Lange galt die Ausfahrt des Haßfurter Gewerbegebiets Godelstatt zur Prappacher Straße hin als Unfallschwerpunkt. Neun Monate ist es nun her, dass Polizei und Tiefbauverwaltung reagiert haben: Durch die Sperrung einer Rechtsabbiegespur und eine geänderte Vorfahrtsregelung. Das klingt zunächst paradox: Sollte das Fehlen einer Abbiegespur das Unfallrisiko nicht eher erhöhen als verringern? Als diese Redaktion vor kurzem wieder über einen Unfall an der Einmündung berichtete, kommentierte ein Leser unter der Online-Version, trotz der Sperrung würden weiterhin "laufend" Unfälle passieren. Der Kommentarschreiber bezeichnet die Sperrung der Abbiegespur als "Schildbürgerstreich von der Verkehrsbehörde".
Zwei Unfälle in neun Monaten – nicht wenig, aber im Rahmen
Dem widerspricht Stefan Scherrer, Verkehrssachbearbeiter bei der Haßfurter Polizei, und zitiert die Statistiken: Gerade einmal zwei Unfälle habe es in den neun Monaten seit den Maßnahmen an der Einmündung gegeben. Das sei nicht wenig, aber für eine Kreuzung mit diesem Verkehrsaufkommen "im Rahmen".
Dem gegenüber stehen 13 Unfälle von April 2019 bis zur Sperrung der Abbiegespur im Dezember 2020. "Elf davon waren Vorranggeschichten", sagt Scherrer, was noch deutlicher macht, dass es an der Stelle offenbar bisher ein Problem mit der Vorfahrtsregelung gab. Besonders häufig kam es vor, dass Fahrer aus Richtung Ebern kommend nach links ins Gewerbegebiet abbiegen wollten und dabei mit dem Gegenverkehr kollidierten.
Was in diesen Unfallzahlen nicht auftaucht, sind Wildunfälle, die besonders im Umfeld der nahegelegenen Gärtnerei passiert sind. Diese hat Scherrer herausgerechnet, da sie nichts mit der Gefährlichkeit der Kreuzung an sich zu tun haben.
Die Entlastungsstraße, die das Gewerbegebiet Godelstatt nach Norden hin anbindet, wurde im Juli 2018 eingeweiht. Bis dahin hatte das Gewerbegebiet, das auch als "Haßfurt Ost" bekannt ist, nur eine Zufahrt, nämlich über die Ampelkreuzung von der Zeiler Straße aus.
Viele Autofahrer finden die Kreuzung unübersichtlicher
Aus Sicht vieler Autofahrer wirkt es trotz der Erfolgsbilanz der Polizei erst einmal, als hätte der Kommentarschreiber Recht. Wer aus Richtung Haßfurt kommend nach rechts in das Gewerbegebiet abbiegen will, muss sich seit der Sperrung der Abbiegespur mehr konzentrieren; auf den ersten Blick ist es gar nicht so leicht zu erkennen, wo nun eigentlich die Einfahrt in die Entlastungsstraße ist. Die Kreuzung wirke jetzt eher unübersichtlicher, ist die einhellige Meinung mehrerer Autofahrer, die die Straße häufiger befahren.
Doch wenn man den Ausführungen von Stefan Scherrer glaubt, ist es auch genau das, was Wirkung gezeigt hat. Auch er hatte im Dezember 2020 noch gesagt, er stehe vor einem Rätsel. Die Prappacher Straße ist in diesem Bereich kerzengerade, die Kreuzung damit gut einsehbar. "Wir haben Leute befragt, wir sind die Vernehmungen durchgegangen", berichtet er. Dabei habe sich vor allem gezeigt: "Die Leute haben sich durch die Abbiegespur in falscher Sicherheit gewiegt."
Die Baken bleiben erst einmal stehen
Und so scheint das Konzept tatsächlich aufzugehen: Wer abbiegen will, muss aufmerksamer fahren, wodurch weniger Unfälle passieren. "Die Verbesserung ist definitiv eingetreten", zeigt sich Scherrer zufrieden.
Im Dezember wurde die Abbiegespur zunächst mit Baustellen-Baken abgesperrt, später mit fest eingebauten Baken. Seitdem sieht die Kreuzung durchgehend nach einem Provisorium aus. Das solle auch erst einmal so bleiben, sagt Stefan Scherrer. Vielleicht werde die nun überflüssig gewordene Abbiegespur irgendwann im Rahmen einer Fahrbahnsanierung beseitigt, vorerst sei so etwas aber nicht geplant.
Neue Vorfahrtsregel: Rechtsabbieger dürfen zuerst
Und auch die Vorfahrt hat sich geändert: Früher waren die Linksabbieger, die aus Richtung Ebern kamen, bevorrechtigt. Heute sind es die Rechtsabbieger aus Richtung Haßfurt, die zuerst fahren dürfen. Darauf weist eine neue Beschilderung hin: Wo einst Vorfahrtsschilder standen, stehen nun Schilder, die auf eine Gefahrenstelle hinweisen, darunter der Schriftzug "Vorfahrt geändert".
"Das ist zuerst nicht gemacht worden, weil die Befürchtung war, dass ein Rückstau bei den Linksabbiegern bildet", sagt Scherrer. Das habe sich jedoch nicht bewahrheitet. Damit steht für die Polizei fest, dass die Verkehrsführung an der Kreuzung nun so bleiben soll, wie sie derzeit ist.