Einige Nachnamen gibt es gefühlt wie Sand am Meer – andere nur sehr selten. Diese Redaktion hat sich beim Einwohnermeldeamt in Ebern nach den 15 häufigsten Familiennamen der ehemaligen Kreisstadt erkundigt. In Ebern liegt nicht ganz überraschend der Familienname Müller auf Platz 1. Und den letzten Platz der Top 15-Liste belegen sogar mehrere Nachnamen gleichzeitig. Aber was bedeuten die Namen? Wo kommen sie her?
Aufschluss gibt das Forschungsprojekt "Digitales Familennamenwörterbuch Deutschlands" (DFD), das seit 2012 Daten zum aktuellen Familiennamenbestand in der Bundesrepublik sammelt. Das Langzeitvorhaben wurde laut der Webseite des Projekts an der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Kooperation mit der Technischen Universität Darmstadt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz begonnen. Noch bis voraussichtlich 2035 soll das Vorhaben laufen – bis dahin sollen die Namen lexikografisch erfasst, kartiert und etymologisiert – also auf die Herkunft untersucht – werden.
Entstehung der Namen reicht bis ins Mittelalter zurück
Ein Grund dafür: Namen haben laut den Projektverantwortlichen eine identitätsstiftende Funktion für den Menschen. Nicht nur der Ruf-, sondern auch der Familienname sei ein fester Bestandteil der Persönlichkeit. Die Entstehung der deutschen Familiennamen reicht bis ins Mittelalter zurück, heißt es auf der Internetseite. Damals haben sich die Nachnamen aus zunächst noch unfesten Beinamen entwickelt, so das DFD.
1. Müller
Der Nachname Müller ist laut Angaben des Einwohnermeldeamts in Ebern der häufigste Familienname der Stadt. 123 Personen tragen diesen Zunamen. Die Namenshäufigkeit ist keine Überraschung: Laut DFD ist Müller der häufigste Familienname in Deutschland. Die Herkunft des weitverbreiteten Nachnamens lässt sich einfach erklären: Er bezeichnet dem DFD zufolge den Betreiber einer Mühle. Gelegentlich sei aber auch der Besitzer oder der Pächter einer Mühle als Müller bezeichnet worden. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort "molinarius" ab.
2. Schmitt
Auf Platz zwei folgt der Nachname Schmitt. 116 Personen in Ebern heißen so. Auch dieser Zuname ist eine Berufsbeschreibung – laut DFD kommt Schmitt von Schmied. Dabei handele es sich aber nicht nur um den Beruf einer Person, die Metall bearbeite, sondern diene gemeingermanisch als eine Sammelbezeichnung für Handwerker, die mit scharfem Werkzeug harte Materialien bearbeiteten – auch Holz. Die Schreibweise Schmitt als Nachname liegt deutschlandweit auf Platz 26.
3. Schneider
Der Nachname Schneider ist der dritthäufigste Nachname deutschlandweit – so auch in Ebern. 76 Personen tragen dem Einwohnermeldeamt zufolge diesen Familiennamen. Der Name leitet sich vom mittelhochdeutschen "snider" ab, von jemandem, der etwas schneidet. Ähnlich wie Schmitt bezeichnete Schneider dem DFD zufolge zunächst allgemein jeden Handwerker, der Material mit Schneidewerkzeug bearbeitete. Auch den Schnitter, Drechsler oder Bildschnitzer. Danach sei die Bedeutungsverengung zu Tuchhändler und Schnittwarenhändler erfolgt. Anschließend habe sich die heute noch gängige Bedeutung des Schneiders als Kleidermacher herausgebildet. Laut DFD liegt diese Bedeutung dem Familiennamen wohl in den meisten Fällen zugrunde.
4. Hofmann
In Ebern gibt es 54 Mal den Nachnamen Hofmann. Der Familienname ist eine Schreibvariante des häufiger verbreiteten Namens Hoffmann. Auch dieser Name benennt einen Beruf und stammt laut DFD von den mittelhoch- und mittelniederdeutschen Worten hoveman und hofemann ab - hier gibt es verschiedenste Schreibvariationen, die aber alle etwas mit einem Hof zu tun haben: Ein zu einem Hof gehöriger, ein Gehöft bewohnender Bauer, ein Diener am Hof eines Fürsten, ein adliger Gutsbesitzer oder auch ein Aufseher über den Bauernhof. Ein Hofmann kann also mehrerlei sein.
