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Ebern
Als Ebern noch eine Jugendherberge hatte: Rückblick auf das Leben und Wirken von Karl Hoch
Die Jugendherberge in Ebern.
Foto: Repro Christiane Tangermann | Die Jugendherberge in Ebern.
Bearbeitet von Nicole Schmidt
 |  aktualisiert: 27.08.2024 02:41 Uhr

Im August vor 50 Jahren starb Karl Hoch. Er war von 1917 an als Lehrer und Heimatpfleger in Ebern und prägte die Stadt nachhaltig, unter anderem durch den Anlagering, der auf seine Initiative zurückgeht und der nach ihm benannt wurde. Wie die Kreisheimatpflegerin Christiane Tangermann mitteilt, machte er Ebern auf einige bemerkenswerte Persönlichkeiten aufmerksam, die sonst vielleicht in Vergessenheit geraten wären. So setzte er Tangermann zufolge bereits 1929 Friedrich Rückert am Finanzamt der Stadt einen Gedenkstein. Ebenso würdigte er die Heimatdichter Josef Lichtenebert und Eva Wärther und bewahrte beide vor dem Vergessen.

Nicht sonderlich bekannt laut der Kreisheimatpflegerin ist, dass Karl Hoch im Frühling 1934 eine Jugendherberge in Ebern gegründet hat. "Als ich 1929 den im Argen liegenden Verschönerungsverein übernahm, fasste ich auch den Entschluss der Errichtung einer Jugendherberge, um unsere schöne Stadt in das Werk der deutschen Wanderbewegung einzubeziehen." So liest man es im sorgfältig geführte Gästebuch der "Karl-Straub-Jugendherberge Ebern" aus den 1930ern, schreibt Tangermann.

Eintragungen lassen Geschichte der Herberge lebendig werden

Die Eintragungen in diesem Buch – ob durch Gäste oder durch Karl Hoch selbst – lassen die Geschichte der von Karl Hoch gegründeten Jugendherberge wieder lebendig werden. Das Buch, das heute im Heimatmuseum Ebern aufbewahrt wird, ist voll von interessanten Beiträgen. Beispielsweise Briefen, kleinen Gedichten, Zeichnungen und Aquarellen. Angefertigt wurden sie von Besuchenden und Gästen, die aus allen Teilen Deutschlands und auch aus dem Ausland kamen und die sich Tangermann zufolge offensichtlich sehr wohl in der Herberge und in Ebern fühlten.

Die Jugendherberge wurde aber nicht nach Karl Hoch, sondern nach seinem Namensvetter Karl Straub benannt. Einem aus der Rhön stammenden, sozial engagierten Lehrer aus Würzburg, der als Vorsitzender des "Vereins für Jugendwandern" seit 1920 mit der Gründung von Jugendherbergen beauftragt war. Ziel war es, Jugendlichen mehrtägiges Wandern zu ermöglichen und die Heimat kennenzulernen, wie Tangermann schreibt. Innerhalb kurzer Zeit entstanden durch die Wanderbewegung viele Jugendherbergen in Franken.

Karl Hoch.
Foto: Repro Christiane Tangermann | Karl Hoch.

Straub, ein alter Freund von Karl Hoch, kam nach Ebern und unterstützte mit Begeisterung die Idee, eine alte Scheune neben dem Hof der Raiffeisenbank umzubauen. Am 19. Juni 1929 wurde der Kaufvertrag für diese Scheune auf den Reichsverband für Jugendwandern überschrieben.

Dann aber fehlte dem Verein das Geld zum Ausbau und auch zum Anschaffen der Inneneinrichtung. Karl Hoch geht über die Frage der Finanzierung hinweg und kommentiert nur kurz: "Im Herbst erreichte die deutsche Wirtschaft ihren tiefsten Stand. Alles hungerte nach Arbeit … Der Verein hatte kein Geld mehr. Da hieß es: mit Mut ans Werk!" Und so geschah es. Karl Hoch ging ans Werk. Das Haus wurde nun auf ihn überschrieben und zum Privathaus.  Viele Eberner Handwerker halfen mit: Baumeister Hillemeyer übernahm die Leitung, Josef Stör die Maurerarbeiten, die Zimmerarbeiten Georg Einwag, die Anstricharbeiten May und Klee, die Fenster Franz Einwag. Wie genau alles finanziert wurde, bleibt unerwähnt, informiert Tangermann.

