Wie sauber ist das Wasser aus den Brunnen im Raum Haßberge? Kann es ohne Bedenken verwendet werden, um Pflanzen zu gießen, einen Pool zu befüllen oder sogar, um es zu trinken? Antworten auf diese Fragen will der Verein VSR-Gewässerschutz geben: Am 26. September machten die Ehrenamtlichen mit ihrem Labormobil für einen Vormittag Halt in Haßfurt. Brunnenbesitzerinnen und -besitzer aus der Umgebung konnten dort Wasserproben abgeben, die dann im Labor untersucht wurden. Nun liegen die Ergebnisse vor.
Und die klingen besorgniserregend: "Leider musste jeder dritte Brunnenbesitzer erfahren, dass der Nitratgrenzwert der Trinkwasserverordnung überschritten ist", heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins. Proben aus insgesamt 39 privat genutzten Brunnen seien beim Besuch in Haßfurt abgegeben und mittlerweile untersucht worden. Diese stammen aus den Bereichen Hofheim, Königsberg, Haßfurt, Knetzgau und Wonfurt, sowie aus Grettstadt im Nachbarlandkreis Schweinfurt.
Gewissheit über die Wasserqualität im eigenen Brunnen
Nach Aussage von Diplom-Physiker Harald Gülzow, Pressesprecher des VSR-Gewässerschutz, bietet diese Aktion Vorteile, sowohl für die Besitzerinnen und Besitzer privater Brunnen als auch für den Verein, der die Qualität des Grundwassers im Auge behalten will. "Die Bürger wissen, wie ihr Wasser aussieht", beschrieb Gülzow beim Besuch in Haßfurt im Gespräch mit dieser Redaktion den Vorteil für die Bevölkerung. Denn so bekommen sie Klarheit darüber, ob sie das Wasser bedenkenlos verwenden können.
Im Gegenzug liefern sie der Umweltschutzorganisation nützliches Wissen: "Wir bekommen Informationen über das Grundwasser, ohne selber bohren zu müssen." Das "VSR" im Vereinsnamen steht für "Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse".
Die Werte im Landkreis Haßberge haben sich deutlich verschlechtert
Zu diesen Nebenflüssen gehört auch der Main, und so kommen die Ehrenamtlichen seit Anfang der 90-er alle paar Jahre auch in den Landkreis Haßberge, um dort Wasserproben zu untersuchen. In den vergangenen Jahren seien sie dabei mit den Ergebnissen recht zufrieden gewesen. "Es war nicht alles in Ordnung, aber das meiste war in Ordnung", sagte Gülzow beim Besuch in Haßfurt. Dabei bezog er sich vor allem auf die weitgehend niedrigen Nitratwerte. Doch die haben sich nun verändert, wie die Ergebnisse der diesjährigen Untersuchung zeigen.
"Bei ihrer Recherchearbeit fiel den Gewässer-Experten auf, dass gerade in den Kreisen, in denen viel Weizen angebaut wird, auch eine höhere Nitratbelastung vorliegt", schreibt der Verein in der Pressemitteilung, in der er die Ergebnisse der Untersuchung bekanntgibt. Im Landkreis Haßberge mache der Weizen bereits 30 Prozent der Ackerflächen aus, immerhin sei er eine der wichtigsten Nahrungsnutzpflanzen der Welt.
Ist die späte Düngung für gutes Brot wirklich nötig?
Ein Problem für das Wasser entstehe beim Weizen vor allem durch eine zusätzliche späte Düngung. Diese erhöhe den Eiweißgehalt, der als Qualitätsmerkmal für gute Backeigenschaften des Weizenmehls gelte. "Der Dünger wird häufig nicht mehr vollständig von den Pflanzen aufgenommen und die überschüssigen Nitrate werden dann ins Grundwasser ausgewaschen", heißt es in dem Schreiben des VSR-Gewässerschutz.
