Störche kommen in vielen Märchen und Sagen als Glücksbringer oder als der berühmte "Klapperstorch" vor, der angeblich die Kinder bringt. Von einem der bekanntesten Vögel, der auch "Adebar" genannt wird, soll es in Knetzgau früher viele Artgenossen gegeben haben. Deshalb war die Gemeinde am Main auch als "Storchendorf" bekannt. Dies belegen Aufzeichnungen des Knetzgauer Lehrers Baumeister, mit denen sich Gerhard Thein, Betreuer des Archivs der Gemeinde Knetzgau, näher befasste.
Demnach siedelten sich um 1835 in Knetzgau Störche an, die auf einem zweistöckigen Bauernhaus horsteten. Mit Ausnahme von zwei Jahrgängen brachten sie in den laufenden vier Jahrzehnten stets auch drei bis vier Junge zur Welt. Turbulent ging es offenbar 1877 zu. Damals hatten sich im März das Männchen und drei Tage später das Weibchen angesiedelt. Der männliche Adebar fiel im Kampf mit einem Rivalen, nachdem das Weibchen bereits zwei Wochen gebrütet hatte.
Kein Storchennachwuchs: Männliche Störche nicht monogam
Die Storchenmama hütete als "Witwe" das Nest und musste sich nebenbei noch gegen ein anderes Storchenpaar verteidigen. Nach mehreren Tagen ermüdete die Störchin und verließ ihre Eier. Daraufhin warf ein fremder Storch die Eier aus dem Nest und paarte sich mit dem Weibchen. Doch auch das zweite Männchen erlag im Zweikampf und das Weibchen wurde zum dritten Male begattet. Es kam aber nicht mehr zur Eiablage. Denn nach sechs Wochen zogen beide Störche gen Süden.
Dieses Verhalten erklärt sich daraus, dass der männliche Storch nicht monogam ist. Herr Adebar kümmert sich zwar rührend um seine Partnerin und den Nachwuchs und zeigt Nesttreue. Von der Partnertreue ist er aber weit entfernt: Er lässt das Weibchen in den Horst, welches sich als Erstes für ihn interessiert.
Knetzgau versuchte vergeblich, die Störche zum Bleiben zu bewegen
Wie die Recherchen des Knetzgauer Archivars Thein weiter ergaben, befand sich das Bauernhaus, auf dem sich die ersten Störche in Knetzgau niederließen, im Besitz der Familie Langhans. Dies war das Elternhaus der Oma von Gerhard Thein. Hier sollen bis 1933 noch Störche gebrütet haben, allerdings mit mehrjährigen Unterbrechungen. 1948 sollen sich die Störche dann für längere Zeit von Knetzgau verabschiedet haben. Der ehemalige Bauernhof, der früher als "Storchennest" in Knetzgau bekannt war, wurde in den 1970er Jahren verkauft, das Gebäude abgerissen und ein neues Wohngebäude errichtet, in dem sich seit Mai 1974 die Fuchs-Apotheke befindet.
Die Gemeinde Knetzgau stellte auf der Grundlage des Beschlusses der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Jahr 1997 eine kommunale Agenda auf. Für das Logo dafür wählte Michael Dörner, damaliger Kunsterzieher an der Schule in Knetzgau, den Storch. Sicherlich hatte es nichts mit dem Storchenlogo zu tun, dass 1998 kurzzeitig wieder Störche in Knetzgau gesichtet wurden. Die Gemeinde Knetzgau versuchte damals vergeblich durch den Bau von Nestern auf dem alten und neuen Rathaus die Störche zum Bleiben zu bewegen.
Warum waren die Glücksbringer zwischenzeitlich verschwunden? Laut einer Feststellung des Zeiler Historikers Ludwig Leisentritt dürfte der drastische Rückgang der Störche einer der Gründe dafür gewesen sein. Wurden 1934 in Deutschland rund 8000 Storchenpaare gezählt, sank die Zahl 1958 auf 5000 und um das Jahr 2000 lag die Schätzung bei etwa 3000, davon 2500 in den neuen Bundesländern im Raum von Oder und Elbe.
Die Mainauen als europaweit bedeutsames Vogelschutzgebiet
Jahrhunderte lang suchten die Störche in den Tümpeln der nahen Mainauen in Knetzgau und anderer Feuchtgebiete ihr Futter und wurden mit Fröschen, Schnaken, Käfern und Mäusen fündig. Vor allem die Flurbereinigungen in den 1950er und 1960er Jahren entzogen diese Nahrungsgrundlagen. Durch das Maintal Life-Natur-Projekt zwischen Haßfurt und Eltmann verbesserten sich die negativen Voraussetzungen bezüglich der Futtersuche. Es erfolgten zahlreiche Maßnahmen, um die Mainauen als europaweit bedeutsames Vogelschutzgebiet weiter aufzuwerten.
Dass heute wieder Störche in Knetzgau nisten können, ist vor allem der Zahnärztin Dr. Mechthild Riedel zu verdanken. Sie sichtete immer wieder Störche auf ihrem Dach in Knetzgau und bat daraufhin die Gemeinde um die Schaffung einer Nistmöglichkeit. Diese wurde Anfang Dezember 2022 mit ihrer Unterstützung und der von Manfred und Dirk Melchior aus Westheim am Ortsausgang Richtung Haßfurt seitens der Gemeinde Knetzgau aufgestellt.
Am Karfreitag sei laut Zahnärztin eine Störchin ins Nest gezogen und am Ostersonntag gesellte sich Herr Storch dazu. Offensichtlich hätten sich noch andere Störche um Nest und Frau bemüht. Dieses Werben konnte aber erfolgreich abgewehrt werden. Am Ostermontag fand dann die "Storchenhochzeit" statt. Seitdem brüten die Storcheneltern abwechselnd.