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Hofheim
Fast 20 Jahre Rathauschef in Hofheim: Warum die letzten Monate für Wolfgang Borst intensiver als erwartet sind
Wolfgang Borst ist seit 2004 Bürgermeister der Stadt Hofheim. Bald geht er in Ruhestand. Was ihn aktuell noch beschäftigt und wie er auf seine Amtszeit blickt.
Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst verabschiedet sich nach 18 Jahren als Stadtoberhaupt in Kürze in den Ruhestand.
Foto: Rebecca Vogt | Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst verabschiedet sich nach 18 Jahren als Stadtoberhaupt in Kürze in den Ruhestand.
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:14 Uhr

Als er 2004 Bürgermeister wurde, stand die Stadt Hofheim finanziell so klamm dar, dass die Zwangsverwaltung drohte. 18 Jahre später ist nicht nur der Haushalt saniert, sondern auch zahlreiche Ortskerne und ebenso die Innenstadt. Der Kopf hinter der Entwicklung: Wolfgang Borst. Nun neigt sich die Dienstzeit des Hofheimer Bürgermeisters dem Ende entgegen. Der 70-Jährige durfte aufgrund der Altersgrenze nicht erneut antreten, hätte aber auch so seinen Hut genommen. "Es ist jetzt an der Zeit, dass neue Kräfte an die Reihe kommen", sagt er.

Am Sonntag wird sein Nachfolger gewählt. Anfang Februar 2023 erfolgt die offizielle Amtsübergabe. Mit der Redaktion hat Borst über die letzten Monate als Stadtoberhaupt, seine Amtszeit und den baldigen Ruhestand gesprochen.

Frage: Wie erleben Sie gerade Ihre letzte Zeit im Amt, Herr Borst?

Wolfgang Borst: Es ist noch einmal deutlich intensiver geworden, als ich erwartet hatte. Wir haben so viele Großprojekte, die gerade anstehen. Das fängt bei der Energiewende an, wo wir uns als Stadt zum Beispiel rund 20 Hektar an eigenen Flächen für Photovoltaik sichern müssen, damit wir in naher Zukunft hier stabil aufgestellt sind. Dann wurde die Nahwärmeversorgung wieder zum Thema. Zur Klärschlammtrocknung laufen Gespräche. Für die Generalsanierung des Hallenbads, die sich verzögert hat, mussten die Detailverhandlungen geführt werden. Bei der Grund- und Mittelschule stehen wir ebenfalls vor einer Komplettsanierung. Parallel laufen außerdem die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zur Verleihung des Europäischen Dorferneuerungspreises, die wir als amtierender Preisträger im Mai 2023 ausrichten. Also, im letzten halben Jahr, da hätte der Tag ruhig 48 Stunden haben können. Über mangelnde Arbeit kann ich mich im Moment nicht beschweren. (lacht)

"Es laufen Projekte, die insgesamt eine Größenordnung von 60 bis 70 Millionen Euro haben."
Wolfgang Borst, Bürgermeister Hofheim
Der einzige Bewerber für die Amtsnachfolge ist Alexander Bergmann. Am Sonntag wird er aller Voraussicht nach also zum neuen Bürgermeister gewählt. Ist eine Art Übergangsphase geplant?

Borst: Ich habe schon im Vorfeld – auch bevor feststand, dass es nur einen Kandidaten gibt – angeboten, dass mein Nachfolger, wenn er es zeitlich einrichten kann, die letzten Monate mitarbeiten darf. Gerade bei den größeren Projekten, die jetzt in der Detailplanung sind, ist es wichtig, dass er bei den Gesprächen dabei ist. Mit Alexander Bergmann bin ich so verblieben, dass er ab Dezember mit im Amt ist. So können alle größeren Entscheidungen, die derzeit anstehen, gemeinsam getroffen werden. Es laufen Projekte, die insgesamt eine Größenordnung von 60 bis 70 Millionen Euro haben. Allein bei der Schulsanierung sprechen wir zum Beispiel von 20 Millionen Euro. Da ist es unabdingbar, dass man das Amt nicht Knall auf Fall übernimmt, sondern bereits intensiv in die Planungsvorgänge miteingebunden ist.

