
Das Jahr 1972 bedeutete eine Zäsur für die Region. Damals wurde im Zuge der Gebietsreform der Landkreis Haßberge aus der Taufe gehoben. Nur kurze Zeit später gründete sich der Bayerische Landessportverband (BLSV) Kreis Haßberge. Es war ein Jahr, in dem die Sommerspiele in der Landeshauptstadt München stattfanden und Läufer das olympische Feuer auch durch Unterfranken und das Maintal trugen. Alles stand im Zeichen des Sportes.
Nun, ein halbes Jahrhundert später, feiert der BLSV am 2. Oktober sein 50-jähriges Bestehen. Ein Interview mit dem Kreisvorsitzenden Gerald Makowski darüber, warum es den BLSV heute noch braucht und wie die Sportvereine seines Erachtens durch die Corona-Pandemie gekommen sind.
Gerald Makowski: Ausschlaggebend war tatsächlich die Landkreisreform mit der Gemeindegebietsreform und der damit verbunden Gründung des Landkreises Haßberge. Vorher fungierte im Landkreis Haßfurt bereits sieben Jahre lang ein von den Sportvereinen gewähltes Gremium als Untergruppe des Kreis Schweinfurt, welches den BLSV-Vereinen als Anlauf- und Informationsstelle diente. Bis dahin führten die Sportvereine unseres Landkreises ein mehr oder weniger reges Eigenleben. Lediglich die Fußballvereine hatten in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg bereits einen koordinierten Spielbetrieb.
Der erste ordentliche Kreistag mit der Wahl einer Kreisvorstandschaft fand am 4. November 1972 statt. Dabei wurden auch die Altlandkreise Ebern und Hofheim integriert.
Makowski: Auf Kreisebene sind wir Koordinator, Bindeglied und Sprecher zwischen den Sportvereinen, des Dachverbandes und der Landkreisverwaltung zugleich.
Wichtig für die Vereine ist ganz besonders die Beratung und Unterstützung beim Sportstättenbau. Hier gilt es, die Förderrichtlinien bereits bei der Planung und Antragstellung zu berücksichtigen. Unser Referent für den Sportstättenbau, Reinhold Heilmann, ist diesbezüglich aufgrund seines Berufes nicht nur Fachmann, sondern kann durch seine bereits 31- jährige Erfahrung wertvolle Tipps und Anregungen geben. Besonders das Sonderprogramm im Sportstättenbau für strukturschwache Gebiete nutzen viele Vereine auch in unserem Sportkreis für Bau- und Sanierungsmaßnahmen. So wurden seit dem letzten Kreistag 2017 mehr als 50 Förderanträge auf Bezuschussung gestellt. Viele davon sind bereits abgeschlossen und die Fördergelder ausbezahlt. Ohne diese Bezuschussung seitens des Freistaates Bayern wären viele Projekte für die Vereine nicht stemmbar.
Makowski: Richtig. Jedes Jahr werden im Landkreis mehrere Angebote zur Verfügung gestellt, wo die Übungsleiter ihre Lizenzen verlängern können. In regelmäßigen Abständen kommen Lehrgänge zur Erlangung der Übungsleiterlizenzen hinzu.
Nicht zu vergessen ist die Förderung und Würdigung des Ehrenamtes. So ist es üblich, dass der Sportkreis nicht nur bei Vereinsjubiläen die wertvolle Arbeit der Ehrenamtlichen herausstellt, sondern dies auch immer wieder durch besondere Ehrungen von Vereinsfunktionären, verdienten Personen des Sports aber auch den Helfern im Hintergrund der sogenannten "Stillen Stars" würdigt.
Makowski: Neben der stetig steigenden Zahl von Vereinen und Mitgliedern hat sich auch das Aufgabengebiet etwas gewandelt. Weniger verbandsinterne Veranstaltungen hin zu mehr Serviceleistungen und Beratung. Mit dem Einzug der Digitalisierung sind zum Beispiel die Unterstützung hinsichtlich des Datenschutzes und die digitale Vereinsverwaltung als neue Bausteine hinzugekommen.
Zudem finden sich immer mehr weibliche und immer mehr ältere Mitglieder in den Vereinen wieder. Demnach wurden die Sportangebote entsprechend angepasst. Fitness- und Gesundheitssportangebote sind mittlerweile in den meisten Sportvereinen integriert.
Makowski: Auch coronabedingt ist es für die Vereine schwieriger geworden, Nachwuchs zu finden. Im Kinderbereich läuft es noch gut. Sobald die Kinder ins Jugendalter kommen, wird es schwieriger, da viele sich nicht an einen Verein binden wollen. Die Vereine müssen sich bemühen, gute Angebote zu machen, um die Jugend zu halten.
Makowski: Meiner Meinung nach ist diese Frage mit einem eindeutigen Ja zu beantworten. Vor allem im ländlichen Raum. Einige Aktive merkten, dass es sich auch ohne die sportlichen Verpflichtungen gut leben lässt und haben nicht mehr zurückgefunden. Kinder und Jugendliche konnten mangels Sportangeboten gar nicht in Sportvereinen aufgenommen werden. Dies gilt es jetzt wieder aufzuholen, was jedoch nicht leicht sein wird. Beim Blick auf die Gesamtzahlen fällt dies nicht so ins Gewicht, da in den Ballungsräumen in einigen Vereinen sowieso ein gewisser Aufnahmestopp vorlag.
Hinzu kommen noch die physischen, psychologischen und pädagogischen Auswirkungen der fehlenden beziehungsweise reduzierten Sportangebote in den letzten zweieinhalb Jahren. Diese lassen sich nur schwer einschätzen und vorhersehen. Aber es wird sie geben, da bin ich mir ziemlich sicher.
Makowski: Nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stark" hat ein Dachverband eine größere Durchsetzungskraft als Verhandlungspartner mit der Politik und anderen Partnern. Es kann ja nicht jeder einzelne Verein mit dem Freistaat Bayern oder dem Landkreis über Sportförderungen verhandeln.