
Als vor vier Wochen nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union ihr Name auf der mutmaßlichen Kabinettsliste von Angela Merkel auftauchte und die Ersten schon gratulierten, da musste Dorothee Bär noch abwehren. Horst Seehofer verlangte die Geduldsprobe von ihr. Mit Ausnahme seines eigenen sollten die Namen der CSU-Minister erst nach dem Mitgliedervotum der SPD bekannt werden.
- Dorothee Bär im ZDF heute journal vom 5. März
Nun wird die 39-jährige Unterfränkin zwar nicht Chefin in einem klassischen Ressort. Als erste Staatsministerin für Digitalisierung übernimmt sie gleichwohl ein herausgehobenes Amt im vierten Kabinett Merkel. Eine „tolle Aufgabe“, freut sich Bär in einer ersten Stellungnahme, „aber auch eine große Herausforderung“. Digitalisierung sei das Zukunftsthema schlechthin. Ihr Ziel sei es, die Kollegen in der Bundesregierung für das Thema mehr als bisher zu sensibilisieren. Gleichzeitig wolle sie in der Bevölkerung für die Möglichkeiten in der digitalen Welt werben und den Menschen Ängste, etwa vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, zu nehmen.
Überraschend kommt die Beförderung der 39-Jährigen aus Ebelsbach (Lkr. Haßberge) nicht. Sie hat politischen Ehrgeiz, sie kann gut mit Menschen, und sie verfügt über ein gutes Gespür, im richtigen Augenblick an der richtigen Stelle zu sein. Jung, weiblich, fränkisch: drei Eigenschaften, mit denen die diplomierte Politologin einmal mehr punkten konnte.
Zuerst als Entwicklungshilfeministerin im Gespräch
Natürlich hätte Bär gerne auch das Amt der Entwicklungshilfeministerin übernommen, für das sie zunächst im Gespräch war. In dieses Ressort indes hätte sie sich komplett neu einarbeiten müssen. Das fällt jetzt weg, die digitale Agenda der neuen Bundesregierung hat sie schon bei den Koalitionsgesprächen federführend für die CSU verhandelt. Um den Ausbau digitaler Infrastruktur hat sie sich auch im bisherigen Amt als Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium gekümmert.
Im April feiert die dreifache Mutter ihren 40. Geburtstag. Ein Alter, in dem viele hauptberufliche politische Karrieren erst beginnen. Bär indes macht seit 16 Jahren hauptberuflich Politik. 2002 zog sie als Listenkandidatin erstmals in den Bundestag ein, seit 2009 vertritt sie den Wahlkreis Bad Kissingen, zu dem die Landkreise Haßberge, Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld gehören, als direkt gewählte Abgeordnete in Berlin.
Mit 14 schon in die Junge Union
Die Unterfränkin ist mit Politik groß geworden. Regelmäßig sei am Esstisch über Inhalte und Personen diskutiert worden, erzählt sie. Kein Wunder, Vater Werner Mantel war Bürgermeister ihrer Heimatgemeinde Ebelsbach, der Großvater auch. Als Teenagerin Dorothee mit 14 Jahren der Jungen Union (JU) beitreten möchte, warnt sie der Papa. Sie sei noch zu jung, habe er gesagt. Dorothee Bär: „Da habe ich es trotzdem gemacht.“ Seine Bedenken, die Tochter könne zu zartbesaitet sein für die politische Auseinandersetzung, erweisen sich als falsch. Die Schülerin steht zu ihren konservativen Überzeugungen, egal ob beim Familienbild oder bei der inneren Sicherheit – auch gegen Widerstände unter Mitschülern.
Die Jugendliche lässt sich nicht gern in Schubladen pressen: „Ich habe immer gerne Punk gehört, ich war bei Toten-Hosen-Konzerten, als die noch nicht Mainstream waren.“ Politisch geht es schnell aufwärts. 2001 übernimmt sie den Landesvorsitz beim Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) in Bayern, in der Jungen Union wird sie Vize auf Landes- und Bundesebene. Auch dem CSU-Vorstand gehört sie seit fast zwei Jahrzehnten an. Edmund Stoiber ist ihr erster wichtiger Förderer (und ihr großes Vorbild). Horst Seehofer beruft sie 2009 zur stellvertretenden Generalsekretärin, im Dezember 2017 folgt sie Barbara Stamm als stellvertretende CSU-Parteivorsitzende.
Kein Porträt ohne High-Heels
Dorothee Bär weiß um ihre Wirkung. Politik in Berlin ist nach wie vor ein Männerbetrieb. Da fällt eine Frau auf, die statt Hosenanzügen lieber Röcke und hohe Schuhe trägt. Bis heute gibt es kein Porträt der Ebelsbacherin, das ohne Verweis auf ihre High-Heels auskommt. Wenn sie als Verkehrsstaatssekretärin in Pumps zum Spatenstich auf einer Baustelle erschien, haben viele – nicht zuletzt auch in ihrer eigenen Partei - gelästert. Ihr ist das egal. „Ich bin nicht so erzogen worden, dass man sich ständig Gedanken macht, was andere über einen denken“, hat sie einmal gesagt. Die Aufmerksamkeit nimmt sie allerdings gerne mit.
