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Friesenhausen
Ein Verein rettet in Friesenhausen historische Obstsorten
Mitglieder von "Besser gemeinsam Leben" züchten seltene Apfel- und Birnensorten. Damit wollen sie diese vor dem Aussterben bewahren.
Christian Wittmann baut seltene Apfel- und Birnensorten an, um sie vor dem Aussterben zu bewahren. Für ein Online-Seminar des Amtes für Ländliche Entwicklung spricht er vor der Kamera über das Projekt.
Foto: Peter Schmieder | Christian Wittmann baut seltene Apfel- und Birnensorten an, um sie vor dem Aussterben zu bewahren. Für ein Online-Seminar des Amtes für Ländliche Entwicklung spricht er vor der Kamera über das Projekt.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:31 Uhr

Wer im Supermarkt Obst wie Äpfel oder Birnen kaufen möchte, hat die Wahl zwischen wenigen verschiedenen Sorten, die den Markt beherrschen. Die große Vielfalt an unterschiedlichen Sorten, die es einst in Deutschland gab, droht dadurch zu verschwinden. Christian Wittmann möchte dieser Entwicklung entgegenwirken. Auf einer Fläche bei Friesenhausen hat er es sich zur Aufgabe gemacht, historische Obstsorten vor dem Aussterben zu bewahren. Für das Projekt bekommt er eine Förderung vom Amt für Ländliche Entwicklung.

In mehreren Projekten aktiv

"Wow, das hab ich ja noch nie gesehen", beschreibt Wittmann, was er gedacht hat, als er über verschiedene Apfelsorten nachlas und dabei auf einige recht exotische Namen stieß – vom "Lütticher Ananaskalvil" über den "Pfaffenhofer Schmelzling" bis hin zum "Albrecht von Preußen". Die Thematik begeisterte ihn und so entstand die Idee, Bäume zu pflanzen, um alte Sorten zu erhalten.

Wittmann ist an mehreren Naturschutzprojekten beteiligt, unter anderem ist er stellvertreternder Vorsitzender von "Wir gestalten Heimat" und Vorsitzender von "Besser gemeinsam leben". Beiden Vereinen geht es bei ihrer Arbeit vor allem um Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

Noch sind die Bäume jung und klein. Bis sie Früchte tragen, wird es noch einige Zeit dauern.
Foto: Peter Schmieder | Noch sind die Bäume jung und klein. Bis sie Früchte tragen, wird es noch einige Zeit dauern.

So passte auch die Idee mit den Obstbäumen gut in das Konzept des Vereins "Besser gemeinsam leben", der sich "Leben im Einklang mit der Natur" auf die Fahne geschrieben hat. So beschloss Wittmann, das Projekt mit dem Verein umzusetzen. Vier Frauen aus dem Verein besuchten die Schule für Ländliche Entwicklung und kamen mit zahlreichen Ideen zurück. Und auch andere Mitstreiter, die aus beruflichen Gründen viel Erfahrung mit dem Pflanzen von Bäumen mitbringen, konnte Wittmann ins Boot holen.

Schnelle und konstruktive Zusammenarbeit

Einer davon war Robert Lauer. Der arbeitet an der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Haßberge, betont aber: "Was ich hier mache, mache ich alles ehrenamtlich." Lauer war es, der die Pflanzplanung für das Projekt machte. Denn er brachte die nötige Fachkenntnis mit, um zu wissen, welcher Baum am besten auf welchem Teil der Fläche stehen sollte, um gut zu gedeihen.

Ebenfalls mit dabei war Otto Elsner, Gebietsbetreuer des Bayerischen Naturschutzfonds. Er war es, der die anderen beteiligten auf "FlurNatur" aufmerksam machte, ein Programm, mit dem die Biodiversität in Bayern gefördert werden soll. So entstand die Idee, Christian Wittmanns Vorstellungen von dem, was er mit den Obstbäumen machten wollte, mit den Anforderungen von "FlurNatur" in Einklang zu bringen und so die Förderung zu bekommen.

Wittmann zeigt sich begeistert davon, wie schnell und konstruktiv die Zusammenarbeit mit dem Amt für Ländliche Entwicklung funktionierte: Gerade einmal drei Monate dauerte es von der Planung bis zum Beginn der Baumpflanzung. Andrea Meub, ein weiteres Mitglied von "Besser gemeinsam Leben", war es, die den Großteil der Bäume pflanzte.

Bis zu fünf Sorten an einem Baum

60 Bäume sind bisher gepflanzt, 70 weitere sollen in diesem Jahr folgen. Die Zahl an Obstsorten ist jedoch um einiges höher, denn um möglichst viele verschiedene Sorten erhalten zu können, setzen Wittmann und seine Mitstreiter auf die Veredelung. Sprich: An einen Baum, der als "Unterlage" bezeichnet wird, werden Äste anderer Sorten angesetzt, die dann mit dem Baum verwachsen. Es handelt sich quasi um eine Transplantation, nach der an den verschiedenen Ästen des Baumes verschiedene Apfel- oder Birnensorten hängen. Gerade bei den Birnen wurden so Bäume geschaffen, an denen bis zu fünf verschiedene Sorten wachsen.