Karl Straub trat von seinem Amt zurück

Dies alles spielte sich 1933, in der Zeit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, ab. Schnell wurden die Vereine für wandernde Jugend und der Jugendherbergsverband "gleichgeschaltet" und nationalsozialistisch ausgerichtet, so die Kreisheimatpflegerin. In einer offiziellen Begründung der Partei hierfür hieß es: "Wir sind nicht gekommen, um den Jugendherbergsverband zu zerstören … wer in Zukunft glaubt, seinen internationalen Gefühlen noch Ausdruck verleihen … und Gelder für internationale Verbrüderung pazifistischer Art vergeuden zu müssen, hat in den Jugendherbergen nichts mehr zu suchen."

Die Nationalsozialisten standen der wandernden Jugend durchaus positiv gegenüber, wobei die Volksertüchtigung nun natürlich unter dem Aspekt der Stärkung der deutschen Wehrkraft gesehen wurde. Man wollte die Jungen zu Soldaten erziehen und das Wandern wurde mit einer militärisch straffen Ordnung und einer ersten militärischen Ausbildung verbunden, erklärt die Kreisheimatpflegerin. In der Zwischenzeit war Karl Straub von seinem Amt zurückgetreten.

Pünktlich zu Ostern 1934 war die Jugendherberge fertig. Zwei große Schlafsäle für Jungen und für Mädchen standen zur Verfügung. Es gab einen Aufenthaltsraum. Das Dach war heruntergezogen worden, sodass darunter Platz für zwei Veranden war, auf denen man abends zusammensaß und wo gesungen wurde. 

Einträge aus Hamburg, Köln, Jena und München

Die Gäste kamen aus Hamburg und schrieben einen Eintrag auf Plattdeutsch ins Gästebuch. Ähnlich auch Einträge aus Köln, Jena, München. Es ist beeindruckend, wie viel Lob hier zu lesen ist, sowohl über die Jugendherberge als auch über die Stadt, so Tangermann. Schon bald wurden aber viele Gruppen der Hitlerjugend beherbergt.

Karl Hoch sammelte die Zeitungsartikel im Gästebuch. So lobte die Presse:  "Still und verträumt, von schattigen Kastanienbäumen, Birken und blühendem Rotdorn umrahmt, ist in unserem Städtchen ein Werk seiner Vollendung entgegengegangen, das für den Aufschwung Eberns, ja sogar für den ganzen Bezirk, von größtem Wert sein wird: die Jugendherberge."

Der fränkische Kurier aus Nürnberg beschrieb am 29. Juni 1934 die Jugendherberge gar als eine der schönsten des gesamten Frankenlandes. "Dazu eine kleine reizende altfränkische Stadt von historischem Werte. Prachtvolle Ringanlagen umziehen das Ganze. Zahlreiche Rückertgedenkstätten. Ebern hat Freibad, Sportplätze und Luftbad."

Aber am 1. November 1936 kam das Ende – nach nur zwei Jahren und sieben Monaten des Bestehens wurde die Jugendherberge geschlossen, heißt es in der Mitteilung der Kreisheimatpflegerin. Am Ende des Gästebuchs führt Karl Hoch ausführlich die Gründe dafür an. Die schlechten Besucherzahlen, die die Kosten kaum deckten, denn "aus Ebern wird nie eine Touristenstadt, die Leute wollen nach Coburg und Bamberg." Aber ebenso entscheidend war Tangermann zufolge die Nazi-Regierung, die keine privat geführten Herbergen wollte, sondern nur Häuser unter der Hitler Jugend-Organisation. Der Name Karl Straub war ebenso unerwünscht geworden. Die Herbergseltern sollten an nationalsozialistischen Fortbildungen teilnehmen.

Von der Jugendherberge zum Privathaus

So schloss die "Jugendherberge Karl Straub".  Und Karl Hoch baute das Gebäude zu seinem Privathaus um. Mit der ihm eigenen Energie und dem Mut, etwas Neues zu schaffen, widmete er sich dem Anlagering um Ebern, in dem man ihn noch im hohen Alter – er wurde 85 Jahre – spazieren gehen sah. Hoch starb am 14. August 1974.

Anmerkung: Trotz sorgfältiger Recherche konnte der Rechteinhaber der Bilder nicht ermittelt werden. Rechteinhaber werden gebeten, sich bei der Redaktion zu melden.

 
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