Die Frage des Fußballerliedes "Wer hat die Welt so schön gemacht, wer hat das Fußballspiel erdacht", lässt sich für Deutschland beantworten: Der Braunschweiger Lehrer Konrad Koch führte 1874 als Ergänzung des Turnunterrichtes das Spielen mit einem Ball ein. Ein englischer Chronist hatte die Sportart schon lange zuvor wie folgt beschrieben: "Der Ball ist aus Leder, groß wie ein Kopf und mit Luft gefüllt. Er wird getragen oder mit dem Fuß durch die Straßen getrieben – von demjenigen, der ihn erreichen kann. Weiterer Kenntnisse bedarf es nicht."
Der 1908 gegründete FC Zeil ist der älteste Fußballclub im heutigen Landkreis Haßberge. Der Fußballsport galt in den Anfangsjahren als vulgäre Sportart. In der Anfangszeit waren die Fußballer als wahre Räubergesellen verpönt. Als der einstige Zeiler Rektor Josef Gaßner zum Ehrenbürger ernannt wurde, erinnerte er sich, dass die Kicker in den Zeiten des "Steinzeitfußballes" in den 20-er Jahren als ausgesprochene Rowdys galten.
Als der Zeiler Pfarrer eine Wiese zur Verfügung stellte
Der Zeiler Fußballpionier und Schiedsrichter-Obmann Peter Dütsch erzählte 1958, die Gründungsmitglieder von 1908 hätten eher als "Illegale" gegolten. Sie waren bei Ämtern und Behörden – im Gegensatz zu den vaterländischen Turnern - nicht gerne gesehen. Dennoch erbarmte sich Pfarrer Dümler, den FClern eine Wiese der Pfarrpfründe zu überlassen. Dütsch erinnerte sich, dass der FC Zeil im Jahr 1921 die Spielvereinigung Fürth 2:1 schlug. Der Erfolg gegen die Elf einer so großen Stadt machte damals gewaltigen Eindruck.
Verrohung der Sitten und Gefahr für den Körper
Schon vor dem 1. Weltkrieg hatten Eltmanner Burschen einen Fußballclub ausgerufen. Wegen der verrufenen Sportart wollte die Stadt jedoch erst ihre Bürgerinnen und Bürger befragen. Infolge des Kriegsausbruches kam es allerdings erst 1920 zur Gründung des SC, der heutigen SG Eltmann. 1915 konnten noch vereinzelt Fußballspiele durchgeführt werden. Im weiteren Kriegsverlauf war das immer schwieriger. Die Bezirksämter in Ebern, Haßfurt und Hofheim verboten in diesem Jahr den Volks- und Fortbildungsschülern das Fußballspielen. Das Spiel verrohe nicht nur die Sitten, sondern setze den in seiner Entwicklung begriffenen Körper schweren Gefahren aus.
Wie ein Zeiler Fußballer aus dem Felde schrieb, wurde auch hinter der Front eifrig Fußball gespielt. Eine Empfehlung an die Freunde in der Heimat lautete: "Stellt eure Sportsache immer mehr in den Dienst des Vaterlands, spielt ständig und ihr werdet, wenn der Kaiser euch ruft, dann auch brauchbare Soldaten werden."
Held auf dem Fußballplatz, Held an der Front?
Stolz war man bei den Zeiler 08er, als drei aktive Mitglieder des Fußballclubs für hervorragende Leistungen ausgezeichnet wurden. Die Heimatzeitung schrieb: "Die Leitung des Sportvereins, die jederzeit bestrebt war, ihre Spieler zu brauchbaren Mitgliedern des Vaterlandes heranzubilden, kann stolz sein auf solche tapferen Helden". Draufgängerisches Verhalten war beim Fußball ebenso erwünscht wie im Krieg. Wie sich Haßfurter Fußballpioniere erinnerten, haben auch ihre FCl-er hinter der Front dem Fußballspiel gehuldigt.
Erst zum Jahresbeginn 1917 etablierte sich auch in Haßfurt ein Fußballclub. Trainiert hat man auf dem alten Turnplatz am See. Ein Fußball wurde mühselig durch Spenden der Mitglieder beschafft. Wer am höchsten kickte, war der Beste, erinnerte sich später ein Gründungsmitglied und durch "die Liebenswürdigkeit des Gutspächters Merkel" konnte sich der FCH auf dem heutigen Platz an der Flutbrücke etablieren.