Nach der Veredelung hängen bis zu fünf verschiedene Birnensorten an einem Baum. Beschriftete Bänder markieren, welcher Ast welche Früchte trägt.
Foto: Peter Schmieder | Nach der Veredelung hängen bis zu fünf verschiedene Birnensorten an einem Baum. Beschriftete Bänder markieren, welcher Ast welche Früchte trägt.

Und was soll mit den Äpfeln und Birnen passieren? Zwar wurden die Bäume nicht in erster Linie gepflanzt, weil die Beteiligten das Obst ernten wollen. Es ging vor allem um die Rettung historischer Sorten. Dennoch hat sich Christian Wittmann auch Gedanken über die Verwertung gemacht. In einer Scheune, die er in Friesenhausen hat, möchte er eine Manufaktur einrichten, wenn es in vielen Jahren einmal soweit ist, dass die Bäume verwertbare Früchte tragen. Dort soll das Obst versaftet oder zu Marmelade verarbeitet werden. Auch alte Methoden zur Haltbarmachung könnten dabei zur Anwendung kommen. Verkauft werden könnten die Produkte dann im neuen Unverpacktladen, der gerade in Hofheim im Entstehen ist.

Christian Wittmann geht vor die Kamera

In der vergangenen Woche bekam Christian Wittmann Besuch vom Amt für Ländliche Entwicklung, das die Obstbaumfelder über das Programm "FlurNatur" fördert. Mit im Gepäck: Eine Filmkamera. "Wir wollen das Programm bekannt machen", erklärte Dorit Bollmann vom Amt für Ländliche Entwicklung. Eigentlich hätten in diesem Jahr Veranstaltungen stattfinden sollen, mit denen die Behörde über "FlurNatur" informieren wollte. Gemeinden, Vereine, aber auch Privatpersonen können sich über dieses Programm Biodiversitätsprojekte fördern lassen. Da diese Informationsveranstaltungen in Corona-Zeiten jedoch ausfallen mussten, stellte das Amt auf ein Online-Seminar um. Dafür werden kurze Clips über die Projekte gedreht, die bereits diese Förderung erhalten.

Hoher Besuch als Überraschung

Auch Jürgen Eisentraut, Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung Unterfranken, zeigte sich beeindruckt von dem Engagement, das Christian Wittmann und die anderen Beteiligten an den Tag legen. Der Behördenleiter war spontan als "Überraschungsgast" mit zu dem Termin gekommen, da er an diesem Tag ohnehin in den Landkreis Haßberge gekommen war, um Manfred Schmitt aus Limbach die Staatsmedaille in Bronze zu überreichen. Auch Eisentraut gegenüber betonte Christian Wittmann: "Mit der Zusammenarbeit mit dem Amt für Ländliche Entwicklung war ich sehr zufrieden."

Und mit der Pflanzung von Obstbäumen hört das Engagement für Biodiversität auf der Fläche noch nicht auf. Für die Zukunft ist unter anderem geplant, Hecken anzulegen und Brutröhren für Vögel an Bäumen anzubringen. So soll unter anderem der Steinkauz in den Landkreis Haßberge zurückgeholt werden. Außerdem denken Wittmann und seine Mitstreiter über die Schaffung eines Themenwanderwegs zu Artenvielfalt und Obstbäumen in der Umgebung von Friesenhausen nach, den sie gemeinsam mit dem Naturpark Haßberge verwirklichen wollen. Geeignete Projekte seinen "wie eine Perlenkette um den Ort herum" angelegt, sagt Robert Lauer, eines davon sind die neuen Felder.

Eines wird bei all den Aktionen und Planungen klar: Die Mitglieder von "Besser gemeinsam Leben" stecken voller Ideen. Und voller Tatendrang, diese auch in die Tat umzusetzen.

Überraschungsbesuch: Zum Termin mit dem Amt für Ländliche Entwicklung kam spontan auch dessen Leiter Jürgen Eisentraut vorbei. Das Bild zeigt (von links): Jürgen Eisentraut (Amt für Ländliche Entwicklung), Christian Wittmann, Robert Lauer (Untere Naturschutzbehörde), Andrea Meub, die den Großteil der Bäume gepflanzt hat, Gebietsbetreuer Otto Elsner und Dorit Bollmann (Amt für Ländliche Entwicklung)
Foto: Peter Schmieder | Überraschungsbesuch: Zum Termin mit dem Amt für Ländliche Entwicklung kam spontan auch dessen Leiter Jürgen Eisentraut vorbei.
 
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