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KREIS HASSBERGE
Borkenkäfer: „Die Lage ist dramatisch“
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Foto: Alois Wohlfahrt
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 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:50 Uhr

Die ganze Tragik der vergangenen Wochen liegt am Wegrand. Auf den ersten Blick sind die akkurat aufgereihten Baumstämme im Hofheimer Stadtwald schön anzusehen. Wenn sie nicht ein Zeichen für ein Waldjahr wären, das für viele, die mit Waldbewirtschaftung zu tun haben, als ein markantes, ein schlimmes Jahr in die Annalen eingehen wird. Die Stämme hätten allesamt noch viele Jahresringe zulegen können, wenn ihnen nicht ein winziger Käfer den Garaus gemacht hätte. Explosionsartig hat sich der Borkenkäfer in den vergangenen Wochen vermehrt. Wie der Stadt Hofheim, erging und ergeht es derzeit vielen Waldbesitzern in der Region.

„Die Lage ist dramatisch“, sagt Revierförster Bernhard Streck, der zusammen mit Franz Eder vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Waldausschuss des Hofheimer Stadtrats durch ausgewählte Bestände führte. Seit knapp eineinhalb Jahrzehnten ist Eder in den Haßbergen tätig, aber dass der Befall durch Borkenkäfer auf so vielen Flächen passierte, das erlebte er noch nicht. Und diesmal gar auf Standorten mit guten Böden, auf denen die Fichten widerstandsfähiger sind.

Stress durch Trockenheit

„Die Trockenheit und damit verbunden der Stress, das hat die Fichten angreifbar gemacht“, sagt die Geschäftsführerin der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Unterfranken mit Sitz in Hofheim, Birgitt Ulrich. Und auch sie teilt die Einschätzung von Eder: „In diesem Ausmaß haben wir das noch nicht erlebt. Und dies bestätigen auch alle Kollegen,“ sagt Ulrich, die zugleich Geschäftsführerin der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Haßberge ist.

Ende Juli, Anfang August nahm das richtig Fahrt auf, mit dem nun die Waldbesitzer zu kämpfen haben: das massenhafte Auftreten der Borkenkäfer. Die Population explodierte innerhalb weniger Wochen. Und was da schon galt, das gilt auch weiterhin, der Appell: Waldbesitzer sollen ihre Bestände kontrollieren, damit eingegriffen werden kann. Denn jeder Baum, der entdeckt und aufgearbeitet werde, verhindere eine erneute Ausbreitung des Borkenkäfers im kommenden Jahr, so Ulrich.

Die Fichte verliert den Kampf

Bild oben: Das Kreuz steht für einen vom Borkenkäfer befallenen Baum. Er muss schleunigst aus dem Wald.Bild unten: Nachdenkliche Gesichter beim Waldbegang des Hofheimer Stadtrats.
Foto: Alois Wohlfahrt | Bild oben: Das Kreuz steht für einen vom Borkenkäfer befallenen Baum. Er muss schleunigst aus dem Wald.Bild unten: Nachdenkliche Gesichter beim Waldbegang des Hofheimer Stadtrats.

Die Geschwindigkeit mit der die Borkenkäfer sich vermehrten und das Ausmaß – immer wieder ist das für Forstfachleute in der Region das Markanteste an der gegenwärtigen Situation im Gespräch mit der Redaktion. „Sehr bedenklich“ ist diese Entwicklung so auch für Bernd Hölzner, Revierleiter Mariaburghausen des Universitätsforstamtes Sailershausen. Auch er hat ein solch heftiges Käferaufkommen „selten erlebt“. Und er ist sich sicher: Nicht der Käfer ist das Problem, sondern der Klimawandel. Warme Winter, ein warmes Frühjahr – das unterstützt die Verbreitung der Borkenkäfer. Im Gegensatz zu früher, als die Bäume meist mit lediglich einer Generation Borkenkäfer konfrontiert waren, gab es heuer drei Generationen. Die Natur reagiere lediglich, „es ist ein Kampf der Arten, die Fichte verliert, der Borkenkäfer gewinnt“.

Käfer gibt den Fichten den Rest

Kaum Niederschlag in den vergangenen Monaten, die Fichten leiden Durst, der Käfer gibt ihnen den Rest. Auch im Bereich Burgpreppach bot sich dieses Bild, wie beim Waldbegang vor kurzem Forstoberrat Jürgen Hahn vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt und Förster Wolfgang Meiners erläuterten. Und auch für Hahn zeigt sich in der derzeitigen Situation, dass der eigentliche „Henker“ die Trockenheit sei, die Käfer seien lediglich noch die Totengräber.

Betriebspläne schieben

Der Käferbefall und damit verbunden die Notwendigkeit, die Bäume schnellstens aus dem Wald zu bringen, zieht aber auch ein ganzes Bündeln von Folgen nach sich. Zum einen, so Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst, zugleich Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Unterfranken: die Aufarbeitung des Käferholzes habe höchste Priorität, „das Käferholz muss raus“. Und das bedeutet: Hieb-Arbeiten, wie sie in den Betriebsplänen vorgesehen sind, müssten entsprechend verschoben werden. Und dies gelte auch für Brennholz.

Käfer-Holz muss aufgearbeitet werden

Die Aufarbeitung des Käfer-Holzes hat Vorrang, alles andere muss hinten angestellt werden, sagt auch Kevin Kratzmeier von der FBG Haßberge und zuständig für den Königsberger Stadtwald. Auch er hat ein solches massives Auftreten der Borkenkäfer bislang noch nicht erlebt.

Aber die kleinen Käfer sind nicht allein der Grund, warum sich bei vielen Forstleuten das Jahr 2018 ins Gedächtnis einbrennen wird: Das feuchte Frühjahr, dann die Trockenheit und Hitze, die Schwammspinner im Frühjahr, derzeit die Borkenkäfer und nun, als ob es nicht schon genug gewesen wäre, so Franz Eder, jetzt auch noch die ersten großen Sturmschäden.

 
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