Bald wird der Landkreis Haßberge 50 Jahre alt: Am 1. Juli 1972 wurde aus dem Altlandkreis Haßfurt, dem Großteil der Landkreise Hofheim und Ebern sowie drei kleinen Gemeinden aus den Landkreisen Bamberg und Gerolzhofen der "Haßberg-Kreis" geschaffen. Für die einen ist das Landkreis-Jubiläum ein Grund zum Feiern. Andere sehen im Landkreis weiterhin ein Kunstgebilde, in dem zusammengefasst wurde, was nicht zusammengehört. Doch wie kam es seinerzeit zur Gründung des neuen Landkreises?
"Landkreise sollen künftig so groß sein, daß sie die notwendigen kostspieligen Investitionen betriebswirtschaftlich sinnvoll tätigen können. Sie sollen eine Einheit von Lebens- und Verwaltungsraum darstellen", heißt es im stenographischen Bericht über die Sitzung des Bayerischen Landtags vom 27. Januar 1971. "Bei der Neugliederung der Landkreise werden die kulturellen, historischen und sonstigen Bindungen berücksichtigt werden." Bereits 1967 hatte der damalige Ministerpräsident Alfons Goppel (CSU) die Reform angekündigt, Ende 1971 fielen im Landtag auch die dafür notwendigen Beschlüsse.
Um also größere Verwaltungseinheiten zu schaffen, sollten aus vielen kleinen Landkreisen wenige große entstehen. Wie das aber konkret umgesetzt werden sollte, sorgte in so mancher Region für eine Menge Zündstoff. Auf der Internetseite des Landratsamtes ist nachzulesen, wie die Diskussion in den Landkreisen Haßfurt, Ebern und Hofheim ablief: Dort findet sich ein ausführlicher Artikel des Heimatforschers Ludwig Leisentritt. Darin kommen auch einige Zeitzeugen zu Wort, allen voran die CSU-Politiker Walter Keller und Albert Meyer.
Keller war vor der Gebietsreform der letzte Landrat des Altlandkreises Haßfurt und wurde danach zum ersten Landrat des gemeinsamen Kreises Haßberge. Der 2020 verstorbene Albert Meyer vertrat zur Zeit der Gebietsreform den Stimmkreis Gerolzhofen-Haßfurt als Landtagsabgeordneter. Beide trugen "maßgeblich dazu bei, dass es den Landkreis Haßberge in der heutigen Form gibt", schreibt Heimatforscher Leisentritt. Neben der Gründung eines ostunterfränkischen Landkreises aus den Altlandkreisen Haßfurt, Ebern und Hofheim wurden vor allem zwei weitere Alternativen diskutiert.
Die Wahl aus verschiedenen Varianten
Eine hätte vorgesehen, die beiden früheren Landkreise Haßfurt und Gerolzhofen zu einem neuen Kreis zusammenzufassen, während die Kreise Ebern und Hofheim zu den größeren Nachbarn Bamberg, Schweinfurt und Coburg gekommen wären. Dagegen regte sich aber vor allem Widerstand im Altlandkreis Gerolzhofen, der dann Teil des Landkreises Schweinfurt wurde. Eine andere Alternative wäre gewesen, gar keinen eigenen Landkreis mit Haßfurt als Kreisstadt zu haben und das komplette Gebiet zwischen Bamberg, Schweinfurt und Coburg aufzuteilen.
"Es wären zwei Mammut-Stadt-Umlandkreise Schweinfurt und Bamberg entstanden", beschreibt Leisentritt, was die Folgen dieser Variante gewesen wären. Die Grenze wäre dann wohl zwischen Haßfurt und Zeil verlaufen. Doch Meyer und Keller setzten sich an verschiedenen Stellen für den ostunterfränkischen Kreis ein, der letztlich auch entstand. Meyer, der zwar erst später Staatssekretär wurde, damals aber schon stellvertretender Fraktionsvorsitzender war, kämpfte im Landtag für dieses Ziel, Keller leistete Überzeugungsarbeit vor Ort.
Zustimmung aus der Politik, Vorbehalte in der Bevölkerung
Aus Leisentritts Ausführungen geht hervor, dass die Schaffung eines ostunterfränkischen Landkreises zwar dem Wunsch der Mehrheit der Kreisräte in allen drei Altlandkreisen entsprach – auch die damaligen Landräte Hans Reuther aus Ebern und Herbert Krahmer aus Hofheim hätten sich ihrem Haßfurter Amtskollegen angeschlossen.
In der Bevölkerung habe es dagegen durchaus Vorbehalte gegeben: "Dabei habe sich der damals kaum vorhandene Bezug zur Stadt Haßfurt als ein besonderes Handicap erwiesen", schreibt der Heimatforscher unter Berufung auf den früheren Landrat Keller. "So sei es vorgekommen, dass die Politiker hämisch gefragt wurden, wo denn überhaupt Haßfurt liege, man sei dort noch nie gewesen und habe auch nicht die Absicht jemals dorthin zu fahren."