Dabei sei "schon lange bekannt, dass auch hervorragende Brote mit weniger Eiweiß gebacken werden können", wird Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende des VSR-Gewässerschutz, in der Pressemitteilung zitiert. So verweist der Verein in diesem Papier auf die "Initiative Wasserschutzbrot". Deren Ziel ist es, Brot aus Weizen zu backen, bei dem auf die Spätdüngung verzichtet wird. "Bei den Kunden sind die Backwaren sehr beliebt und einige Bäckereibetriebe haben sogar vom Deutschen Brotinstitut Auszeichnungen für das Wasserschutzbrot erhalten", heißt es vom VSR-Gewässerschutz.
Brunnen in Rügheim: 265 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser
Und wie sehen die Ergebnisse für den Landkreis Haßberge in Zahlen aus? Der Umweltschutz-Verein spricht von mehreren "mit Nitrat stark verschmutzten Brunnen", mit Werten zwischen 68 und 103 Milligramm pro Liter in Burgpreppach, Oberhohenried, Sylbach, Zell und Westheim, sowie im Grettstädter Ortsteil Dürrfeld. Der Grenzwert der Trinkwasserverordnung liegt bei 50 Milligramm pro Liter. Einen erschreckenden Ausreißer nach oben habe es in einem privat genutzten Brunnen in Rügheim gegeben: Dort lag die Nitratbelastung laut VSR-Gewässerschutz bei 265 Milligramm pro Liter.
Für Babys könne eine hohe Nitratbelastung sogar lebensgefährlich sein, heißt es in der Pressemitteilung. "Wenn Babynahrung aus Wasser mit hohen Nitratkonzentrationen zubereitet wird, kann es bei Säuglingen zur Blausucht kommen", wird Susanne Bareiß-Gülzow zitiert. "Dies ist eine Unterversorgung des Blutes mit Sauerstoff und kann für Kleinkinder lebensbedrohlich sein."
Bauernverband sieht die Schuld nicht bei der Landwirtschaft
Bäuerinnen und Bauern widersprechen hingegen dem Vorwurf, die Landwirtschaft sei schuld an den hohen Nitratwerten. "Landwirte sind ausgebildet und sachkundig", sagt Dieter Reisenweber aus Untermerzbach, der am Mittwochabend zum neuen Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) für den Landkreis Haßberge gewählt wurde. "Wir halten uns an viele Regeln, auch an die Düngeverordnung."
Er vermutet, dass ein Großteil der Brunnenbesitzerinnen und -besitzer, die eine Wasserprobe abgegeben haben, doch eher Brunnen in einem Siedlungsgebiet haben. Die Nitratbelastung müsse also nicht aus der Landwirtschaft stammen, sondern könne auch von privaten Gärten kommen, die oft ebenfalls gedüngt werden. Denn auch Naturdünger könne für eine Nitratbelastung sorgen. Gerade der Wert von 265, der in Rügheim gemessen wurde, sei mit normaler Düngung nicht zu erklären – hier müsse eine andere Ursache vorliegen.
Trockenheit als Grund für hohe Nitratkonzentration?
Einen Grund, warum die Werte in diesem Jahr besonders hoch sind, sieht der Vertreter des Bauernverbandes auch in der großen Trockenheit des vergangenen Anbaujahres. Denn: Schon relativ wenig Regenwasser reicht, um den Stickstoff aus den Feldern nach unten zu spülen. Doch je geringer die Menge an Grundwasser ist, auf die sich die gleiche Stickstoffmenge verteilt, desto höher die Konzentration im Wasser.
"Ich kann es nicht so stehenlassen, dass die Landwirte da beim Düngen übertrieben haben sollen", sagt Reisenweber. Dass im vergangenen Anbaujahr mehr gedüngt wurde als früher, könne er sich auch angesichts steigender Düngerpreise nicht vorstellen. Die hätten eher zu weniger Düngung geführt, auch in seinem eigenen Betrieb.
Und er betont, es gebe durchaus auch von Seiten der Landwirtschaft Bestrebungen, sich zusammenzuschließen und Wege zu finden, noch weniger zu düngen: "Wir sind nicht untätig."