Spielermangel führt Haßfurt und Zeil zusammen
Im Januar 1917 konnte trotz kriegsbedingter Ausfälle gerade noch eine Vollmannschaft des eben erst gegründeten FC Haßfurt ein Spiel gegen Bad Kissingen austragen. Angesichts der vielen zum Heeresdienst Einberufenen reichte es bald nicht mehr für eine Elf aus. So bildeten die Clubs von Haßfurt und Zeil eine "Spielvereinigung Zeil-Haßfurt" und trugen vor "Gönnern des beliebten deutschen Sports" eine Partie gegen Schonungen aus. Seltsam: Der Austragungsort für diese Begegnung mitten im Krieg war eine Wiese in Sand-Wörth.
Im Zusammenhang mit den Kriegen sind später Fußballclubs entstanden und sogar Spielerpersönlichkeiten hervorgegangen. So waren es Sander Kriegsteilnehmer, die - aus der Gefangenschaft im Mutterland des Fußballs zurückgekehrt - 1920 den FC Sand gründeten. Gespielt wurde zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Zum Teil abenteuerliche Finanzierung von Trikots und Schuhen
Zu den Pionieren des Fußballsports gehören die Ziegelangerer, die sich 1921 im Kreis Haßfurt als 5. Fußballclub etabliert haben. Spenden und der Verkauf von Heilkräutern ermöglichten die Beschaffung von Trikots und Schuhen. In Prölsdorf verkauften man massenhaft Eier für den Erwerb von Fußballschuhen. Spiele fanden in den Anfangsjahren auf allen möglichen Wiesen statt. Deren Besitzer wussten oft nichts davon und traten des Öfteren auf den Plan. Oft brauchte man für ein Spiel bis zu drei Wiesen, weil die Eigentümer die Kicker immer wieder verscheuchten.
Während der Wirtschaftskrise waren die meisten Spieler ohne Einkommen. Dennoch fuhren sie zu Auswärtsspielen. Kameraden, die finanziell besser gestellt waren, übernahmen die Auslagen. Um den Fußballsonntag gebührend ausklingen zu lassen, verdienten sich die Balltreter beim anschließenden Umtrunk Bier und Brotzeit durch Gesangseinlagen. Darauf verstanden sich offenbar die Ziegelangerer, von denen einige dem Geselligkeitsverein "Immer lustig" angehörten.
Zeil, Eltmann und Haßfurt verbieten den Straßenfußball
Nach dem ersten Weltkrieg verboten die Schulbehörden der Jugend das Fußballspielen. Zu den schon immer gehegten "schwerwiegenden Bedenken" kam noch die schlechte Ernährungslage hinzu. Trotz des Verbotes kickten viele Buben auf der Straße. Das jedoch verboten in den 20-er Jahren die Stadträte von Haßfurt, Zeil und Eltmann.
1927 schuf man in Ebern einen Turn- und Sportplatz, auf welchem Fußball nur im Rahmen des Turnvereins betrieben werden durfte, "damit eine zu starke, einseitige Betonung des Fußballsports auf Kosten der edlen Turnsache vermieden wird."
Dass das Fußballspielen früher nicht den besten Ruf genoss, war wohl der oft ruppigen Spielweise geschuldet. Was zwei Zeitungsberichterstatter 1920 über eine Begegnung zwischen den FC Haßfurt und den FC 08 Zeil schrieben, lässt ahnen, wie es ziweilen auf den Plätzen zuging. Das Spiel, das die Zeiler mir 3:2 gewonnen haben, war wohl von einer beispiellosen Rohheit geprägt. Der Spielführer des FCH soll laut Zeitungsbericht nach dem Abpfiff geschrien haben, "Messer her, ich ersteche die Lumpen. Der Schiedsrichter und fünf Zeiler müssen heute noch verrecken!" Tatsächlich hat man hernach im Gasthaus "Zum Löwen" "nur" einen Zeiler Spieler mit einem Bierglas traktiert.