Dennoch beschreibt Leisentritt in dem Abschnitt über Walter Kellers Erinnerungen, was der Region möglicherweise gedroht hätte, wäre sie zwischen Bamberg, Schweinfurt und Coburg aufgeteilt worden. Demnach hätten alle drei früheren Kreisstädte nur verlieren können: "Die Stadt Haßfurt wäre kein Kreissitz geworden und hätte mit Sicherheit nicht den enormen Aufschwung genommen, den sie heute verzeichnen kann."
Emotionaler Abschied von den ausscheidenden Amtsträgern
Ebern wäre "eine kleine Stadt an der Peripherie" geworden und hätte "gegenüber den großen Stadt-Umland-Gemeinden Bambergs kaum eine Rolle gespielt", heißt es weiter. "Im Landkreis Haßberge hat Ebern als immerhin zweitgrößte Stadt und als wichtiger Schulstandort ganz anderes Gewicht. Ähnliches gilt auch für die Stadt Hofheim, die jetzt völlig am Rand eines Gebietes liegen würde, das bis in die Nähe von Würzburg reicht."
So setzten sich letztlich die Befürworter eines neuen, ländlichen Kreises im Osten Unterfrankens durch. Auch in der Lokalpresse war die Gebietsreform damals ein großes Thema. Am 28. Juni 1972, wenige Tage vor dem Inkrafttreten der Neuordnung, berichtete das Haßfurter Tagblatt über einen Empfang des unterfränkischen Regierungspräsidenten Robert Meixner für alle Landräte, die mit der Reform ihren Posten verloren. Am 1. Juli, dem ersten Tag des neuen Landkreises, erschien ein ausführlicher Bericht über die letzte Sitzung des alten Haßfurter Kreistags. Bei diesem emotionalen Abschied erhielten alle Kreisräte, Bürgermeister, Bedienstete und Ehrengäste eine Gedenkmünze, die an den aufgelösten Landkreis Haßfurt erinnerte.
Neuer Name, neues Wappen: Der Landkreis nimmt Gestalt an
Und dann wäre da noch die Frage nach einem Namen für den neuen Landkreis. Der Name wurde vorläufig auf "Haßbergkreis" festgelegt, allerdings war von Anfang an klar, dass dies nur eine Art "Arbeitstitel" war, bis der neue Kreistag über den endgültigen Namen abgestimmt hatte. Die Wahl fiel schließlich auf "Landkreis Haßberge", der Name wurde am 1. Mai 1973 offiziell. Nicht durchsetzen konnte sich somit der Haßfurter Altlandrat Oskar Heurung (CSU), den das Haßfurter Tagblatt am 29. Juni mit der Forderung zitierte, wenn der Landkreis schon nach einer Landschaft benannt werde, dann solle neben den Haßbergen auch der Steigerwald einfließen, der ebenfalls einen großen Teil der Fläche ausmache. Ein neues Landkreiswappen entstand aus Elementen der drei Wappen der Altlandkreise.
Der heutige Landrat Wilhelm Schneider (CSU) betont, es sei seinerzeit definitiv die richtige Entscheidung gewesen, den Landkreis in seiner heutigen Form zu gründen: "Ein eindeutiges Ja und ein klares Bekenntnis zum Landkreis", wie er sagt. Ähnlich wie damals Meyer und Keller glaubt er, dass alle drei Altlandkreise bei einer Aufteilung des Kreises nur verloren hätten: "Da wären wir überall ein Anhängsel gewesen."
Landrat Schneider findet die Kritik "sehr subjektiv"
Die Kritik einer zu starken Haßfurt-Zentriertheit sei mittlerweile aus Hofheim kaum noch zu hören, aus Ebern aber schon, sagt der Landrat. Diese sei aber "sehr subjektiv", betont der Politiker, der immerhin selbst aus dem Altlandkreis Ebern stammt, und zählt auf, wie viel in Ebern in der jüngsten Vergangenheit investiert wurde – vor allem Sanierungen und Neubauten des Hallenbades, der Realschule, des Gymnasiums und der Meisterschule. Außerdem verteidigt er die Veränderungen am Eberner Krankenhaus. Kritiker bezeichnen den Abzug der stationären Chirurgie als Teilschließung, der Landrat spricht hingegen von Veränderungen, die die Zukunft des Hauses sichern sollen.
Auch das frühere Hofheimer Krankenhaus sei nicht einfach aufgegeben worden, stattdessen zogen dort ein Medizinisches Versorgungszentrum sowie verschiedene Behörden ein. "Wir haben das Krankenhaus wiederbelebt, wenn auch mit einer anderen Funktion."
Und schließlich wäre da noch die Landesbaudirektion, die in Ebern gut 100 Arbeitsplätze bringen soll. "Objektiv betrachtet ist in Hofheim und Ebern viel passiert", sagt Schneider, "aber natürlich stärken wir auch den Standort Haßfurt." Und so lautete das Fazit des Landrats: "Der Landkreis kann berechtigt 50 Jahre feiern. Natürlich zusammen mit seinen 26 Kommunen."