5. Schmidt
Deutlich häufiger als Schmitt gibt es in Deutschland die Schreibvariante Schmidt – die Bedeutung des Namens bleibt allerdings gleich. Der Nachname belegt dem DFD zufolge Rang zwei. Nicht so in Ebern. Hier gibt es laut Einwohnermeldeamt nur 47 Schmidts. Die Häufigkeit dieses Familiennamens und die Vielzahl an verschiedenen Schreibvarianten sind auf die weite Verbreitung und Bedeutung des Schmiedehandwerks zu mittelalterlicher Zeit zurückzuführen, erklärt das DFD hierzu. Auch in vielen anderen europäischen Ländern zählen daher Namen, die auf die jeweilige Bezeichnung für den Schmied zurückgehen, zu den häufigsten Familiennamen, so das DFD. Beispielsweise der italienische Nachname "Ferrari" oder der französische Zuname "Lefevre". Ebenso der englische Name "Smith".
6. Lang
Der Nachname Lang ist in Ebern 45 Mal vertreten. Er ist eine Variante des Nachnamens "Lange". Dieser bezeichnet keinen Beruf, sondern beschreibt dem DFD zufolge schlicht und einfach ein Körpermerkmal – und zwar die Größe eines Menschen.
7. Elflein
Das DFD hat derzeit noch keinen Eintrag zum Nachnamen Elflein, der 41 Mal in Ebern vertreten ist. Informationen zur Herkunft und Bedeutung liefert jedoch der Namensforscher Professor Dr. Jürgen Udolph vom Zentrum für Namensforschung. Der Familienname Elflein sei eine Verkleinerungs- beziehungsweise eine Koseform eines Vornamens, der Alb-, Elb-, oder Elf- enthalte. Darin steckt Udolph zufolge das althochdeutsche Wort "alb", was einen Alb, Elf, oder Naturgeist bezeichnet. Nach germanischem Volksglauben stünden die Alben (auch Elben oder elbische Wesen) den Kobolden und Zwergen nahe. Sie können die Menschen bedrängen und müssen daher versöhnlich gestimmt werden, sodass sie teils als feindlich, teils als freundlich angesehen werden, informiert Udolph.
8. Schineller
Auch für den Nachnamen Schineller, den es 37 Mal in Ebern gibt, hat das DFD noch keine Informationen gelistet. Laut Udolph handelt es sich dabei aber wohl um eine mundartliche Variante von Schindeler, also einem Dachdecker, der Schindeln verlegt. Das Wort Schindel ist eine Entlehnung aus dem Lateinischen, von lateinisch "scindula", einer jüngeren Nebenform zu lateinisch "scandula". Die entsprechende lateinische Berufsbezeichnung war "scandularius". Die hölzernen Dachschindeln waren unter römischem Einfluss im germanischen Raum bekannt geworden, erklärt Udolph. Sie wurden aus Lärchen- oder Fichtenholz zu Brettchen gerissen und anschließend auf Dachlatten genagelt.
9. Ebert
36 Personen tragen den Nachnamen Ebert – dabei handelt es sich laut DFD um ein Patronym, dieses wird vom Rufnamen des Vaters abgeleitet. Ebert ist eine zusammengezogene Form von Eberhard. Der Rufname basiert dem DFD zufolge auf zwei Namengliedern: "Ebur" für Eber und "harti, herti" und "hard" für hart, stark. Ein Name, der auf alle Fälle gut zu Ebern passt.
10. Kaiser
33 Personen mit Familiennamen Kaiser wohnen in Ebern. Der Name ist laut DFD ein Beiname zum mittelhochdeutschen "keiser" und beschreibt die Charaktereigenschaften einer Person: in diesem Fall soll sie stolz oder angeberisch sein.
