
Das auf dem Kirchturm der St.-Laurentius-Pfarrkirche Bundorf in Schieflage geratene Kreuz inklusive Kugel schien nicht mehr sicher. Deshalb wurde es im vergangenen Jahr mithilfe eines Krans demontiert und anschließend von Fachleuten restauriert. Eine Zeitkapsel in der Turmkugel ermöglichte dabei einen über 140-jährigen Rückblick in das Leben der Bundorfer Bevölkerung anno dazumal.
Nachrichten aus den Jahren 1883 und 1932
Der Inhalt der Zeitkapsel bestand aus vier Berichten vergangener Tage über die Gemeinde sowie alten Zeitungsartikeln. Die beiden ältesten schriftlichen "Grüße aus der Vergangenheit" wurden in Bundorf am 25. Juni 1883 und am 30. Oktober 1932 unterzeichnet.
Die ältere Nachricht ist in deutscher Kurrentschrift verfasst, die ursprünglich mit einem Federkiel geschrieben wurde, die neuere in Sütterlin. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts werden beide Schriftarten kaum noch verwendet, sind aber Hobby-Historikern, wie Max Breitwieser vom Geschichtskreis der Stadt Hofheim, bekannt. Er übersetzte die Dokumente.

Aus der ersten Nachricht geht unter anderem hervor: Bundorf gehörte 1883 zum königlichen Bezirksamt Königshofen und war selbst der Sitz eines königlichen Oberförsters. Erst seit etwa 10 Jahren war Bundorf durch eine Distriktsstraße mit Königshofen verbunden. Der Pfarrort Bundorf zählte 1883 476 Seelen, wovon etwa 400 Katholiken, die übrigen Protestanten waren.
Seit 1871 war Bundorf im Besitz einer Post und seit 1877 im Besitz einer Telegraphenstation. In Bundorf gab es damals drei Wirtschaften. Weiter heißt es, dass am 26. Mai 1868 "die Fluren Bundorfs von einem Hagelwetter fast vollständig verheert", also verwüstet, wurden.
Einschusslöcher im Bundorfer Turmknopf
Die zweite Nachricht von 1932 berichtet unter anderem davon, dass der Turmknopf "nicht weniger als 17 Einschlusslöcher" zeigte. Entsprechend der wirtschaftlichen Notlage wurden dieser und das Turmkreuz damals mit Gelbfarbe gestrichen.
Von 1883 bis 1900 waren Bundorf glückliche, ertragreiche Jahre beschieden, heißt es weiter. Mit einer Ausnahme: Diese bildete das Jahr 1893, "das in seiner ersten Hälfte infolge der unerträglichen regenlosen Hitze ein 'Missjahr' sondergleichen war". Die Heuernte fiel ganz aus. "Alles ging in die Haßberge zum Laubstrupfen. Massenhaft wurde das Vieh weggeschlachtet und das Pfund Fleisch für zwanzig Pfennige untereinander verkauft."
Auch die Jagd ist Thema in den Nachrichten. "Die dunklen Waldketten der Haßberge, die unser Dörfchen so anmutig umschließen, bergen in ihrem Dickicht auch heute noch viel Hirschwild. So wurden allein heuer schon über zehn stattliche Hirsche erlegt", lautet der Bericht von 1932. "Neben den alten Jagdtierbeständen hat sich eine neue Art von Wild hier unliebsamerweise, seit etwa zwei Jahren, heimisch gemacht: das Wildschwein. Man will schon Rudel bis zu 40 Stück gesehen haben."
Mehrere Brände und Blitzschläge im Ort
Ebenso finden Brände, Unfälle und schwere Schicksalsschläge in den Dokumenten Erwähnung: 1886 etwa brach ein Brand im Anwesen des Tünchermeisters aus, dem das Wohnhaus zum Opfer fiel. Ebenso wurde 1904 ein Wohnhaus zerstört. Ausgebrochen war das Feuer dadurch, dass ein Mädchen mit einem brennenden Span in einem Kleiderschrank etwas gesucht hatte.
1920 brannte die Scheune des Bäckermeisters infolge eines Blitzschlags nieder. 1932 wurde ein örtlicher Bauer bei einem Gewitter, samt seinen beiden Kühen, vom Blitz im Kimmelsbacher Lindach erschlagen. Im gleichen Jahr verbrannte sich ein siebenjähriges Kind dermaßen am Herdfeuer, dass es noch am Abend starb.

Auch landes- oder weltweite Ereignisse sind in den Dokumenten vermerkt. So entsandte Bundorf zum Beispiel "118 seiner Söhne" in den Ersten Weltkrieg. "Achtzehn von ihnen starben den Heldentod für das Vaterland", heißt es weiter. Auch die Inflation der frühen 1920er-Jahre ist Thema. "In Rucksäcken trug man die Banknoten fort, wenn man zum Beispiel sich ein paar Pfund Zucker erstehen wollte."
Eine Bitte an den Heiligen Laurentius
Beide Nachrichten aus der Vergangenheit enden mit dem Wunsch: "Dass Gott mit starker Hand alles Unheil wie Feuersbrunst, Krankheit (1932 zusätzlich erwähnt: Hungersnot und Krieg) gnädig von uns fernhalten möge und dass der Heilige Laurentius, unser Ortspatron, seine mächtige Fürbitte am Throne Gottes einlege."
Der Bundorfer Alexander Klopf hat einen Bericht über das aktuelle Zeitgeschehen in Bundorf verfasst – mit Zeugnissen der Gegenwart, die nun zusätzlich in die neue Zeitkapsel gelegt wurden, um auch zukünftigen Generationen einen Einblick in die jetzige Zeit zu geben und den Brauch "Post für die Zukunft" fortzuführen.