„Windpark: Prognosen meilenweit verfehlt.“ So lautet die Überschrift einer Pressemitteilung, die die Bürgerinitiative „Gegen WK 88“ dem Haßfurter Tagblatt zukommen ließ. Von Anfang an kämpfte die Initiative gegen die Errichtung des Windparks im Sailershäuser Wald. Mit Klagen hatte sie zwischenzeitlich sogar einen Baustopp erreicht.
„Der Energieertrag des Bürgerwindparks Sailershäuser Wald lag mit 46 089 643 Kilowattstunden rund 16 Prozent unter dem für das langjährige Mittel prognostizierten Energieertrag“, heißt es im Jahresbericht 2016 des Bürgerwindparks Sailershäuser Wald. Tatsächlich gehen Gutachten aus der Zeit, in der der Windpark geplant wurde, von einem Wert von 55 Millionen Kilowattstunden im Jahr aus.
2015 war der Windpark fertiggestellt worden. Damit ist 2016 das erste Jahr, in dem die zehn Windräder durchgehend von Januar bis Dezember Strom produzierten. Die Bürgerinitiative zitiert in ihrer Pressemitteilung die prognostizierten und die tatsächlichen Erträge. Sie sieht die Abweichung zwischen den beiden Werten als Beleg für ihre schon seit langem geäußerte Kritik, beim Sailershäuser Wald handle es sich um ein Schwachwindgebiet, in dem der wirtschaftliche Betrieb eines Windparks nicht möglich sei.
Die Bürgerinitiative führt außerdem an, für den im Sailershäuser Wald verbauten Windradtyp N 117 der Firma Nordex gebe es einen Referenzwert von 9,507 Millionen Kilowattstunden im Jahr, bei zehn Windrädern müsste demnach ein Wert von 95 Millionen Kilowattstunden zu erreichen sein. „Die erzeugte Jahresmenge 2016 in Höhe von rund 46 Millionen Kilowattstunden ist sicherlich noch kein Fünf-Jahres-Mittelwert, verdeutlicht aber die schlechte Qualität und die Nichteignung des Standortes“, heißt es in der Pressemitteilung der Bürgerinitiative.
„Die physikalischen Gesetze können auch mit noch so viel Renditestreben nicht außer Kraft gesetzt werden: Verringert sich zum Beispiel die Windgeschwindigkeit um zehn Prozent, so bricht der Ertrag um 33 Prozent ein“, heißt es in der Pressemitteilung der Bürgerinitiative. Für die Zukunft des Sailershäuser Windparks verheiße das nichts Gutes. „Dies gilt umso mehr, als gerade die ersten Jahre aufgrund der eher nicht vorhandenen Wartungs- und Reparaturkosten die wirtschaftlich erfolgreicheren sein sollten“, heißt es weiter in der Pressemeldung der Windparkgegner.
„Wir bestätigen die von der Bürgerinitiative genannten Ertragszahlen 2016 für den Windpark Sailershäuser Wald und die Abweichung gegenüber früheren Prognosen“, teilte Christoph Rasch, Pressesprecher von Greenpeace Energy, dem Haßfurter Tagblatt am Freitag mit. Das Hamburger Unternehmen ist einer von fünf Gesellschaftern am Sailershäuser Windpark. Doch auch wenn die Windparkbetreiber den von ihren Gegnern angeführten Zahlen nicht widersprechen, kommen sie zu einem gänzlich anderen Fazit.
Zu beachten sei, dass es sich bei der Prognose um einen Mittelwert aus einem Zeitraum von mehreren Jahren handelt. Mit anderen Worten: Würde man also in den 2030er Jahren, wenn die Anlagen 20 Jahre lang gelaufen sind, errechnen, wie viel Strom sie bis dahin im Durchschnitt pro Jahr produziert haben, sollte der Wert von etwa 55 Millionen herauskommen. Dabei könne es aber zwischen den einzelnen Jahren sehr massive Schwankungen geben, so dass mancher Jahreswert weit darüber, ein anderer weit darunter liegt.
„Grundsätzlich muss man sagen, dass 2016 wetterbedingt in ganz Deutschland ein Jahr mit insgesamt geringeren Winderträgen war, wovon die gesamte Windenergiebranche hierzulande betroffen war“, berichtet Christoph Rasch. Auch der Windpark im Sailershäuser Wald sei davon nicht ausgenommen. Gegenüber einem „durchschnittlichen Windjahr“, habe die Ausbeute 2016 gerade einmal 85 Prozent betragen.
„Diese Abweichung von der ursprünglichen Ertragsprognose liegt gemessen an der langfristigen Betrachtung innerhalb der normalen Spanne“, erklärt Rasch. Ein Beispiel dafür, dass es auch ganz anders laufen kann, biete das laufende Jahr 2017. Für dieses sehe Greenpeace Energy den Windpark „bei deutlich positiveren Erträgen“. Seit Jahresbeginn haben die Windräder im Sailershäuser Wald rund 31 Millionen Kilowattstunden Strom produziert und liegen damit im Plan, „wobei die windstarken Herbstmonate noch vor uns liegen“, berichtet der Pressesprecher von Greenpeace Energy.
„Der Windpark produziert also nicht zu wenig Strom und ist daher auch nicht ,unwirtschaftlich', anders als die BI behauptet“, lautet Raschs abschließendes Fazit.