Seit über 100 Jahren werden in der Landgerichtsstraße 16 in Hofheim Haare geschnitten und frisiert. Bis zum Jahr 1942 konnten sich Kundinnen und Kunden dort auch waschen oder sich die Zähne richten lassen, wie auf einer Stele des Historischen Stadtrundgangs zu erfahren ist: Andreas und Joseph Kuhn gingen dort als die letzten approbierten Bader ihrer Zunft ihrem Handwerk nach.
Unter der Adresse ist in Hofheim inzwischen schon seit Langem der Friseursalon "Haarmode Gräf" zu finden. In dieser Woche wurde nun abermals ein neues Kapitel in der Geschichte des Hauses aufgeschlagen: Friseurmeister Gerhard Gräf legt nach 45 Berufsjahren die Schere aus der Hand und übergibt seinen Salon an Friseurmeisterin Annica Bauer.
Zum Abschied in den Ruhestand hat die Redaktion mit dem Handwerksmeister einen Blick auf sein Wirken geworfen:
Gerhard Gräf: Wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören. Spaß beiseite: Mit 67 Jahren und über 45 Jahren im Beruf wird es Zeit, sich zur Ruhe zu setzen. Und, wir hören ja nicht beide auf, sondern nur ich. Meine Frau wird auch weiterhin ihre Kundinnen und Kunden bedienen, wenn auch unter der neuen Chefin. Bis jetzt war ich ihr Chef.
Gräf: Ich bin seit dem 1. Januar 1978 im Betrieb und habe den Laden am 1. Januar 1984 von meiner Mutter übernommen. Davor hatte mein Vater, der 1978 überraschend verstorben ist, den Friseursalon geführt. Er hat ihn 1954 gepachtet und Anfang der 1960er-Jahre gekauft. Wir sind somit der älteste Friseurbetrieb in Hofheim und einer der ältesten im Landkreis.
Gräf: Heute ist der Friseur kein Bader und Dentist mehr. Es ist ein Beruf, der Menschen hilft, sich wohlzufühlen – durch Gestaltung des Haarschnitts und der Haarfarbe. Er bietet bei Problemen mit Haaren und Kopfhaut Hilfestellung an. Durch unseren Hauptgeschäftspartner "La Biosthetique" mit der Philosophie "Culture of Total Beauty" sind wir und künftig auch Frau Bauer in der Lage, alle Kundenwünsche zu erfüllen.
Gräf: Wir hatten eine Kundin, die öfters beruflich in Amerika unterwegs war. Sie rief eines Tages aus New York an und wollte die Mischung ihrer Haarfarbe wissen. 'Die sogenannten Starfriseure bringen wieder mal die Farbe nicht hin', beschwerte sie sich am Telefon. Auch aus Berlin rief sie des Öfteren an, mit derselben Bitte. Also waren wir in der Provinz doch nicht so schlecht.