
Es ist Dienstag, 12. Januar 2021. Irgendwann am Nachmittag in einer Apotheke im Herzen des Landkreises Haßberge. Gewünscht werden: Zwei FFP2-Masken, bitte. Die freundliche junge Dame hinter der Plexiglasscheibe lächelt wissend (als ob sie es geahnt hat, was ihre Stammkundin möchte), verschwindet kurz in den hinteren Gemächern und händigt die beiden gewünschten Exemplare aus. Kostenpunkt: Knapp zehn Euro für zwei Stück.
Ein paar Stunden vorher hat Ministerpräsident Markus Söder angekündigt, dass in Bayern ab Montag beim Einkaufen und im ÖPNV eine erweiterte Maskenpflicht gilt. Eine einfache Mund-Nasen-Bedeckung reicht für alle Menschen ab 15 Jahren nicht mehr aus, ab 18. Januar muss es eine FFP2-Maske sein. Prompt setzte der Run auf den zumeist leuchtend-weißen Corona-Schutz ein.
Der Ansturm war "verstärkt"
Und zwar merklich, heißt es gegen Ende der Woche aus den Apotheken im Landkreis Haßberge. Von "verstärktem Ansturm" berichtet Dr. Klaus Münzhuber, Inhaber der Lindenapotheke in Zeil, direkt nach Söders Verkündung. Immerhin sei es "nicht ganz so schlimm" gewesen wie im Dezember, als es quasi über Nacht hieß, dass Senioren und Angehörige von Risikogruppen kostenlose Masken bekommen - die damals in der Masse nicht verfügbar waren.
Das ist jetzt anders, sagt Münzhuber. Vor rund einem Monat war der 74-Jährige gemeinsam mit seiner Tochter Sonja händeringend auf der Suche nach einem Lieferanten, der die begehrten Teile schnell liefern konnte. Um nicht wieder in eine solche Bredouille zu kommen, haben sich die beiden das Vorkaufsrecht für einen größeren Posten gesichert, das kommt den Kunden in Zeil jetzt zu Gute: "Wir haben genügend FFP2-Masken". Neben der ständigen Verfügbarkeit müssen "der Preis vernünftig sein und die Qualität passen".
Apotheken haben genug FFP2-Masken
Von ähnlichen Erfahrungen wie Klaus und Sonja Münzhuber berichtet Stephan Schmitt, der Sprecher der Apotheken im Landkreis Haßberge gegenüber dieser Redaktion am Donnerstag. Die Nachfrage in seinen Apotheken - er betreibt die Löwen-Apotheke in Haßfurt, die Haßgau-Apotheke in Hofheim und die Marien-Apotheke in Eltmann - sei "erhöht, aber nicht so hoch wie im Dezember". Auch er sagt wie sein Kollege aus Zeil: "Wir haben uns sehr gut bevorratet". Im Januar rechnet Schmitt nicht mit Engpässen.
Ihm sei zudem nicht bekannt, dass es irgendwo im Landkreis Haßberge zu Problemen komme. Es gebe auf dem Markt mittlerweile eine große Anzahl an Anbietern, die FFP2-Masken vertrieben. Deren Handelsvertreter seien sehr aktiv, für sich hat er den Weg gefunden, "dass wir nur bei uns bekannten Firmen bestellen". Damit eben auch die Qualität sichergestellt sei. "Ich habe schon Kisten gesehen, da stand FFP2 drauf, aber drin waren normale OP-Masken", warnt er davor, rein auf dem Preis zu achten.
Wichtig sei, dass die Produkte die FFP2-Norm erfüllen und das CE-Prüfzeichen haben. Im Gegensatz zu normalen Alltagsmasken umschließe die hochwertige Schutzausrüstung das Gesicht deutlich besser, die Viren können nicht ganz so leicht in die Luft gelangen - sie werden im Idealfall bis zu knapp 95 Prozent aus dem Atem herausgefiltert: "Sie ist auf jeden Fall sicherer".
Nach acht bis zehn Stunden Nutzung, so Schmitt weiter, sei eine FFP2-Maske verbraucht, dann müsse sie entsorgt werden. Das könne sich über mehrere Tage erstrecken, dazwischen sollte sie getrocknet werden. Von einer über diese Zeitspanne hinaus gehenden Nutzung rät der 57-Jährige ab. Theoretisch sei das zwar möglich, dazu müsste die Maske auf eine ganz bestimmte Temperatur erhitzt werden - im heimischen Backofen sei das aber sehr schwierig.

