
Der Verein "Wir gestalten Heimat" hat sich dem Kampf gegen den Klimawandel und für mehr Nachhaltigkeit verschrieben. Dabei ist es den Mitgliedern wichtig, nicht nur Reden zu schwingen und darüber zu philosophieren, wie eine bessere Welt aussehen könnte; sie wollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst darauf hinarbeiten. Deshalb bewirtschaften die Umweltschützer seit einigen Monaten gemeinschaftlich ein Feld, das Biobauer Markus Lenhart aus Horhausen dem Verein auf seinem Land zur Verfügung gestellt hat. Die Mitglieder des Vereins bauen dort Biogemüse an.
Das Gemeinschaftserlebnis gehört auch dazu
Zehn Familien, die zu dem Verein gehören, bewirtschaften den Acker gemeinsam. Da sie dort mehr anbauen, als sie selbst gebrauchen können, lassen sich einige weitere Mitglieder von "Wir gestalten Heimat", denen die Zeit zur Mitarbeit fehlt, von ihnen mit den frisch geernteten Lebensmitteln versorgen. Diese Familien werden von ihren Vereinskollegen "Gemüsegenießer" genannt.
"Üblicherweise treffen wir uns am Samstagvormittag zum gemeinsamen Arbeiten", berichtet Vereinsvorsitzender Oliver Kunkel. Neben dem ökologischen Nutzen habe die gemeinsame Arbeit auch eine "schöne soziale Funktion", sagt er. "Das Gemeinschaftserlebnis ist eine ganz wichtige Sache", meint auch der zweite Vorsitzende Christian Wittmann. Zwar haben viele, die hier mitarbeiten, auch zuhause einen Gemüsegarten, in dem sie Lebensmittel anbauen, wie eine Teilnehmerin erzählt. "Aber gemeinsam ist es nochmal was ganz anderes", sagt sie.
"Wir freuen uns, wenn Kinder mitkommen", sagt Oliver Kunkel. "Wenn sie sehen, wie Natur und Lebensmittel funktionieren." Das ist auch eine der Ideen, die hinter dem Projekt stehen: Nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen, die hier mit anpacken, sollen ein größeres Bewusstsein dafür entwickeln, wo Lebensmittel eigentlich herkommen und wie sie erzeugt werden. Dieser Gedanke war auch für den Landwirt Markus Lenhart einer der Gründe, warum er für das Projekt einen Teil seines Ackers zur Verfügung gestellt hat.
1000 Quadratmeter für den Verein
"Wir wollten auch mal zeigen, dass nicht alles so einfach ist", sagt er. Bei vielen Bauern ist der Verdruss darüber ohnehin groß, dass es in der Bevölkerung immer mehr Menschen gibt, die kaum etwas über Landwirtschaft wissen, gleichzeitig aber bestimmte Ansprüche und Forderungen an die Bauern stellen. "Uns Landwirten wird ja immer nachgesagt, wir würden nicht auf die Bevölkerung zugehen."

Der Kontakt zu Oliver Kunkel und seinem Verein sei im Winter zustande gekommen. Damals hatte der frisch von ihm gegründete Verein zu Gesprächen mit Landwirten eingeladen. "Dabei habe ich Sachen wiedergefunden, mit denen ich mich auch seit Jahren beschäftige", sagt Lenhart. Es habe ihm gefallen, "dass noch jemand so tickt". Lenhart ist Milchbauer, doch wie viele andere Viehhalter hat er auch Ackerflächen, auf denen er das Futter für seine Tiere selbst anbaut. Einen kleinen Teil davon, rund 1000 Quadratmeter, stellt er nun dem Verein "Wir gesalten Heimat" zur Verfügung. "Die paar Quadratmeter reißen es nicht raus", betont er, dass er die kleine Fläche schon entbehren kann.
Hundert Prozent Erfolg
Allerdings hatte Lenhart zur Bedingung gemacht, dass die Vereinsmitglieder das Feld selbst bewirtschaften. "Ich habe gesagt, dass ich keine Zeit habe, selber mitzuarbeiten." Er hatte lediglich das Feld vorbereitet und einen Wassertank für die Bewässerung der Fläche zur Verfügung gestellt. Um alle Arbeiten, die danach anfielen, mussten sich die leidenschaftlichen Umweltschützer selbst kümmern, auch wenn der Landwirt und seine Familie gelegentlich Tipps gaben.

Und wie haben sich die Laien aus Sicht des Bauern angestellt? "Sieht doch gut aus", sagt Lenhart mit Blick auf das Feld. "Hundert Prozent Erfolg." Zwar habe er sich manchmal schon gewundert, wie wenig Wissen vorhanden sei und wie viel er und seine Frau erklären mussten. Dennoch: Gerade vor dem Hintergrund, dass das ganze Projekt recht schnell, ohne viel Planung und eigentlich zu spät für die Aussaat vieler Pflanzen gestartet wurde, kommt der Landwirt zu dem Fazit: "Das ist eine super Leistung, was die da gebracht haben."
Die geringe Planungszeit ist auch der Tatsache geschuldet, dass das Projekt recht spontan als Reaktion auf die Corona-Beschränkungen gestartet wurde. Eigentlich hatten Kunkel und Lenhart diverse Vorträge zu Landwirtschafts- und Umweltthemen geplant, doch die Veranstaltungen waren aufgrund der Pandemie nicht möglich. So kam die Idee, wenigstens dieses Projekt zu starten, bei dem die Vereinsmitglieder aktiv werden können.
Planung per WhatsApp
So können Kunkel und seine Mitstreiter nun unter anderem Kartoffeln, Kürbisse, Zucchini, Zwiebeln, Kohl, Sellerie, Bohnen, Möhren, Rote Beete und Mangold aus eigenem Anbau genießen. Über eine WhatsApp-Gruppe sprechen sich die Teilnehmer ab, wer wann für welche Arbeiten auf dem Feld ist. Schließlich brauchen die Pflanzen auch Pflege und gerade in den heißen Sommermonaten musste oft gegossen werden - da hätte es nicht gereicht, wenn sich die Gruppe nur an den Wochenenden zum gemeinsamen Arbeitseinsatz getroffen hätte. Diese Absprachen hätten bisher allerdings auch sehr gut funktioniert, betonen die Beteiligten.

"Wir gestalten Heimat" hat Mitglieder im ganzen Landkreis, allerdings sind auf dem Acker bei Horhausen vor allem diejenigen aktiv, die selbst nicht allzu weit von dem Ort entfernt wohnen - mit Ausnahme einiger Vorstandsmitglieder. Denen ist zwar klar, dass es aus ökologischer Sicht kaum sinnvoll ist, viele Kilometer zu fahren, um dann auf dem Feld zu arbeiten. Aber wenigstens können sie ein Zeichen setzen - und hoffen darauf, dass es in Zukunft noch mehr solche gemeinschaftlich genutzten Felder geben wird, so dass jeder eines in seiner Nähe findet.