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Knetzgau
Berater der großen Politik: Stefan Kampmann aus Knetzgau gehört zum Wissenschaftsrat der Bundesregierung
Zum 1. Februar berief ihn Bundespräsident Steinmeier in das Gremium. Was Kampmann als die großen Herausforderungen der nächsten Jahre sieht.
Stefan Kampmann gehört seit 1. Februar dem Wissenschaftsrat der Bundesregierung an, Deutschlands wichtigstem wissenschaftspolitischen Beratungsgremium.
Foto: Thomas Dashuber | Stefan Kampmann gehört seit 1. Februar dem Wissenschaftsrat der Bundesregierung an, Deutschlands wichtigstem wissenschaftspolitischen Beratungsgremium.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:05 Uhr

In welche Richtung sollen sich die deutschen Hochschulen in den kommenden Jahren entwickeln? Welche politischen Entscheidungen sind dafür nötig und wie sollte der Staat seine Forschungseinrichtungen fördern? Wenn es um solche Fragen geht, braucht es Expertinnen und Experten, die die Politik beraten. Und eben dabei kommt der Wissenschaftsrat der Bundesregierung ins Spiel – das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium in Deutschland. Seit dem 1. Februar hat der Wissenschaftsrat einige neue Mitglieder. Eines davon kommt aus dem Landkreis Haßberge.

Vom Haßfurter Gymnasium bis in den Vorstand großer Unternehmen

"Ich habe in meinen knapp 60 Jahren sehr viel von unserem Land und unserer Gesellschaft bekommen – Bildung – Sicherheit – Freiheit. Jetzt kommt die Zeit, wo ich auch wieder etwas zurückgeben möchte", beschreibt Dr. Stefan Kampmann die Motivation, sich in dem Beratungsgremium einzubringen. Der heute 59-Jährige hatte nach dem Abitur am Regiomontanus-Gymnasium in Haßfurt zunächst an der Uni Würzburg Physik studiert, darauf folgte die Promotion im Ingenieurwesen in Erlangen.

Sein beruflicher Werdegang führte ihn zunächst zu Bosch, später zu Osram und schließlich zum Maschinenhersteller Voith mit Sitz im Baden-Württembergischen Heidenheim, wo er seit 2020 Mitglied der Konzerngeschäftsführung und CTO – also Technikvorstand – ist. Kampmann lebt mit seiner Frau in Knetzgau, die beiden haben zwei Kinder im Erwachsenenalter und seit acht Monaten auch ihr erstes Enkelkind.

Berufung für drei Jahre – mit Option einer Verlängerung

In den Wissenschaftsrat hat ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum 1. Februar 2023 auf gemeinsamen Vorschlag der Bundesregierung und der Landesregierungen berufen. Denn sowohl für den Bund als auch für die Länder ist der Wissenschaftsrat als Beratungsgremium tätig. Berufen werden die Mitglieder zunächst für drei Jahre, die Zeit kann aber auch verlängert werden.

Der Wissenschaftsrat setzt sich zusammen aus einer Wissenschaftlichen Kommission und einer Verwaltungskommission. Zur Verwaltungskommission gehören vor allem Politikerinnen und Politiker aus Bund und Ländern, wie unter anderem der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU).

"Bildung und Wissenschaft sind die wesentlichen Rohstoffe unserer Gesellschaft, die es 'auszubeuten' gilt."
Stefan Kampmann, Mitglied im Wissenschaftsrat der Bundesregierung

Stefan Kampmann ist Teil der 32-köpfigen Wissenschaftlichen Kommission, die sich wiederum zusammensetzt aus 24 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie acht Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Oder, wie es Kampmann ausdrückt: "24 aus der Universitätslandschaft und acht aus der Zivilgesellschaft." Zu diesen acht Vertretern der Zivilgesellschaft gehört auch Kampmann selbst, ebenso wie einige Vorstandsmitglieder namhafter Unternehmen, aber auch die Journalistin Alexandra Gerlach.

Wer keine Rohstoffe hat, muss umso mehr auf Bildung setzen

Doch was genau hat die Regierungen dazu bewogen, gerade Kampmann für diesen Posten vorzuschlagen? Das wisse er selbst nicht, antwortet der 59-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. "Ich habe immer an Technologiethemen gearbeitet", sagt er. "Ich hatte dabei viel mit der Politik zu tun. Es kann natürlich sein, dass man da mal aufgefallen ist."

