Der Steigerwald - ein riesiger Staatsforst? Falsch: Wald nimmt im gleichnamigen Naturpark etwa 510 Quadratkilometer ein. Nur ein Drittel davon, 170 Quadratkilometer, bewirtschaftet das Forstamt Ebrach. Da liegt sogar der Privatwaldanteil mit 190 Quadratkilometern höher; 150 Quadratkilometer sind Körperschaftswald. Zum Größenvergleich: Der Landkreis Haßberge ist 956 Quadratkilometer groß.
Im Fokus des öffentlichen Interesses steht trotzdem der Staatswald: Weil sich Naturschützer genau hier einen Nationalpark wünschen. Und weil sie deshalb genau hinschauen, wenn Motorsägen in den staatlichen Waldabteilungen vermeintlich zu viele oder für die Ökosysteme zu wertvolle Bäume fällen.
Daniel Steuer, stellvertretender Betriebsleiter des Forstbetriebs Ebrach, hat der Redaktion Einblick in die Holznutzung gegeben. "Bei uns gibt es keinen Zaun und kein Werkstor, bei uns ist alles offen", sagt der 50-Jährige. Die Staatsforsten machten kein Geheimnis aus ihrer Waldbewirtschaftung. Also dann:
Werden so viel Bäume gefällt, dass der Holzvorrat im Staatsforst zurückgeht?
Nein, sagt Steuer, und legt die Kennzahlen aus den beiden jüngsten Inventuren von 2010 und 2016 vor. Der Vorrat sei gestiegen. Und zwar im genannten Zeitraum um zwei Prozent auf 5,12 Millionen Kubikmeter. Dieser Trend werde sich auch 2022 in den nächsten Inventurdaten widerspiegeln, ist sich der Forstwissenschaftler sicher. Auch beim "Steigerwald-Baum" schlechthin, der Buche, haben die Förster einen zweiprozentigen Zuwachs gemessen. Bei den dicken Bäumen, die in "Brusthöhe" (1,30 Meter) einen Stammdurchmesser über 60 Zentimetern haben, vermeldet der Forstbetrieb von 2010 bis 2016 einen Zuwachs von fast 20 Prozent.
Wie viel Holz wird pro Jahr entnommen - und um welche Baumarten geht es?
Jahr für Jahr wachsen im Staatswald rund 140 000 Kubikmeter Holz nach. Die mittelfristige Forstwirtschaftsplanung sieht einen jährlichen Einschlag von 103 000 Kubikmetern vor. Daniel Steuer, der auch Holzverkaufsleiter für den Ebracher Staatsforst ist, betont aber, dass dem Wald in Wirklichkeit deutlich weniger Rohstoff entnommen wird, als die "Planzahlen" vorgeben. In der letzten Dekade sollen es nur 96 000 Kubikmeter pro Jahr gewesen sein.
Betrachtet man den Zeitraum 2013 bis 2021, so entfällt im Jahresdurchschnitt mehr als die Hälfte des Einschlags, 46 000 Kubikmeter, auf die Buche. Es folgen Kiefer (22 000), Fichte (20 200) und Eiche (8000). Die Verwertungsquoten liegen beim Laubholz bei 70 und beim Nadelholz bei 85 Prozent. Der ungenutzte Rest - bei der Buche fast 14 000 Kubikmeter - bleibt im Wald: Als Tot- und Moderholz dient es als Lebensraum etwa für Pilze und Insekten, die auf diese Art Biotop angewiesen sind.
Was ist der Verwendungszweck des Holzes aus dem Steigerwald?
Stammholz, das Segment mit der höchsten Wertschöpfung, macht gut zwei Drittel des geschlagenen Holzes aus. Es sind die typischen Baumstämme ohne Stumpf, Geäst oder Wipfel, wie man sie im Wald lagernd oder von Schwertransportern her kennt. Stammholz ist der Rohstoff schlechthin für die Holzwirtschaft: Sägewerke verarbeiten es zu Brettern und Balken (Schnittholz), Furnierwerke zu Furnier. In den letzten Jahren hat die Kiefer mit jeweils rund 15 500 Kubikmetern die meisten Stämme geliefert. Platz 2 und 3 belegen Buche (14 800) und Fichte (14 600). Die Eiche spielt mit 3750 Kubikmetern eine geringere Rolle. Die gesamte Stammholz-"Ernte" im Steigerwald ergibt knapp 49 000 Kubikmeter pro Jahr.