Aus einem Spiel wurde eine Massenschlägerei
1934 kamen bei einem Spiel Hofheim gegen Haßfurt an der Außenlinie zwei Spieler zu Fall. Aus dieser harmlosen Situation heraus entwickelte sich eine wüste Schlägerei. Wörtlich heißt es in der Heimatzeitung: "Wie Tiger stürzten sich die Hofheimer Zuschauer auf Bott und versuchten ihn zu Boden zu reißen. Sponsel suchte Bott aus der Umklammerung frei zu machen und auch ihn griff man tätlich an. Von allen Seiten strömten die Zuschauer auf den Platz und die Schlacht fing an. Mit Stöcken, Schirmen und Fahnenstangen wurde zugeschlagen. Ein großer Teil huldigte dem edlen "Boxsport". Dabei bekam auch der Unparteiische sein Fett weg. Den Hofheimern hielt man in der Zeitung vor, sie verstünden es immer wieder, sich als zahme Lämmchen hinzustellen, seien aber reißende Wölfe". Kein Wunder, dass es noch lange dauerte, bis sich der Fußballsport von dem Stigma frei machen konnte, eine "Räubersportart" zu sein.
Sander Ruf als gute Fußballer reicht weit zurück
1932 schreibt die Heimatzeitung: "In jüngster Zeit hat sich das Korbmacherdorf Sand noch auf einem anderen Gebiet einen klingenden Namen gemacht: ,König Fußball' ist bei den Sandern zu Hause und die Korbflechter-Ligisten sind in ganz Unterfranken als erstklassige, gefährliche Gegner wohl bekannt. Sie spielen einen technisch hochstehenden Fußball. Gesundheitlich ist wohl das Fußballspielen in Anbetracht der sitzenden Lebensweise für die Sander Jugend als Ausgleich zur gebückten Korbflechterhaltung, als gesundheitsfördernd zu begrüßen."
Nach Krum kam der Fußball, als zu Beginn des Dritten Reiches die Nazis den Arbeitsdienst einführten. Im Dorf waren 1933 junge Männer mit Arbeiten am Mühlrain beschäftigt. Sie schliefen auf primitiven Strohbetten im Hümmer-Saal. Nach Feierabend pflegten die Männer Fußball zu spielen, was bei der Dorfjugend auf großes Interesse stieß. Leider verfügte sie nicht, wie die Arbeitsdienstler, über einen Fußball. Doch da gab es ein Preisausschreiben der damals ganz populären Schuhcrem-Firma Pilo.
Krümler Buben gründeten den Pilo-Club
Bei einer Werbeaktion sammelte die Schulkinder 100 Pilo-Schuhcremedeckel. Als Preis erhielten die Buben einen Ball geschenkt. Daraufhin wurde der Pilo-Club gegründet. Doch die älteren Jugendlichen schlossen den Ball während der Woche ein. So suchten die Knirpse auch nach einem Weg, zu einem runden Leder zu kommen. Sie sammelten drei Handwagen voll Altpapier. Mit dem Erlös von 5 Reichsmark konnten sie sich einen eigenen Ball beschaffen und unter der Woche dem Straßenfußball frönen. 1936/37 wurden die Jugendlichen dann in die Hitlerjugend überführt. Die hatte mit den jungen Leuten dann etwas ganz anderes im Sinn. Die Gründung des FSV Viktoria geht 1948 auf die Initiative des Pfarrers Dr. Anton Kehl zurück.
Eine Telefonmast mitten auf dem Spielfeld
Was passieren konnte, wenn Äcker oder Wiesen zu Fußballplätzen umfunktioniert wurden, wird am Beispiel der Spielfreunde Holzhausen deutlich. Da ließ sich in den 30-er Jahren ein Landwirt dazu überreden, für das Fußballspielen ein Stück Wiese zur Verfügung zu stellen. Nur hatte dieser "Sportplatz" einen Schönheitsfehler: Auf dem Grundstück stand ein Telefonmast. Da blieb auch öfter mal ein Ball in den Drähten hängen. Besonders die auswärtigen Spieler mussten öfter mal gewarnt werden: Vorsicht Mast! Anders als heute hielt man es damals mit der Devise, dass auf dieser Welt eben nichts vollkommen ist.