2016 kandidierte Wolfgang Borst in Hofheim zum letzten Mal als Bürgermeister, wie dieses Archivbild zeigt. Damals wurde er noch einmal für sechs Jahre ins Amt gewählt.
Foto: Brigitte Schubart | 2016 kandidierte Wolfgang Borst in Hofheim zum letzten Mal als Bürgermeister, wie dieses Archivbild zeigt. Damals wurde er noch einmal für sechs Jahre ins Amt gewählt.
Zurück zu Ihnen: Was war Ihr größter Erfolg als Bürgermeister?

Borst: Als ich nach der Jahrtausendwende Bürgermeister wurde, war Hofheim beziehungsweise das Hofheimer Land eine Wegzug-Region, mit mehr Aus- als Einpendlern und geprägt von Leerständen. Aus meiner Sicht das Erfolgreichste war, dass wir es gemeinsam geschafft haben, Hofheim und das Gebiet der Hofheimer Allianz zu einer Zuzugsregion zu machen. Wir haben heute auch deutlich mehr Arbeitsplätze und Hofheim ist eine Einpendler-Stadt geworden. In den touristischen Zahlen sieht man ebenfalls einen Anstieg – von damals 10.000 Übernachtungen im Jahr auf 30.000 Übernachtungen vor Corona. Die Gesamtentwicklung der Stadt und der Region war also gut. Mein Ansatz war dabei immer, dass es nichts bringt, wenn nur die Stadt Hofheim sich entwickelt, auch das Umfeld muss sich positiv entwickeln, damit wir als Region insgesamt attraktiv bleiben. Und das ist uns gelungen. Nicht zuletzt zeigt das auch der Gewinn des Europäischen Dorferneuerungspreises.

War der Europäische Dorferneuerungspreis sozusagen das Sahnehäubchen auf Ihrer Abschiedstorte?

Borst: Ja, der war das Sahnehäubchen auf der Abschiedstorte, das kann man so sagen. Den Europäischen Dorferneuerungspreis kriegt man nicht ohne Weiteres. Er ging nach 29 Jahren erstmals wieder nach Bayern und nach 23 Jahren erstmals wieder nach Deutschland. Abgefragt werden dafür wirklich die Kernzahlen der Entwicklung in allen Bereichen. Wenn man sich durchsetzt, muss man einiges richtig gemacht haben.

Wolfgang Borst ist unter anderem auch Vorsitzender der Gemeinde-Allianz Hofheimer Land. Diese bewarb sich zuletzt erfolgreich um den Europäischen Dorferneuerungspreis (Archivbild).
Foto: Martin Schweiger | Wolfgang Borst ist unter anderem auch Vorsitzender der Gemeinde-Allianz Hofheimer Land. Diese bewarb sich zuletzt erfolgreich um den Europäischen Dorferneuerungspreis (Archivbild).
Gibt es etwas, das Sie rückblickend anders machen würden?

Borst: Also, von den großen Entscheidungen und Projekten eigentlich nichts. Ganz am Anfang meiner Amtszeit habe ich mal eine Entscheidung getroffen, von der ich nicht überzeugt war, aber von der mir andere gesagt haben: 'So muss man das machen.' Es war nur eine Kleinigkeit, aber ich habe daraus gelernt, denn die Entscheidung erwies sich als falsch. Seitdem habe ich nur Entscheidungen getroffen, von denen ich persönlich überzeugt war, dass sie richtig sind. Auch die Menschen merken das, ob man irgendetwas macht, weil es gemacht werden soll, oder ob etwas gemacht wird, weil man davon überzeugt ist.

