Wer derzeit in der Nähe der Haßfurter Brückenstraße unterwegs ist, der hört womöglich ein Klappern. Woran das liegt? Die Weißstörche sind wieder da. Bereits im letzten Jahr nistete ein Storchenpaar dort auf einem Mobilfunkmast. Seit Februar ist das Männchen zurück und hat seinen alten Nistplatz bezogen. Doch das ist gar nicht mal so selbstverständlich. Schließlich gibt es zahlreiche Nester in der Mainaue bei Haßfurt.
Umso erfreulicher sei es deshalb, dass der Storch dieses Jahr wieder bei uns eine Heimat gefunden hat, sagt Dietmar Will, Biologe und Leiter des Sachgebiets Naturschutz der Stadt Haßfurt. So einige Haßfurterinnen und Haßfurter hätten den gefiederten Freund lieb gewonnen. Für sie hat Will eine gute Nachricht: Vieles deute darauf hin, dass er auch in den folgenden Frühjahren wieder kommen könnte. Denn je länger ein Storch in einem Nest verweilt, desto stärker sei seine Bindung daran, informiert der Biologe. Und umso wahrscheinlicher komme der Vogel dann zurück.
Nicht immer in lebenslangen Partnerschaften
Die gleiche Verbundenheit scheint jedoch nicht für seine einstige Partnerin zu gelten. Will erklärt, dass Störche nicht immer in lebenslangen Partnerschaften leben würden. So auch beim Haßfurter Storch – er nistet derzeit nicht mit dem Weibchen, mit dem er im vergangenen Jahr zwei Junge erfolgreich ausgebrütet hat. An seiner Seite sitzt seit März eine neue Storchendame. Ein Zufall, der aber durchaus seine Berechtigung habe, denn: "Das Attraktivitätsmerkmal Nummer Eins bei Störchen ist das Nest."
Deshalb sei es auch nicht unbedingt das Männchen, das auf Partnersuche gehe. Das Weibchen übernehme diese Aufgabe ganz emanzipiert auch ab und an. Aus dieser Liebschaft entstünden dann meistens zwei bis vier kleine Vögel – im vergangenen Jahr waren es zwei, so Will.
Allerdings könne ein Storch gar bis zu sieben Eier legen. Insgesamt dauere die Brutzeit 31 bis 32 Tage. Die beiden Tiere in Haßfurt scheinen sich wohl zu fühlen: "Ich denke, dass es in drei Wochen soweit sein könnte", vermutet Will. Bis Junge allerdings so groß sind, dass sie über den Nestrand schauen, dauere es zusätzlich noch einige Zeit.
"Störche sind einfach ein Stück weit pures Lebensgefühl. Ein Attraktivitätsmerkmal schlecht hin für die Stadt", ist der Biologe überzeugt. "Sie zeigen, dass bei uns in Haßfurt die Welt noch bis zu einem gewissen Grad in Ordnung ist." Zudem scheinen sie niemanden zu stören, da Weißstörche an den Menschen gewöhnt sind.
An Menschen, Straßenlärm und Autos gewöhnt
Auch Straßenlärm und die Scheinwerfer der Autos machen ihm nichts aus, erklärt Will. Zudem sind Störche ziemlich nützlich. Im Prinzip sei der Vogel ein natürliches Hilfsmittel gegen Mäuse, Schnecken und weiteres Ungeziefer, wie Will informiert. Ist ein Storch vor Ort, reduziere er –dem Biologen zufolge – die Anzahl der Mäuse auf den Feldern, die die Saat anfressen.
Womit der Storch nicht so gut zurechtkomme, sei ein direktes Anstrahlen durch künstlich erzeugtes Licht. Auch starker Regen belaste Vogel und Nachwuchs sehr. Das Problematischste dürfte jedoch der aktuell bestehende Mangel an Nahrungsplätzen und Lebensräumen sein. Will wünsche sich deshalb für den Storch ein Grünflächenmosaik. Dabei handelt es sich um eine Fläche, beispielsweise ein Feld, auf der Gräser in unterschiedlichen Höhen wachsen.
Eine Gefahr für den Storch
"Ganz schlimm ist es, wenn alle Wiesen gleichzeitig gemäht werden", so Will. Dann hätte der Vogel zwar ein oder zwei Wochen lang ein Paradies an Insekten oder Fröschen – doch danach werde es schwierig, denn dann fände er ganz lange keine Nahrung mehr. Alle Gräser auf eine Höhe zu setzen, sei verhängnisvoll für den Storch.
"Optimal wäre ein abwechslungsreiches Mosaik", so der Naturspezialist. Bereits feuchte Stellen, in denen sich das Wasser sammelt, würden viel beitragen. Er hoffe auch darauf, dass private Initiativen weitere Nester an hohen Stellen errichten – damit sich auch in Zukunft weitere Artgenossen des Haßfurter Storchs im Landkreis Haßberge niederlassen.