Überaus präsent ist die 39-Jährige in den sozialen Netzwerken. Egal, ob es um politische Debatten, die Erfolge des FC Bayern oder auch mal um ein blutendes Knie geht, bei Facebook, Instagram und Twitter gehört sie zu den aktivsten Politikern. Allein 67 000 Menschen folgen ihr beim Kurznachrichtendienst, im Bundestag gilt sie als „Twitter-Königin“. „Das Posten macht einfach Spaß“, sagt sie, „da bin ich emotional und spontan.“ Manchmal, räumt sie ein, „zu spontan, dann geht es auch mal daneben“.
Glückwunsch, @DoroBaer & @AndiScheuer. Auf konstruktive Arbeit mit Ausschuss & Parlament! Mein Tipp: Nicht zu viel abschauen von Vorgänger & Fahrverbotsminister Dobrindt. Brauchen zukunftsorientierte Politik für saubere Mobilität & digitale Chancen #bmvi #groko
— Cem Özdemir (@cem_oezdemir) 5. März 2018
In den sozialen Netzwerken finden sich am Montag denn auch die ersten Reaktionen auf die Berufung Bärs. Da gratulieren natürlich die Parteifreunde, aber auch aus der Opposition sind freundliche Stimmen zu hören, bei Twitter unter anderem von Cem Özdemir (Grüne) und Anke Domscheit-Berg (Linke). Die Internet-Aktivistin nennt die CSU-Kollegin einen „Lichtblick“ im GroKo-Kabinett, sie freue sich auf gute Zusammenarbeit. Denn mit Bär als Staatsministerin für Digitalisierung habe man „zur Abwechslung mal jemanden mit Ahnung zum Thema“ berufen.
Ein Lichtblick bei Besetzungen i #GroKo Kabinett: mit @DoroBaer als Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt hat zur Abwechslung jmd mit Ahnung zum Thema auch was zu sagen. Ich hoffe, der Posten kommt mit ausreichend Befugnissen! Glückwunsch u auf gute Zusammenarbeit!
— anke domscheit-berg (@anked) 5. März 2018
Wir können den Unterhaltungswert der Debatte schon noch steigern!
Prof. Dr. Roger Willemsen (leider zu früh verstorben) hat 1 Jahr lang die Debattenkultur des Parlaments verfolgt und darüber das Buch "Das hohe Haus" verfasst.
Ein Poem aus seiner Feder über die damalige Staatssekretärin beim Verkehrsministerium lautet:
"substanzschwach,
dafür selbstverliebt
dieses fränkische Schneewittchen
setzt in der Kategorie Show
neue Maßstäbe
eine junge Frau
mit Verwöhnschaden"
Wenn an die ganzen Kommentatoren, die jetzt "nie mehr CSU wählen" an ihren Kommentaren der letzten Jahre misst, wird man feststellen, dass genau diese Leute sowieso "noch nie CSU gewählt haben". Die CSU wird's verschmerzen können. Es halt -wie so üblich- auch hier nur eine verschwindend kleine aber lautstarke Minderheit von zwei Handvoll Leutchen, die sich nach Außen so darstellen, als ob sie das ganze Wahlvolk repräsentieren.
1 schönes Beispiel für sinnfreies Sprechen.
Kompetenz Ist da eher störend. Wer als Frau wirklich kompetent ist und etwas bewegen möchte sucht sich eine andere Partei. Da es in Bayern keine CDU gibt, wandern die fähigen Frauen tendenziell zu den Grünen ab. Bei der FDP scheinen Inhalte, seit dem Auftreten ihres Posterboys eher eine sekundäre Rolle und die SPD übt sich in Selbstzerfleischung.
Das ist doch Qualitätsjournalismus, wie er im Buche steht. Fast wie GALA oder BUNTE.
Satire ein: Das reicht zur Qualifikation als Digitalstaatsministerin. Satire aus.
Donald Trump macht seine "Politik" schließlich auch via Twitter.
Legen Sie doch mal Ihre Beweise offen auf den Tisch für diese grenzwertigen Behauptungen!
Ohne Bär wär freilich vieles einfacher und ginge schneller. Hoffentlich wird die CSU jetzt so gestutzt, damit sie nicht weiter Bundesministerien mit inkompetenten Personal besetzt.
wir prüfen alle Kommentare sorgfältig nach den Regeln unserer Nettiquette. Sollten Beleidigungen darunter sein, verbergen wir diese natürlich. Da jedoch Dorothee Bär durch ihr politisches Amt in der Öffentlichkeit steht, muss sie sich mehr Kritik gefallen lassen als beispielsweise jemand, der nicht in der Politik tätig ist.
Freundliche Grüße
Denise Schiwon
Team Main-Post Digitale Medien