Gibt es ein Projekt, das Sie gerne noch selbst angegangen wären?

Borst: Ich freue mich sehr darüber, dass das an die Biogasanlage gekoppelte Nahwärmenetz in Hofheim jetzt doch noch verwirklicht wird. Die Pläne dafür haben wir ja bereits im Jahr 2012 fertiggestellt. Aber wir waren damals gegenüber dem Gaspreis nicht konkurrenzfähig. Jetzt haben sich die Vorzeichen geändert und das Thema Nahwärme ist wieder von zentraler Bedeutung. Wir hoffen, dass wir schon zur nächsten Heizperiode im kommenden Jahr zumindest einem Teil der Bürgerinnen und Bürger hier ein Angebot machen können. Insgesamt werden wir im Bereich Hofheim, was Strom und Wärme betrifft, mit unseren aktuellen Vorhaben schon relativ mittelfristig einigermaßen autark sein.

"Ich war der Meinung: Aus der Stadt Hofheim kann man mehr machen."
Wolfgang Borst, über seine Bürgermeister-Kandidatur
Warum wollten Sie eigentlich Bürgermeister werden?

Borst: Ich hatte damals, noch bevor ich Bürgermeister wurde, bereits einen Verein für die Stadtentwicklung gegründet, weil ich der Meinung war, dass es mehr Möglichkeiten gibt, eine Stadt weiterzuentwickeln. Mein Vater war ja auch Bürgermeister, und daher kannte ich einige Abläufe und wusste, wie welche Fördermaßnahmen zu bekommen sind. Der Grund, warum ich schließlich als Bürgermeister kandidiert habe, war, dass ich der Meinung war: Aus der Stadt Hofheim kann man mehr machen. Ob mir das gelungen ist, müssen andere beurteilen, aber ich bin zufrieden.

Wolfgang Borst 2004 als neu gewählter Bürgermeister der Stadt Hofheim. Sein Vorgänger Hubert Eiring war laut Archivbericht einer der ersten Gratulanten. Durchgesetzt hatte sich Borst damals gegen einen Kandidaten von FDP/Freien Bürgern (Archivbild).
Foto: German Schneider | Wolfgang Borst 2004 als neu gewählter Bürgermeister der Stadt Hofheim. Sein Vorgänger Hubert Eiring war laut Archivbericht einer der ersten Gratulanten.
Welche Eigenschaften sollte ein Bürgermeister denn mitbringen?

Borst: Ich glaube nicht, dass man das pauschal sagen kann. Wir haben im Landkreis Haßberge 26 Bürgermeister und alle sind unterschiedlich. (lacht) Ich war früher selbstständiger Unternehmer und schon damals der Meinung, dass man eine Stadt wie ein Unternehmen führen muss. Man steht in Konkurrenz mit anderen Städten und Kommunen. Wie im normalen Wettbewerb muss man also darauf achten, dass man besser aufgestellt ist und sich die Bürgerinnen und Bürger wohlfühlen. Zudem muss alles, was an Entwicklung nötig ist, zügig gemacht werden. Das Wichtigste ist aber, dass man zu seinem Wort steht, sonst erlebt man eine zweite Amtszeit wahrscheinlich nicht. Insgesamt muss man den Beruf wirklich lieben. Denn Bürgermeister ist man sieben Tage die Woche. Am Wochenende hat man oft noch mehr Termine als unter der Woche. Das ist zeitlich natürlich sehr anstrengend, aber man kann auch extrem viel bewegen.

Wie sehen Ihre Pläne für den Ruhestand aus?

