
Die Stadt Haßfurt, der Landkreis Haßberge und verschiedene in der Region ansässige Unternehmen regten vor vier Jahren den Aufbau eines neuen Technologietransferzentrums in Haßfurt (TTZ-HAS) an, die bayerische Staatskanzlei gab grünes Licht. Zunächst hieß es noch Technologiezentrum Smart Polymer Pipe Solutions.
Daraus geht schon hervor, dass sich das TTZ mit der angewandten Forschung im Bereich der Well- und Glattrohrextrusion, also dem Kunststoffrohr beschäftigt. Was verständlich wird, wenn man berücksichtigt, dass in der gesamten Region Mainfranken mit Stand 2020 im Bereich "Neue Materialien und Kunststoffe" rund 4900 Menschen beschäftigt waren. Davon alleine etwa 3570 – das sind 70 Prozent – im Landkreis Haßberge.
Das TTZ-HAS fungiert dabei als Forschungsinstitut der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS). Aufbau und Leitung des TTZ-HAS hat im März 2023 Prof. Dr.-Ing. Johannes Krückel übernommen. Seit nunmehr rund eineinhalb Jahren ist die Kreisstadt also gewissermaßen auch Hochschulstandort. Zeit, mit dem Hochschullehrer über die Entwicklung und die Ziele des TTZ-HAS zu sprechen.

Krückel: "Wir haben erst einmal das Team aufgebaut. Dieses generiert vor allem Forschungsprojekte. Seit letztem Jahr beschäftigen wir uns mit dem großen Forschungsprojekt 'KARE', das bedeutet 'Kompetenzen aufbauen für die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen'. Damit sollen Wege gefunden werden, wie Kunststoffe im steten Kreislauf gehalten werden können."
Krückel: "Wir haben die ersten studentischen Projekte hier am Institut durchgeführt. Zum Beispiel haben die Studierenden im Rahmen einer Forschungsarbeit Werkstoffe, aus denen Rohre hergestellt werden, untersucht. Im Masterstudiengang hat eine Projektgruppe aus drei Studierenden von uns eine Forschungsfragestellung bekommen und diese selbstständig bearbeitet, Untersuchungen gemacht – auch regelmäßig hier am TTZ –, ausgewertet und dann zusammengefasst."
Krückel: "Nach wie vor läuft der Aufbau der Gerätschaften. Wir haben sowohl die ersten Kunststoffverarbeitungsmaschinen als auch Analysegeräte für Kunststoffe hier am TTZ aufgebaut und sind damit beschäftigt, hier auch noch weitere Infrastruktur zu installieren."
Krückel: "Ja, wir sind ganz zufrieden, wie es bisher läuft. Es ergeben sich auch regelmäßige Kontakte zu den Firmen aus der Region. Es sieht gut aus, dass wir hier in die ersten Forschungsprojekte mit Firmen zeitnah einsteigen."

Krückel: "Beides. Uns hat zum Beispiel eine Firma kontaktiert, die nicht aus dem Rohr-, sondern aus dem Materialbereich kommt, und vorgeschlagen, ein bestimmtes Material zu testen. Wir haben das potenzielle Interesse der Rohrfirmen angefragt und nun sind wir dabei, aus dieser Idee ein konkretes Projekt zu machen."
Krückel: "Wir beschäftigen uns momentan mit zwei Schwerpunkten. Der eine ist das Thema Nachhaltigkeit. Hier geht es zum einen um den Einsatz von Recyclingware in Rohren oder in Rohrwerkstoffen und zum anderen darum, Materialien zu verwenden, die zum Beispiel nicht erdölbasierend sind, die aus alternativen Rohstoffquellen kommen und aus denen Kunststoffe entwickelt oder die teilweise in Kunststoffe eingearbeitet werden können. Diese Fragestellungen bearbeiten wir in der einen Arbeitsgruppe."
Krückel: "Man könnte sich vorstellen, dass man Kunststoffe anstatt aus Erdöl aus Biomasse macht. Es gibt auch Kunststoffe, die man aus Pflanzen wie etwa Zuckerrohr herstellt. Das ist nichts Neues. Aber die Frage ist halt: kann man solche Werkstoffe auch in Rohren zukünftig einsetzen? Das ist einer unserer Hauptschwerpunkte. Wir haben auch angefangen, uns mit dem Thema der Smart Pipes zu beschäftigen. Das heißt, wie können wir Kunststoffrohre smarter machen, wie können wir mehr oder neue Funktionen in Rohre und Rohrwerkstoffe einbringen."

Krückel: "Für Projektarbeiten und Forschungsprojekte und es gibt auch die Möglichkeit, zum Beispiel als studentische Hilfskraft quasi neben dem Studium für das TTZ zu arbeiten. Und es gibt die Möglichkeit, seine Bachelorarbeit oder Masterarbeit hier zu machen."
Krückel: "Beidseitig – also es gibt die Möglichkeit, dass die Industrie auf mich zukommt, eine Fragestellung hat und wir dann diskutieren, ob wir das beantworten können. Die andere Möglichkeit ist, dass ich mit Ideen auf die Industrie zugehe und vorschlage, ob das eventuell ein mögliches Forschungsprojekt werden kann. Es könnte auch die Industrie einen Themenvorschlag für eine Masterarbeit machen. Ziel soll sein, dass das TTZ sich über Forschungsprojekte, die aus der Industrie kommen oder öffentlich gefördert sind, sich finanziell trägt."
Krückel: "Die Studierendenzahlen sind nicht mehr so hoch wie vielleicht vor zehn bis 15 Jahren. Wir versuchen durch Aktionen, das Interesse zu wecken, und ab dem Wintersemester bieten wir auch einen englischsprachigen Studiengang zusätzlich in der Kunststoff- und Elastomer-Technik an. Damit hoffen wir, auch internationale Studierende verstärkt an die Hochschule zu bringen, die dann im Optimalfall nach Abschluss des Studiums in Deutschland arbeiten wollen. Wir haben momentan im deutschsprachigen Bereich etwa 20 Studienanfänger im Wintersemester. Der internationale Studiengang startet ja jetzt erst zum ersten Mal im Wintersemester."
Krückel: "Die Arbeit hier macht Spaß. Wir fühlen uns am Standort Haßfurt alle sehr wohl. Die Zusammenarbeit mit der Berufsschule läuft hervorragend und wir wurden gut aufgenommen. Wir freuen uns, dass wir hier in der Region das TTZ hoffentlich zur Zufriedenheit aller aufbauen können."