Nummer 2 bei der Verwertung ist mit gut 18 000 Kubikmeter das Brennholz. Hier ist die Buche mit etwas mehr als 14 000 Kubikmeter fast alleiniger Lieferant. Der Steigerwald-Symbolbaum liefert also nahezu in gleichem Maße Stammholz wie Brennholz. Der Energieholzanteil bei der Eiche beträgt 2100 Kubikmeter, bei den Nadelhölzern liegt er weit darunter.
Grob ein Zehntel des genutzten Holzes, etwa 7300 Kubikmeter pro Jahr, fällt in die Kategorie Industrieholz. Es ist von geringerer Qualität und Stärke als Stammholz und gelangt in die Produktion von Span- und Faserplatten oder dient als Zellstoff der Herstellung von Pappe, Papier und Textilien. Hauptlieferant ist wiederum die Buche, zusammengenommen übertrifft der Nadelholzanteil am Industrieholz aber denjenigen des Laubholzes.
Wer nimmt das Holz ab?
"Niemand hat Lust, Holz weit zu fahren", sagt Daniel Steuer. Der Rohstoff ist schwer, sperrig und verlangt nach schneller Verarbeitung. Holz sei ergo ein regionales Produkt: Brennholz findet seine Abnehmer ausschließlich im Umkreis von 50 Kilometern. Weiter schaffen es laut Forstbetrieb Ebrach auch 89 Prozent des Buchen- und 95 Prozent des Eichenstammholzes nicht. Die Masse der Nadelholzstämme verbleibt im Freistaat, nichts davon soll ins Ausland gehen. Abnehmer der Region sind zum Beispiel die Sägewerke Reitz in Wonfurt, Gunreben in Strullendorf, Müller in Reupelsdorf, Schonath in Scheßlitz, Reinlein in Geiselwind, Gleitsmann in Wippfeld oder Pollmeier in Aschaffenburg.
"Sobald das Holz in den Firmen verarbeitet ist, gelangt es natürlich auf einen globalen Markt", weiß Förster Steuer, dass Balken, Bretter oder Furniere aus dem Steigerwald sehr wohl per Schiff nach China oder in die USA gelangen können. Unumstößlich gelte aber die Regel: "Unsere Käufer dürfen die Stämme nicht als Stämme weiterverkaufen."
Das Brennholz holen sich je zur Hälfte gewerbliche Anbieter und private Haushalte. Privatpersonen können sich beim Forstamt für das sogenannte Polterholz bewerben.
Werden im Steigerwald die schönsten, dicksten und ältesten Buchen gefällt?
Diesen Vorwurf kennt Daniel Steuer, er bestreitet ihn. Er spricht von einer freiwilligen Selbstverpflichtung mit wenigen Ausnahmen, Buchen mit einem Stammdurchmesser ab 80 Zentimeter als Biotopbäume stehen zu lassen. Die Zahl dieser Exemplare sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Für die Forstwirtschaft verlören Buchen ab einem bestimmten Alter ohnehin an Reiz. Sie entwickeln eine "Rotkernigkeit" - ein Schönheitsfehler für Furnier- und Sägeindustrie, weil Kunden beim Möbelkauf oder Innenausbau auf gleichmäßiges helles Holz achten. Die "ideale Buche" wird im Alter von 120 bis 160 Jahren geschlagen; die ältesten Buchen im Steigerwald reichen an die 300 Jahre heran.
Und was kostet ein Kubikmeter Holz beim Forstbetrieb Ebrach?
Eine schwierige Frage, sagt Förster Steuer. Weil der Holzpreis je nach Angebot und Nachfrage stark schwankt. Und weil es verschiedenste Qualitätsklassen gibt. Aber eine Größenordnung nennt der 50-Jährige doch: Mit zwischen 40 und 55 Euro je Kubikmeter ist Industrieholz am günstigsten. Der Brennholzpreis lag 2020 um die 65 Euro pro Kubikmeter. Stammholz kann, je Qualität, mal 60 Euro, mal 180 Euro kosten. Obwohl Holz ein begehrter Rohstoff ist und sich damit viel Geld verdienen lässt, versichert Daniel Steuer: "Wir gestalten den Wald so, dass er stabil, ertragsreich und artenreich ist."
Was den Staatswald im Steigerwald prägt: