Der 1. Juli vor 50 Jahren, das war ein Montag, war für Knetzgau ein besonderer Tag. Im Zuge der Gemeindegebietsreform, die die Bildung größerer und effektiverer Verwaltungseinheiten zum Zwecke hatte, wurde Knetzgau zum Sitz der gleichnamigen Stammgemeinde.
Mit den freiwilligen Eingliederungen der Gemeinden Eschenau, Westheim und Zell am Ebersberg in die Gemeinde Knetzgau zum 1. Juli 1974 wurden die Weichen für die Zukunft der Stammgemeinde gestellt. Für Knetzgau allerdings hatte die Gebietsreform sogar schon früher begonnen, nämlich durch die Eingemeindung von Unter- und Oberschwappach zum 1. Juli 1972. Am 1. Januar 1973 schloss sich Wohnau an. Hainert hingegen kam zum Abschluss der Neuformierung erst deutlich später dazu, nämlich am 1. Januar 1976.
Westheim haderte am meisten mit der Reform
"Es gab bei der Gebietsreform in den 1970-er Jahren viele Kritiker und Skeptiker", sagt Gerhard Thein, Betreuer des Archivs der Gemeinde Knetzgau. Keine der kleineren Gemeinden wollte seine Selbstständigkeit aufgeben, da sie befürchteten, durch den Zusammenschluss mit größeren Kommunen benachteiligt zu werden. Westheim, nach Knetzgau die zweitgrößte Gemeinde, hatte laut Thein am meisten mit der Neuordnung zu kämpfen. Letztendlich setzte sich aber die Mehrheit im Gemeinderat und in der Bevölkerung für den Anschluss an Knetzgau durch.
Die ersten Jahre nach der Eingliederung waren geprägt von vielen notwendigen Investitionen für Straßen-, Kanal-, Kläranlagen- und Wasserleitungsbau in allen Gemeindeteilen und in der Stammgemeinde. Die zu zahlenden Baukostenbeiträge waren nicht von jedermann problemlos zu bezahlen. Insbesondere in Westheim kochte die Volksseele in den Jahren 1976/77 bedingt durch den Anschluss an die Wasserversorgung an die Wonfurt Gruppe nochmals hoch. Da alle im Gemeinderat Knetzgau vertretenen Gemeinderäte von Westheim die Argumente für den Anschluss einsahen und dafür stimmten, wurde der Anschluss Wirklichkeit.
Der 82-jährige Hermann Schnös aus Westheim kann sich noch gut an die Zeit der Gebietsreform erinnern. Als selbstständiger Handwerksmeister und damaliger Gemeinderat nahm er die Stimmung der Westheimer mit, die da lautete: "Es muss sich etwas tun". Im damaligen Westheimer Gemeinderat unter Bürgermeister Oswald Beckert saßen überwiegend Landwirte, die nicht unbedingt nach Knetzgau wollten. Letztendlich war es laut Schnös eine weise Voraussicht, sich der größeren Nachbargemeinde zu einem Verbund anzuschließen.
Zell macht mit, weil schon ein Schulverband bestand
"Es war letztendlich die richtige Entscheidung", sagt Altbürgermeister Werner Schneider. Der heute 80-Jährige war damals Bürgermeister der selbstständigen Gemeinde Zell am Ebersberg. 1972 hatten es die Zeller abgelehnt, politisch mit Knetzgau zu fusionieren und tendierten eher nach Sand am Main. Nachdem sich Westheim 1974 entschlossen hatte, nach Knetzgau zu gehen, ging der Beschluss dann einstimmig im Gremium durch. Wegen der Gebietsreform, die 1978 kam, hätten sich laut Schneider die bis damals selbstständigen kleineren Gemeinden sowieso einer größeren Kommune anschließen müssen. Da war es aus seiner Sicht von Vorteil, dass es für die Zeller mit Knetzgau schon einen Schulverband gab. Dieser löste sich zum 30. Juni 1974 durch die Eingliederungen der drei Gemeinden auf.
In Eschenau gab es vor 50 Jahren vier Gegenstimmen und 53 Befürworter für das Eingliederungsverfahren. Der heutige Ortssprecher Rudolf Symmank erinnert sich daran, dass der früh verstorbene Bürgermeister August Wacker - ein weitsichtiger Befürworter für den Anschluss nach Knetzgau - die Eingliederung nach Knetzgau in die Wege geleitet hatte. Aus Sicht des 73-jährigen Ortssprechers war es vernünftig, sich politisch nach Knetzgau zu orientieren, auch wenn es in der Bevölkerung von Eschenau Bedenken wegen des eigenen großen Waldbestandes gab. In 50 Jahren habe sich viel verändert. Die Anforderungen an die Kommune seien mittlerweile größer geworden. "Durch den Wandel in der Gesellschaft kommt das gute Miteinander oftmals ins Wanken", sagt Symmank.
Schlüsselzuweisungen als Argument für die Eingliederungen
"Der Hauptgrund für die freiwilligen Eingliederungen waren die vom Freistaat Bayern gewährten Schlüsselzuweisungen, die für Investitionen in den einzelnen Orten verwendet werden mussten", erklärte Gerhard Thein, der am 1. November 1974 als Mitarbeiter bei der Gemeinde Knetzgau seinen Dienst angetreten hatte.
Durch die Gebietsreform erhöhten sich die Einwohnerzahlen der Gemeinde Knetzgau erheblich. Deshalb musste am 16. September 1974 ein neuer Gemeinderat der Gemeinde Knetzgau gewählt werden. Der damalige Bürgermeister war Franz Hofmann, der von Juli 1972 bis zu seinem Tod 1990 die Amtsgeschäfte ausführte. Sein Nachfolger war Altbürgermeister Werner Schneider aus Zell am Ebersberg.
Seit 2008 ist Stefan Paulus Bürgermeister der Gemeinde Knetzgau. Aus seiner Sicht hat sich Knetzgau in den vergangenen fünf Jahrzehnten gut fortentwickelt. Für alle gesellschaftlichen Herausforderungen habe die Gemeinde gute Lösungen gefunden. "Jetzt gilt es, mit Weitsicht und Vernunft zu handeln und den Menschen klar zu machen, dass wir nicht jeden Wunsch erfüllen können", sagt Paulus.