Die Apotheken stehen aber vor einem anderen Problem: Sie können zwar die Verteilung gut bewältigen, aber die vielen offenen Fragen der Menschen zu beantworten, kostet exorbitant viel Zeit. "Da hätten wir uns mehr Aufklärung von der Regierung gewünscht", sagen Sonja und Klaus Münzhuber. Dabei meinen sie weniger den normalen Verkauf, sondern die von der Politik versprochenen kostenlosen Masken für Senioren, Menschen aus Risikogruppen oder Bedürftige.
Apotheken leisten Aufklärungsarbeit
In der Zeiler Lindenapotheke klingelt jeden Tag 40 bis 50 Mal das Telefon - häufig mit der Frage, wie man denn nun an seine Gratismaske komme. Der Modus Operandi, dass die Empfänger über ihre Krankenkasse erst einen über die Bundesdruckerei erstellten Gutschein erhalten, mit dem sie dann in die Apotheke gehen können, sei zu wenig kommuniziert worden. Es bleibe dem siebenköpfigen Team in Zeil dann nichts weiter übrig, als die Menschen aufzuklären und zu vertrösten. Das werde zwar gerne gemacht, sei aber eher eine Aufgabe für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierungen aus München und Berlin. Dazu bindet es unnötig Kapazitäten, die beim eigentlichen Auftrag - nämlich die Menschen mit Medikamenten zu versorgen und ihnen dazu Hilfestellung zu geben - fehlen.
Bei den Krankenkassen stehen die Telefone ebenfalls nicht still, berichtet Klaus Fuchs. Der Leiter des Coburger Servicecenters der Audi BKK , die unter anderem in Ebern eine Anlaufstelle unterhält, fühlt sich "von oben" ähnlich im Stich gelassen wie die Münzhubers aus Zeil. "Ein einfacher Aufruf hätte geholfen", meint er. Und zwar im Stile von "Ihr bekommt eure Gutscheine automatisch, ihr müsst nicht bei den Krankenkassen nachfragen".
Die Telefone stehen nicht still
Gegenüber dieser Redaktion spricht er von einem "unfassbarem Telefonaufkommen, welches nicht mehr vernünftig händelbar ist". Seit 8. Januar versende sein Haus die Gutscheine, nach und nach, in der Reihenfolge, wie sie von der Bundesdruckerei ankommen. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin habe die Zustellung in drei Chargen aufgeteilt. Bei seiner Krankenkasse läuft es so: Seit 8. Januar werden Personen ab 75 Jahren angeschrieben, ab dem 18. Januar folgt die Gruppe der 70 bis 74-Jährigen. Anfang bis Mitte Februar 2021 erfolgt der Versand an Risikopatienten bis zu einem Alter von 60 Jahren sowie an alle weiteren Versicherten, die älter als 60 Jahre sind.

Und wie kommen Bedürftige an die von Ministerpräsident Markus Söder versprochenen Masken? Am Freitag kündigte Moni Göhr, Pressesprecherin am Landratsamt Haßberge an: "Jeder, der im Landkreis Haßberge leistungsberechtigt ist - das sind rund 2000 Menschen - erhält nächste Woche per Post fünf Schutzmasken gratis zugeschickt." Empfänger von Grundsicherungsleistungen müssen sich also selbst um nichts kümmern, so Göhr.
Landkreis Haßberge denkt an Pflegebedürftige daheim
Weiter teilt die Behörde am Herrenhof mit, dass über die Kommunen "sehr zeitnah" FFP2-Masken an pflegebedürftige Angehörige verteilt werden sollen. Voraussichtlich ab Montag, 25. Januar, könnten Hauptpflegepersonen drei Schutzmasken in der örtlichen Kommunalverwaltung abholen. Als Nachweis gelte ein Schreiben der Pflegekasse. Die Schutzmasken stammen laut Moni Göhr "aus dem Bestand des Pandemielagers, das durch Ersatzbeschaffungen wieder entsprechend aufgefüllt wird".
Was passiert, wenn am Montag, mit dem offiziellen Beginn der erweiterten Maskenpflicht, jemand von der Polizei im ÖPNV oder beim Einkaufen mit einer Alltagsmaske erwischt wird? Zunächst erstmal gar nichts, sagt Kurt Etzel, stellvertretender Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Haßfurt. Denn es gibt ja noch die von der Staatsregierung ausgerufene Kulanzwoche. Erst danach drohen bei einem Verstoß Sanktionen. Und dann gilt rein rechtlich gesehen: Alltagsmaske ist gleich keine Maske. Das würde eine Ordnungswidrigkeitenanzeige und ein Bußgeld nach sich ziehen. Über dessen Höhe entscheidet dann das Landratsamt. Ob man mit Alltagsmaske bei einer Strafe günstiger wegkommt als komplett ohne Maske? Das entscheidet letztlich das Landratsamt, aber nicht die Polizei, meint Etzel.

Während es in den Apotheken in der Region offenbar genug Möglichkeiten gibt, sich den ab Montag verpflichtenden Corona-Schutz zu besorgen, war das Ende der Woche im Handel - der die Masken ebenfalls verkaufen darf - nicht unbedingt der Fall. Die Filiale einer großen Drogeriekette im Maintal meldete schon in ihrem Online-Shop "Derzeit ausverkauft" und die Verkäuferin vor Ort konnte bei einer Nachfrage von keiner gesicherten Aussicht auf Nachschub berichten. Bei verschiedenen Lebensmittelhändlern übrigens waren FFP2-Masken Ende der Woche entweder gar nicht oder nur in geringer Stückzahl vorhanden. Die Einkäufer würden sich aber bemühen, Abhilfe zu schaffen.
KN95 ist auch okay
Weil es Schutzmasken in unterschiedlichsten Ausführungen und Kennzeichnungen gibt, weist das Landratsamt Haßberge darauf hin, dass KN95-Masken vergleichbar mit FFP2-Masken sind. "Die abweichende Bezeichnung hängt mit den weltweit unterschiedlichen Zertifizierungs- und Zulassungsanforderungen zusammen. Die Filterleistungen der Filtrierenden Halbmaske KN 95 ist größer als 95 Prozent und ist daher gleichwertig wie eine FFP2-Maske", teilt Landratsamts-Pressesprecherin Moni Göhr mit.