Der Kreistag hat in seiner Sitzung am Montag mit zwei Gegenstimmen aus den Reihen der SPD den Haushalt für das Jahr 2024 beschlossen. Großteils mit sorgenvoller Miene blickten Landrat Wilhelm Schneider (CSU) und die Redner der einzelnen Fraktionen auf das Zahlenwerk. Eines der zentralen Themen: Der Hebesatz für die Kreisumlage steigt 2024 auf 50,8 Prozent (zwischenzeitlich standen gar 56 Prozent im Raum). Das heißt, dass die Kommunen für das aktuelle Kalenderjahr rund 55 Millionen Euro an den Landkreis entrichten müssen, was einem Anstieg von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Stark gestiegene Kosten für Haßberg-Kliniken, MVZ und ÖPNV
"Ich bin mir bewusst, welche besondere Schwierigkeit die Erhöhung der Kreisumlage mit sich bringt, möchte aber betonen, dass es sich um eine realistische, solide und sparsame Planung handelt", sagte Schneider. Der Landrat ging in seiner Haushaltsrede unter anderem auf "die immens gestiegenen Ausgaben" ein. Mit höheren Energie- und Personalkosten habe man gerechnet. "Überrascht haben mich aber die außerordentlich stark gestiegenen Kosten für den ÖPNV und im Gesundheitswesen."
Bei den Haßberg-Kliniken betrage das errechnete Minus 7,9 Millionen Euro, bei den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) zwei Millionen Euro. Schneider stellte in Aussicht, dass ein neues Strukturgutachten in Auftrag gegeben werden soll. Die Haßberg-Kliniken sind jedoch kein Einzelfall, die Krankenhaus-Problematik ein bundesweites Thema.
"Die Lage vieler Krankenhäuser und ihrer Träger ist dramatisch. Sie stehen seit Jahren durch die wachsende Kluft zwischen Kosten und Erlösen unter großem wirtschaftlichen Druck", so Schneider. Der Landrat appellierte außerdem an die Bevölkerung, die Einrichtungen vor Ort und deren Angebote auch in Anspruch zu nehmen. "Für wen betreiben wir denn sonst diesen immensen Aufwand?"
Seit Anfang März läuft in Bundorf ein ÖPNV-Pilotprojekt
Mit Blick auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erklärte Schneider, dass er schon vor Jahren bei der Aufstellung des Nahverkehrsplans auf die Bremse gedrückt und davor gewarnt habe, dass man sich nicht jede Ausweitung des Angebots werde leisten können. "Die aktuelle Entwicklung mit einer Erhöhung des Haushaltsvolumens um 3,8 Millionen Euro nur für den ÖPNV zeigt, dass wir froh sein können, wenn wir in der Lage sind, den Status Quo zu halten." Man werde sich auf die eigentliche Landkreisaufgabe, die Schülerbeförderung, konzentrieren.
Parallel dazu wolle man den Einsatz flexibler Modelle zwischen den Linien vorantreiben. Schneider verwies hier auf einen Mobilitätsservice, der unter dem Namen "callheinz" unter anderem in einem Teil des Landkreises Schweinfurt bereits angeboten wird. Seit dem 1. März sei dieser im Rahmen eines Pilotprojekts auch in Bundorf nutzbar. In Aidhausen und bis in das Gebiet der Stadt Hofheim solle es das Angebot ebenfalls noch in diesem Jahr geben. Je nach den dortigen Erfahrungen, könne dann darüber nachgedacht werden, dieses auf den gesamten Landkreis auszuweiten.
Trotz der eher schwierigen Gesamtlage hob Schneider in seiner Haushaltsrede unter anderem den zuletzt geschlossenen Klimapakt des Landkreises als positive Entwicklung hervor. Er verwies auch auf die Gründung eines landkreisweiten Regionalwerks, die weiter vorangetrieben worden sei. Zudem seien hier die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden, um den vor Ort erzeugten Strom dann auch selbst vermarkten zu können.
