
Ein Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Belastungen in Gewässern aufzudecken. Dafür touren die Mitarbeiter des "VSR Gewässerschutz" unter anderem mit einem mobilen Test-Labor durch das Bundesgebiet und fordern Privatpersonen auf, Wasserproben aus ihren Brunnen zu entnehmen und am VSR-Labormobil auswerten zu lassen.
Vor einigen Wochen waren sie in Gerolzhofen zu Gast und untersuchten nach eigenen Angaben die Wasserproben von "88 interessierten Bürgern", die laut einer Pressemitteilung des Vereins aus privaten Brunnen aus dem Raum Haßfurt, Knetzgau, Gerolzhofen, Volkach und Wiesentheid stammen. Die Nitratkonzentration jeder vierten Wasserprobe "überschreitet den Grenzwert der deutschen Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm pro Liter", teilt der VSR Gewässerschutz dazu mit. Die Verantwortlichen fanden laut der Mitteilung "bei den Untersuchungen 190 Milligramm Nitrat pro Liter in einem privat genutzten Brunnen in Oberschwappach". Weitere mit Nitraten stark verschmutzte Brunnen stellten die Umweltschützer demnach in Gernach mit 92, in Mönchstockheim mit 111, in Frankenwinheim mit 139, in Schallfeld mit 78, in Volkach mit 79 und in Prichsenstadt mit 83 Milligramm pro Liter fest.
Zusammenschluss verschiedener Bürgerinitiativen
Bei dem VSR-Gewässerschutz handelt es sich um eine Privatinitiative, die nach eigenen Angaben 1980 "als Zusammenschluss verschiedener Bürgerinitiativen im Rheineinzugsgebiet" entstand, sich "für den Schutz des Grund- und Oberflächenwassers vor Verunreinigungen" einsetzt und um die Jahrtausendwende damit begann, ihre Tätigkeit auf das gesamte deutsche Nord- und Ostseeeinzugsgebiet auszuweiten. Die Abkürzung "VSR" blieb dabei noch als Hinweis auf den Ursprung der Umweltschutzorganisation bestehen, sie steht für "Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse".
Die Main-Post hat beim Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen, das als Bezirksbehörde in Unterfranken für die Bereiche Stadt und Landkreis Schweinfurt, Rhön-Grabfeld, Haßberge und Bad Kissingen für eine Gesamtfläche von fast 4000 Quadratkilometern zuständig ist, nachgefragt, wie es um die Nitratbelastung in den hiesigen Gewässern steht und welche Aussagekraft die Auswertung privater Wasserproben durch Privatinitiativen wie den VSR-Gewässerschutz hat.
Gewässer schützen und überwachen
Eine der grundlegenden Aufgaben des Wasserwirtschaftsamtes ist es, Gewässer zu schützen und zu überwachen. Deswegen ist es nach Auskunft von Andreas Kirchner, Abteilungsleiter für den Bereich Stadt und Landkreis Schweinfurt beim Wasserwirtschaftsamt, prinzipiell eine gute Sache, wenn die Themen Gewässerschutz und Wasserqualität Aufmerksamkeit bekommen und öffentlich diskutiert werden. Die Nitratbelastung im Grundwasser wird von staatlichen Stellen regelmäßig überprüft und bei erhöhten Werten gelten zum Beispiel erhöhte Auflagen, was die landwirtschaftliche Nutzung in betroffenen sogenannten roten Gebieten angeht. So müssen laut dem Bundesumweltministerium mit der am 1. Mai dieses Jahres in Kraft getretenen Düngeverordnung "verpflichtende Maßnahmen in den nitrat- und phosphatbelasteten roten Gebieten" umgesetzt werden, unter anderem ist eine Reduzierung der Düngung um 20 Prozent pro Betrieb vorgesehen (Anm. d. Red: wegen der Corona-Pandemie gelten die strengeren Regeln in den roten Gebieten erst ab dem 1. Januar 2021).
Probennahme nicht fachgerecht ausgeführt
Die vom VSR-Gewässerschutz ausgewerteten Brunnenwasserproben sieht Andreas Kirchner allerdings nur als sehr eingeschränkt aussagekräftig an. Denn für offiziell verwertbare Testergebnisse gelten strenge Regeln, von der Probennahme bis hin zur Auswertung. So ist es laut Kirchner zum Beispiel problematisch, wenn Proben ohne das nötige Fachwissen und entsprechende Vorkehrungen genommen werden. Aus welcher Wassertiefe stammt die Probe? Welches Gefäß wird zum Abfüllen der Probe verwendet und ist das Gefäß möglicherweise kontaminiert? Wie wird die Probe gelagert, wie transportiert? Das habe nämlich Einfluss auf das Testergebnis.
Zudem müsste bei Brunnenwasser darauf geachtet werden, das zugeflossenes Grundwasser beprobt wird und nicht etwa Oberflächenwasser, bei dem nicht auszuschließen ist, dass eine Oberflächenkontaminierung stattgefunden hat. Deswegen gibt es laut Kirchner zertifizierte Labore, die die Probennahme und Tests nach strengen Kriterien ausführen und alles genau dokumentieren. Die Tests aus dem mobilen Labor wie des VSR-Gewässerschutzes erfüllen diese Standards nicht. "Wir sehen das sehr kritisch und erkennen das auch nicht an", sagt Kirchner. Dennoch kann er der Arbeit des Vereins etwas abgewinnen: "Es ist grundsätzlich für Privatpersonen ein schönes Mittel, um zu sehen, wie die Wasserqualität ist."
Nitratbelastung verringern
Harald Gülzow, Projektleiter im VSR-Gewässerschutz, setzt seine Arbeit indes unbeirrt fort. "Der VSR-Gewässerschutz fordert die Agrarpolitik auf die anstehende EU-Agrarreform so zu gestalten, dass die Nitratbelastung unserer Gewässer verringert wird", teilt er mit. "Nur die großen Betriebe konnten mit intensiver Bewirtschaftung den Dumpingpreisen der Discounter standhalten. Die bäuerliche Landwirtschaft wurde verdrängt und die ökologische Landwirtschaft konnte nicht so wachsen, wie es für eine gesunde Umwelt notwendig wäre."
Manfred Kraus, Geschäftsführer der Geschäftsstelle Schweinfurt/Hofheim des bayerischen Bauernverbands, ist es gewohnt, dass den Landwirten der Schwarze Peter zugeschoben wird. Er bestreitet nicht, dass den Bauern in Sachen Düngemitteleinsatz und damit verbundenen Nitratwerten eine verantwortungsvolle Rolle zufällt. Tatsächlich sei es auch so, dass in der Landwirtschaft in früheren Jahren weitaus mehr Düngemittel eingesetzt wurden. "Der Boden hat ein sehr langes Gedächtnis", erklärt er. Aber: "Es hat sich in der Landwirtschaft viel verändert." Auch die neue Düngemittelverordnung werde wieder einen Teil dazu beitragen, dass die Nitratbelastung im Grundwasser weiter abnehmen kann. Die Landwirte sind aus seiner Sicht auf dem richtigen Weg: "Wir wollen noch besser werden, als wir zur Zeit schon sind."