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Bundorf
"Aus der grauen Maus wurde ein Elefant": Warum das kleine Bundorf in Sachen Energie deutschlandweit Spitze ist
Bei der Preisverleihung zur "Energie-Kommune des Jahres" belegte die Haßberge-Gemeinde den zweiten Platz. Aus welchen Gründen die Bundorfer ganz oben mitspielen.
Nahe Bundorf ist einer der größten Solarparks Deutschlands zu finden. Die Anlage liegt in einer Mulde am Wald. Erst aus der Luft wird ihre ganze Dimension deutlich.
Foto: René Ruprecht | Nahe Bundorf ist einer der größten Solarparks Deutschlands zu finden. Die Anlage liegt in einer Mulde am Wald. Erst aus der Luft wird ihre ganze Dimension deutlich.
Martin Schweiger
 und  Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 25.02.2025 02:36 Uhr

Nur zwei Prozentpunkte fehlten am Ende zum Titel: Bundorf ist bei der Wahl zur "Energie-Kommune des Jahres" knapp hinter der Stadt Chemnitz auf dem zweiten Platz gelandet. Die rund 930 Einwohnerinnen und Einwohner starke Gemeinde aus dem nördlichen Landkreis Haßberge ist damit dennoch bundesweit ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Als eine von zwölf Kommunen war sie ins Rennen um den Titel gegangen und zunächst als einer von drei Finalisten gewählt worden.

Die Auszeichnung ausgelobt hatte die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) mit Sitz in Berlin. Seit dem 6. Januar konnte online zunächst über die Finalisten und dann über den Sieger abgestimmt werden. Rund 39 Prozent (2030 Stimmen) votierten dabei am Ende für Chemnitz, 37 Prozent (1920 Stimmen) für Bundorf und 24 Prozent (1265 Stimmen) für den dritten Finalisten, die Stadt Tübingen. Die Preisverleihung, ein Preisgeld gab es dabei nicht zu gewinnen, fand am Montag online statt.

Bundorf hat einen der größten Solarparks bundesweit

Was macht die Gemeinde aus den Haßbergen zu einem Vorreiter in Sachen Energie? Vor Ort wird ein Projekt mit ganzheitlichem Ansatz verfolgt, das Bundorf zu einem "Energiedorf" machen soll. Das Herzstück ist dabei der örtliche Solarpark, der im Herbst 2023 ans Netz ging und mit einer Leistung von 125 Megawatt einer der größten seiner Art in Deutschland ist. Zu rund einem Drittel befindet er sich in Bürgerhand.

"Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich über die Energiegenossenschaft an der Anlage."
Hubert Endres, Bürgermeister Bundorf

Die verantwortlichen Partner hinter dem Projekt – EGIS eG und MaxSolar GmbH – zogen Anfang Februar nach etwas mehr als einem Jahr Betrieb in einer Pressemitteilung eine erste positive Bilanz, ebenso Bundorfs Bürgermeister Hubert Endres (CSU). "Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich über die Energiegenossenschaft an der Anlage und profitieren dadurch auch finanziell von ihr", erklärte er.

Blick auf Bundorf und den dahinterliegenden Solarpark. Dieser speist im Ort auch ein größtenteils stromgeführtes Fernwärmenetz.
Foto: René Ruprecht | Blick auf Bundorf und den dahinterliegenden Solarpark. Dieser speist im Ort auch ein größtenteils stromgeführtes Fernwärmenetz.

Bundorf, die am dünnsten besiedelte Gemeinde Westdeutschlands, habe "Land ohne Ende", sagte Endres anlässlich der Preisverleihung. Den Vorwurf, dass wertvolles Ackerland für die Stromgewinnung und nicht für die Lebensmittelerzeugung genutzt werde, konterte er mit der Tatsache, dass rund ein Drittel der Lebensmittel im Müll lande. Zudem sei der Solarpark mit seinen 125 Hektar auf schlechtem Ackerboden entstanden.

Fernwärmenetz, E-Ladestationen und Naturschutz

Zweiter Bestandteil des Projekts in Bundorf ist ein Fernwärmenetz, ebenfalls in Bürgerhand. Den Strom hierfür liefert mit 1,5 Megawatt der Solarpark. Trotz des vergangenen regenreichen Jahres habe der vorgesehene Teil der Photovoltaik-Anlage stets ausreichend Strom für die Heizzentrale erzeugt, berichtet Pascal Lang, Vorstandsvorsitzender der EGIS eG. Er befindet: "Fernwärme ist eine langfristige Investition, die Versorgungssicherheit schafft und die regionale Unabhängigkeit stärkt."

Beim Spatenstich für das Fernwärmenetz in Bundorf im Mai 2023 (von links): Bauunternehmer Thomas Schmitt, Pascal Lang von EGIS, Bürgermeister Hubert Endres, Elke Hanel von MaxSolar und Projektleiter Maximilian Huber.
Foto: Martin Schweiger (Archivfoto) | Beim Spatenstich für das Fernwärmenetz in Bundorf im Mai 2023 (von links): Bauunternehmer Thomas Schmitt, Pascal Lang von EGIS, Bürgermeister Hubert Endres, Elke Hanel von MaxSolar und Projektleiter Maximilian Huber.