Fraktionsvorsitzende von CSU, FW/WG und SPD zum Haushalt
In den anschließenden Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden ging es in erster Linie wieder um die Kreisumlage und das Minus der Haßberg-Kliniken. Steffen Vogel (CSU) befand, dass die Erhöhung auf 50,8 Prozent "natürlich der Wahnsinn" sei. Er warf mit Blick auf die etwas niedrigeren Hebesätze für die Kreisumlage etwa in den Nachbarlandkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen die Frage auf, ob man Fehler mache, kam aber zu dem Schluss, dass das nicht der Fall sei. Diese hätten keine kommunalen Kliniken und damit "circa acht Millionen Euro weniger zu stemmen".
Es sei schlimm für ihn gewesen, als er den Entwurf gesehen habe, erklärte Oskar Ebert (FW/WG). Es sei ein Haushalt, der vielleicht gerade zum Leben reiche. Alle Fraktionen hätten jedoch den Ernst der Lage erkannt und ehrlich und fair zusammengearbeitet, meinte Ebert und sagte: "Es kommt uns zugute, dass wir in der Vergangenheit sehr solide gewirtschaftet haben." Auch er verwies mit Blick auf das Gesundheitswesen beziehungsweise die Haßberg-Kliniken darauf, dass andere Landkreise diese Belastung nicht hätten. Man müsse sich nun selbst aus dem Sumpf ziehen.
Jürgen Hennemann (SPD), als Bürgermeister der Stadt Ebern von der Erhöhung der Kreisumlage direkt betroffen, erklärte, dass die jetzige Steigerung auf 50,8 Prozent schon über der Belastungsgrenze mancher Kommunen liege. Er warf auch einen Blick voraus: "Ich möchte gleich für das nächste Jahr sagen: Eine weitere Erhöhung der Kreisumlage ist nicht machbar." Viele Kommunen würde dies überlasten. Mit Blick auf die Gesamtlage stellte Hennemann fest: "Unser Problem ist, dass die staatlichen Aufgaben, die der Kreis übertragen bekommt, nicht genügend finanziert sind."
Stimmen von Grünen, Junger Liste und FDP/Freien Bürgern
Harald Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf die Schere zwischen den Einnahmen und den Ausgaben. Er merkte an, dass es nicht helfe, auf andere Landkreise zu verweisen. "Die Lage ist ernst", sagte Kuhn. Der Hebesatz von 50,8 Prozent, wenn auch nicht von 56, sei "eine viel zu hohe Belastung für die Kommunen".
Thomas Wagenhäuser (Junge Liste) unterstrich in seiner Rede unter anderem, dass das MVZ endlich schwarze Zahlen schreiben müsse. Mit Blick auf die Klinik-Thematik erklärte er, dass wohl eine intensivere Kooperation mit einem größeren Krankenhaus im Umkreis unumgänglich sei, wenn im Haus Ebern etwa von 50 Betten teilweise nur zehn belegt seien.
"Trotz intensiver Bemühungen muss der Landkreis Haßberge inzwischen fast zehn Millionen Euro in die Gesundheitsversorgung zuschießen. Dies ist auf Dauer nicht länger finanzierbar", sagte Harald Pascher (FDP/Freie Bürger) und ergänzte, dass er persönlich aber eine Schließung des Eberner Krankenhauses für falsch halte.
Haushaltsreden von ÖDP, Linkem Bündnis und Kreiskämmerer
Rainer Baumgärtner (ÖDP) sprach von einem Sparhaushalt und verwies wie viele seiner Vorredner auf die schlechten Rahmenbedingungen, die wenig Gestaltungsspielraum ließen. Bund und Land kämen ihren Aufgaben nicht nach, Kosten würden kommunalisiert, befand er mit Blick auf die Haßberg-Kliniken.
Es sei unstrittig, dass sich Verwaltung und Kreistag bemüht hätten, einen tragfähigen Haushalt zu erstellen, begann Thomas Dietzel (Linkes Bündnis) seine Rede. Die Kreispolitik stehe vor Problemen, die sie nicht selbst hervorgerufen habe. "Kommunen und Kreise sind allein gelassen worden", sagte auch er.
Kreiskämmerer Tim Kestel erklärte, dass die finanzielle Situation angespannt bleibe und sich in den kommenden Jahren vermutlich noch verschärfen werde. Indes nicht nur im Landkreis Haßberge. "Die Kommunen in Deutschland sehen sich einer strukturellen Schieflage gegenüber, die durch steigende Kosten in kritischen Bereichen – wie der Energieversorgung, dem Personalwesen und der Gesundheitsversorgung – noch verschärft wird."