Wozu er dagegen einiges sagen kann, sind seine Vorstellungen davon, in welche Richtung die Wissenschaftspolitik laufen muss. "Wir haben in Deutschland kein Öl, kein Gas, kein Platin und kein Gold, auf denen wir uns ausruhen könnten, aber wir haben unser Hirn – das müssen wir nutzen", betont er. "Bildung und Wissenschaft sind die wesentlichen Rohstoffe unserer Gesellschaft, die es 'auszubeuten' gilt." Und so gebe es auch nichts Besseres als Bildung, um junge Menschen auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.

Auf gute Grundlagenforschung muss auch die Umsetzung folgen

Ein großes Problem des deutschen Wissenschaftssystems sieht er darin, dass das Land zwar gut dastehe, was die Grundlagenforschung angeht, sich dann aber die Umsetzung der eigenen Ideen aus der Hand nehmen lasse. Als Beispiele nennt er Technologien wie die Photovoltaik oder den Lithium-Ionen-Akku. "Das ist in Deutschland erfunden worden", sagt Kampmann. Doch die Firmen, die solche Anlagen nun produzieren und Geld mit der Umsetzung der Ideen verdienen, säßen in anderen Ländern.

Die Grundlagenforschung für Photovoltaik-Anlagen, wie auf diesem Symbolbild, fand auch in Deutschland statt. Doch bei der Produktion haben andere Länder die Nase vorn, kritisiert Kampfmann.
Foto: Jens Büttner, dpa | Die Grundlagenforschung für Photovoltaik-Anlagen, wie auf diesem Symbolbild, fand auch in Deutschland statt. Doch bei der Produktion haben andere Länder die Nase vorn, kritisiert Kampfmann.

Als ein weiteres wichtiges Thema sieht er den Klimawandel, den es zu bekämpfen gilt. Und eben dabei dürfe sich Deutschland nicht abhängen lassen. "Den Klimawandel müssen wir mit Innovationen 'made in Germany' bekämpfen, die wir in die Welt verkaufen. Damit lässt sich dann auch Beschäftigung, Wohlstand, Sicherheit und Freiheit für unser Land gewährleisten."

Welche Rolle spielt die Aufklärungsarbeit?

Dabei, so Kampmann, müsse auch mehr und bessere Aufklärungsarbeit geleistet werden, als das in der Vergangenheit passiert ist. "Ich glaube, wir haben die Menschen nicht mitgenommen", sagt er. "Wir sind eben nicht so die 'Frontrunner'. Wir können die Menschen nicht so begeistern." Braucht es also vor allem mehr und bessere Wissenschaftskommunikation?

"Den Klimawandel müssen wir mit Innovationen 'made in Germany' bekämpfen, die wir in die Welt verkaufen."
Stefan Kampmann, Mitglied im Wissenschaftsrat der Bundesregierung

Darüber, dass diese auch an ihre Grenzen stoßen kann, hatte unter anderem die prominente Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim in einigen YouTube-Videos während der Corona-Pandemie gesprochen. So sprach sie darüber, wie die Corona-Zeit ihre Meinung verändert hatte. Vorher habe sie geglaubt, es fehle einfach an guter Wissenschaftskommunikation und daran, dass Wissenschaft in den Medien eine zu geringe Rolle spiele. Doch während der Pandemie habe sich gezeigt, dass, obwohl quasi auf allen Kanälen viel Aufklärungsarbeit durch Expertinnen und Experten lief, viele Millionen Menschen damit nicht zu erreichen waren, was sich unter anderem in einer großen Skepsis gegenüber der Impfung zeigte.

Wird die Wissenschaftskommunikation also auch im Kampf gegen den Klimawandel und für neue Technologien an die gleichen Grenzen stoßen? Stefan Kampmann sieht hier immerhin einen entscheidenden Vorteil im Gegensatz zu Corona: Die Vorlaufzeit. "Corona war plötzlich da und man musste reagieren." Wenn es dagegen um Technologiethemen gehe, müsse man etwas tun, das bei Corona nicht möglich war: "Man muss frühzeitig offen und ehrlich Daten und Fakten auf den Tisch legen. Man muss Vor- und Nachteile diskutieren."

Noch hatte Kampmann nicht die Gelegenheit, sich einzubringen. Der Wissenschaftsrat tagt viermal im Jahr, die letzte Sitzung fand Ende Januar statt – also kurz vor seiner Berufung. Stefan Kampmann wird dann erstmals bei der Frühjahrssitzung vom 19. bis 21. April in Leipzig dabei sein und die Chance haben, seine Ideen zusammen mit anderen in die Politik zu tragen.

 
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