Die dritte Bundorfer Komponente schließlich ist der Aufbau einer lokalen E-Ladeinfrastruktur. Hinzu kommt außerdem, dass die Projektverantwortlichen Wert auf den Naturschutz legen. So habe man im Solarpark zum Beispiel einen größeren Abstand zwischen den Modulreihen gewählt. Breitere sonnige Streifen würden hier nun Bodenbrütern trockene sowie warme Brut- und Lebensräume bieten. Laut EGIS eG hat sich etwa der Feldlerchenbestand seit Projektstart knapp vervierfacht.

Die Menschen vor Ort als ausschlaggebender Faktor

"Die unterfränkische Gemeinde Bundorf beweist eindrucksvoll, wie mit einem umfassenden Konzept die Einbindung der Bevölkerung, innovative Ansätze in der erneuerbaren Energiegewinnung und Naturschutz verbunden werden können", hieß es im Vorfeld der Preisverleihung lobend von der AEE. Allein die Größe oder optimale Rahmenbedingungen seien nicht unbedingt ausschlaggebend für den Erfolg der Energiewende in den einzelnen Kommunen.

Die Heizzentrale des Fernwärmenetzes beinhaltet zwei Großwärmepumpen, einen Warmwasserspeicher, einen Elektrokessel sowie einen Hackschnitzelkessel für Spitzenlastzeiten.
Foto: Martin Schweiger (Archivfoto) | Die Heizzentrale des Fernwärmenetzes beinhaltet zwei Großwärmepumpen, einen Warmwasserspeicher, einen Elektrokessel sowie einen Hackschnitzelkessel für Spitzenlastzeiten.

"Vielmehr sind es die Menschen, ihre Ideen und ihr Mut, die Dinge in die Hand zu nehmen", so Anika Schwalbe, stellvertretende Geschäftsführerin der AEE. "Bundorf, Chemnitz und Tübingen sind inspirierende Beispiele dafür." Jede der drei Kommunen hätte den Titel "Energie-Kommune des Jahres" verdient. Mit knappem Vorsprung siegte Chemnitz, das "sächsische Manchester", wie die dortige Leiterin des Umweltamts, Carina Kühnel, bei der Preisverleihung sagte.

In der Stadt seien die CO₂-Emissionen seit 2005 gesunken, berichtete sie. Bis 2040 will Chemnitz gänzlich CO₂-neutral sein. Alle 287 städtischen Gebäude seien bereits oder würden noch mit Photovoltaik ausgestattet. Die Stadt in Sachsen, in diesem Jahr auch Kulturhauptstadt Europas, hat außerdem einen eigenen Windpark mit sieben Windrädern und beschäftigt sich stark mit der Nutzung von Wasserstoff, wie Kühnel ausführte.

"Aus der grauen Maus Bundorf wurde ein Elefant"

110 Stimmen mehr waren es am Ende, die Chemnitz den ersten Platz bescherten und Bundorf den zweiten. "Wenn man schon unter den letzten Drei ist, wäre der erste Platz natürlich das i-Tüpfelchen gewesen, zumal es so knapp war", sagt Bundorfs Bürgermeister im Gespräch mit der Redaktion am Tag nach der Preisverleihung. Dennoch freue man sich darüber, überhaupt in die Endausscheidung gekommen zu sein, und auch über den zweiten Platz.

"Insbesondere das Zusammenspiel von Strom und Wärme wird in Zukunft eine immer zentralere Rolle spielen."
Pascal Lang, Vorstandsvorsitzender EGIS eG

"Wir freuen uns sehr über den zweiten Platz und sind stolz darauf, dass unser genossenschaftliches Projekt unter den Finalisten war", erklärt der Vorstandsvorsitzende der EGIS eG auf Anfrage der Redaktion. Die Anerkennung unterstreiche, wie bedeutend ein ganzheitlicher Ansatz für eine erfolgreiche Energiewende sei, ergänzt Lang. "Insbesondere das Zusammenspiel von Strom und Wärme wird in Zukunft eine immer zentralere Rolle spielen."

"Aus der grauen Maus Bundorf wurde ein Elefant", hatte Bürgermeister Endres seinen Vortrag im Rahmen der Preisverleihung geschlossen. Vor Ort ist man in puncto Energie also nun erst einmal zukunftsfähig aufgestellt. Eine Photovoltaik-Anlage auf der Kläranlage sei noch angedacht. Die Einnahmen indes, die die Gemeinde etwa durch die Gewerbesteuer für den Solarpark künftig erhält, sollen dem Gemeindeoberhaupt zufolge allen Bundorfer Ortsteilen zugutekommen.

 
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