kaputt. Nehmen Sie das Wort Künstliche Intelligenz (KI). Das suggeriert vielen, die künstliche Intelligenz ersetze ihre Intelligenz, so wie ein künstliches Knie ihr altes Knie ersetzt. Dabei wird eine Maschine niemals einen Menschen ersetzen können. Vielleicht sollten wir lieber vom maschinellen Lernen sprechen. Und immer wieder auf die Chancen hinweisen. Für jeden Einzelnen.
So da wären?
Bär: KI hilft in der Medizin, viel bessere und genauere Diagnosen zu stellen, etwa bei Brustkrebs. Wir haben allein in Deutschland jedes Jahr immer noch 3000 Verkehrstote, diese Zahl wird dank des autonomen Fahrens zurückgehen.
Müssten Sie also nicht noch viel offensiver auftreten? Natürlich stoßen diese Transformationsprozesse, die die Digitalisierung überall in der Gesellschaft verlangt, nicht nur auf Begeisterung, aber sie sind unausweichlich. Müssten Sie ihre Rolle als Gesicht der Digitalisierung nicht mehr noch nutzen, um in der Sache zu provozieren?
Bär (lacht): Sagen Sie mal meinen Kollegen, die Frau Bär muss mehr provozieren. Die würden Sie steinigen, für die bin ich schon viel zu provokant. Da sagt keiner, die ist zu brav. Neulich, als ich mich öffentlich gegen die EU-Urheberrechtsrichtlinie gewandt habe, da habe ich einiges zu hören bekommen. Ich bin eben auch Teil des Kabinetts und der Kabinettsdisziplin und nicht einfach freischwebend.
Spüren Sie Rückendeckung durch die Bundeskanzlerin?
Bär: Absolut. Angela Merkel hat ein digitales Grundverständnis, bei ihr stoße ich mit meinen Themen auf offene Ohren. Sie will, dass wir schneller und besser vorankommen. Deshalb war es eine gute Idee, das Thema Digitalisierung bei ihr im Kanzleramt anzusiedeln.
Könnte ein eigenständiges Ministerium nicht mehr bewirken?
Bär: Ein eigenständiges Ministerium hätte Vor-, aber auch Nachteile. Natürlich ist ein größerer Unterbau mit mehr Budget und mehr Mitarbeitern viel wert. Es käme aber sehr auf einen sinnvollen Themenzuschnitt an. Das Kanzleramt hat auch seine Vorteile, es ist ein neutraler Boden, auf dem sich die Häuser treffen können. In jedem Fall leisten wir im Kanzleramt momentan Pionierarbeit. Mal sehen, was daraus erwächst.
Sagen Sie uns abschließend noch drei Dinge aus dem vergangenen Jahr, die Sie so nicht mehr machen würden?
Bär: Grundsätzlich bin ich jemand, der nach vorne schaut. Natürlich ist die Rückschau wichtig, um aus Erfahrungen für die Zukunft zu lernen. Ich kann Ihnen aber keine drei Dinge nennen, die ich nun als Fehler bezeichnen würde. Dieses Amt ist komplett neu, das letzte Jahr hat also viel Pionierarbeit gefordert und das tut es noch immer. Alle Erfahrungen bringen einen da weiter, um das Amt zu formen und zu begreifen, auch die negativen. Mein Jahr müsste doppelt so viele Tage haben, da ich tendenziell immer mehr Punkte auf einer offenen To-Do-Liste habe.
Welche?
Bär: Ich würde gerne noch mehr reisen, vor allem beruflich. Die Eindrücke, die ich vor Ort sammle, sind essentiell, um dann in Deutschland wieder digitale Impulse zu setzen. Dieses Jahr waren wir schon in Austin und Las Vegas, auf den größten Tech Messen und Konferenzen. Demnächst geht es zu einer großen Open-Government-Konferenz nach Kanada, aber auch die Hannover-Messe und die Hinterland Konferenz in Bielefeld waren sehr interessant. Wo ich hinkomme, treffe ich Menschen, die für die Digitalisierung brennen und vor Ideen überschäumen. Diese Reisen sind Blutdoping fürs Hirn.
dahin zurück von sie her gekommen ist
in die hassberge
und bitte bitte lasst sie auch dort
Eine Frage ist nun wirklich der Gipfel: "Wie nehmen Sie sich selbst wahr, was ist Ihnen wichtig?" Was soll so eine Frage an jemanden, der ein permanenter Selbstdarstellungsneurotiker ist und außer dieser Fähigkeit nicht viel mehr zu bieten hat? Ein absoluter Witz, dieses Interview.
Der Mainpost-Hofstaat hat dieser Frau wieder den roten Teppich für ihre Selbstdarstellung ausgerollt.
Sie soll sich um wirklich schnelles (!!) Internet kümmern und endlich die Funklöcher beseitigen als herum zu schwafeln. Weniger Fotos mit Drohnencopter, mehr echte Probleme lösen.
da kann man noch so oft "nerds welcome" twittern, es nützt halt nichts wenn immer die falschen die jobs in den ministerien bekommen, egal ob bei der digitalisierung oder auch in anderen bereichen.
das hier mehr praktiker als leute aus den "klassischen disziplinen" nötig sind hat sie ja erkannt, aber man sollte nicht nur "umdenken", man sollte handeln.
Das kann man doch erst Ermessen, wenn’s vorangeht. Die Bremsklötze sitzen doch mehr in der Opposition als in der eigenen Partei.
Sieh die Grünen Weltverbesserer und die Sozen, die alles blockieren, was die Gemeinschaft nach vorn bringen könnte.
Solange die Parteibücher die Politik bestimmen, ist der Bürger der Dumme, der die Politik nur zahlen darf.
An der Frau liegt es gerade nicht
der titel hat sich geändert, das ressort ist das gleiche geblieben, bewegt hat sich wenig.
macht ja die chefin ebenso, immer schön in der gegend rumfliegen damit man sich mit den problemen im inland nicht rumschlagen muss.
Außer Auftritten in schrillen Outfits hat diese Frau nichts zu bieten.
Wann endlich präsentiert uns die CSU mal eine Frau, die auch inhaltlich was zu bieten hat?