Borst: Ich bin ja noch bis 2026 im Kreistag und dort Mitglied in wichtigen Ausschüssen, und zudem noch bis Ende 2024 Vorsitzender der Hofheimer Allianz. Diese Funktion erfülle ich als Vereinsmitglied und nicht als Bürgermeister. Wir haben da ein sehr gutes Management, aber ich werde sicher jede Woche mindestens einen Tag zu tun haben, sodass der Kontakt nicht gleich komplett abreißt. Und ich kann auf diese Weise auch meinen Nachfolger entlasten, was die Feierlichkeiten für den Europäischen Dorferneuerungspreis in Hofheim 2023 betrifft. Insgesamt ist das nächste Jahr schon gut verplant mit diversen Aktivitäten und es ist ja auch bekannt, dass ich in meiner Freizeit gerne segele. Aber ich habe gehört, dass man als Pensionär sowieso ausgelastet ist und keine Zeit hat. (lacht) Ich bin also gespannt, was noch alles kommt.

 
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Kommentare
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  • Michael Fischer
    Wenn man die Innenstadt von Hofheim anschaut bekommt man das Grausen. Ich selber war noch zu Zeiten von der Wühlkiste im ehemaligen Schlecker tätig, da zeigte sich schon die Auflösung der Innenstadt. Was hilft neue Gehwege und Straßen wenn die Geschäfte leer sind. Viele Versprechungen verliefen im Sande. Der neue Bürgermeister wird da auch nicht viel ausrichten können in der heutigen Zeit.
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  • martin.sage@mainpost.de
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  • martin.sage@mainpost.de
    Hallo AndrewHOH,
    vielen Dank für die kritische Anmerkung. Wir hoffen aber nicht, in dieser Sache unsere Abonnentinnen und Abonnenten zu vergraueln, haben wir doch seinerzeit die Diskussionen um das Hofheimer Krankenhaus und schließlich sein Ende journalistisch eng begleitet und auch kritisch kommentiert.
    Es stimmt, wir hätten die Schließung des Hauses Ebern sicher als einen Tiefpunkt in der Amtszeit von Bürgermeister Borst erwähnen können; dies ist hier nicht geschehen ist, weil wir als Redaktion davon ausgehen, dass Hofheims Rathauschef letzten Endes gar keinen Einfluss mehr nehmen konnte auf die Rationalisierungsmaßnahme der hochverschuldeten Haßberg-Kliniken. Sie sehen das offenbar anders - und das ist auch Ihr gutes Recht.
    Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Martin Sage
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  • AndrewHOH
    Das sind genau solche Artikel, mit denen die Zeitungen ihre Abonnenten vergraulen. So was will man nicht lesen!
    Erfolge darzustellen ist schön. Aber die Kehrseite wird unter den Teppich gekehrt. Warum???
    Borst ist mit dafür verantwortlich, dass das Hofheimer Krankenhaus an Haßfurt "verkauft" worden ist. Für ein paar lächerliche Arbeitsplätze aus dem Veterinäramt!
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  • StefanPaulus
    Welche Art von Berichterstattung wünschen Sie sich? Dass der Redakteur online-Abfrage durchführt, wie denn sein Bericht verfasst sein soll? Gerade in der jetzigen Zeit sind unsere seriösen Zeitungen, Nachrichtenmagazine usw wichtiger denn je. Wenn sich die Leserinnen und Leser jetzt davon abwenden, dann schadet das auch einer lebendigen Streitkultur in der Demokratie. Außerdem stellen sich die Autoren einer Diskussion während Sie AndrewHOH nicht mal den Mut haben, unter Ihrem Namen zu schreiben. Es ist außerdem mehr als angemessen,einem erfolgreichen Bürgermeister nach 18 Jahren ein solches Interview zu gönnen. Ich habe größten Respekt vor den Leistungen meines Kollegen. Das Hofheimer Land hat durch dessen Arbeit einen enormen Aufschwung erlebt. Ich bin überzeugt, dass die überwiegende Mehrzahl diese Arbeit sehr stark wertschätzt. Daher liebe Grüße aus Knetzgau, einer weiteren erfolgreichen Kommune, nach Hofheim an Bürgermeister Borst. Danke für Deine Arbeit!!!!Stefan Paulus
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