11. Barth
Ganz simpel ist auch der Nachname Barth erklärt, der laut DFD ein Erscheinungsmerkmal beschreibt. Den Bart. Vom 12. bis ins 16. Jahrhundert hinein war ein glatt rasiertes Gesicht in Mode, informiert das DFD, sodass ein Bartträger zur Zeit der Entstehung der Familiennamen besonders auffiel. 32 Barths gibt es in Ebern – von denen aber bestimmt nicht alle bärtig sind. Eine weitere Herkunftsmöglichkeit des Namens: Die Abkürzung des Rufnamens Bartholomäus.
12. Appel
Der Nachname Appel, den es 30 Mal in Ebern gibt, ist dem DFD zufolge eine Schreibvariante von Apel. Ein Familienname, der in einigen Fällen von den Niederlanden nach Deutschland gelangt sein kann. Auch dabei handele es sich um ein Patronym, von Albert oder Albrecht. Diese Familiennamen wiederum setzten sich aus den althochdeutschen oder altsächsischen Worten für "Geschlecht, Adel" und "hell, glänzend" zusammen. In Einzelfällen handele es sich um einen indirekten Berufsnamen für einen Obstverkäufer.
13. Werner
Der Nachname Werner ist ebenfalls ein Patronym zum deutschen Rufnamen Wernher, informiert das DFD. Dieser basiere auf den althochdeutschen, altsächsischen Namengliedern "warin, werin". Woher diese stammen, ist noch ungeklärt – sie werden dem DFD zufolge aber meist auf den germanischen Volksstamm der Warnen zurückgeführt. Ebenfalls enthalten: Eine abgeschwächte Form des Worts "heri", heute "Heer".
Platz 14. und 15., 16., 17., und 18.
Einen wirklichen Platz 14 oder 15 gibt es nicht, denn all diese Namen sind laut Einwohnermeldeamt 29 Mal in Ebern vertreten: Einwag, Koch, Reinwand, Reuter und Wagner.
Zu den Nachnamen Einwag und Reinwand existieren noch keine Einträge beim DFD. Aber auch hier gibt Udolph Aufschluss. Einwag sei eine Variante von Einwig - und damit zugehörig zum alten Personennamen Aginwig, der aus zwei Teilen bestehe. Ecke, althochdeutsch "ecke", mittelhochdeutsch "ecke" oder "egge", in Namen oft im Sinne von "Schärfe, Kante", sei in etwa also wie ein "Schwert" zu verstehen. Und "wig" bedeute "Sieg."
Ein schwieriger Name sei Reinwand. Dieser sei vermutlich umgedeutet worden aus den alten germanischen Vornamen "Raginward" oder "Raginwald". Darin stecken das althochdeutsche "ragin" für "Rat, Schicksal" sowie entweder "-ward" für "Wächter, Beschützer" oder "-walt" für "Gewalt, Macht."
Zum Familienname Koch liefert das DFD wieder Antworten. Dieser rührt vom Beruf des Kochs. Auch die Aufseher in herrschaftlichen Küchen seien früher als Koch bezeichnet worden. Der Nachname Reuter sei entweder eine Berufsbezeichnung: Jemand, der ausreutet, urbar macht, ein Bauer also. Oder durch die Benennung nach einer Wohnstätte entstanden, für eine Person, die an einer durch Rodung urbar gemachten Stelle gewohnt habe.
In Einzelfällen könne es sich auch um eine andere Schreibvariante der Berufsbezeichnung "Reiter" handeln. Ebenso könne Reuter dem mittelniederlänischen "ruyter" entspringen, was Räuber oder Wegelagerer bedeute. Fix erklärt ist der Familienname Wagner: Dabei handele es sich laut DFD um den Wagenbauer.
Anmerkung der Redaktion: In einer ursprünglichen Version dieses Artikels gab es zu den Nachnamen Elflein, Schineller, Einwag und Reinwand keine Erklärung vom DFD. Der Namensforscher Professor Dr. Jürgen Udolph vom Institut für Namensforschung hat der Redaktion auf Nachfrage nun einige Informationen dazu gesendet. Wir haben diese im Artikel ergänzt.