
Als das Ärzteehepaar Barbara und Heinrich Goschenhofer 1988 mit drei kleinen Kindern nach Hofheim (Lkr. Haßberge) zog, um eine Hausarztpraxis zu übernehmen, war in der Umgebung kulturell wenig los. "Es gab nichts. Ich selbst habe leidenschaftlich gesungen und war von Würzburg her gewohnt, immer Musik um mich zu haben", erzählte Barbara Goschenhofer jüngst im Schüttbau im Ortsteil Rügheim. "Damals herrschten 20 Stunden Präsenzpflicht, es gab keine Handys, wir waren angebunden wie Kettenhunde."
Dass sich das kulturelle Angebot erheblich besserte, ist nicht zuletzt Verdienst von Barbara Goschenhofer, die bald nach der Ankunft Vorsitzende des Vereins Kultur e.V. wurde, der unter anderem seit zehn Jahren die Meisterkonzerte veranstaltet, die soeben runden Geburtstag feierten - zusammen mit dem Schüttbau, der seit 30 Jahren Tagungs- und Kulturzentrum ist, zunächst in der Trägerschaft des Bezirks Unterfranken, seit 2019 in Eigenregie der Stadt Hofheim.
Der Keller des Baus von 1548 ist inzwischen ein Konzertsaal mit ausgezeichneter Akustik
Hier, im Keller des historischen Baus von 1548, inzwischen ein Konzertsaal mit ausgezeichneter Akustik, finden pro Saison sechs Termine mit Spitzensolistinnen und -solisten und -ensembles statt. Seit 2019 ist der Geiger und Ensembleleiter Friedemann Wezel künstlerischer Leiter der Reihe. Wezel ist Professor an der Hochschule für Musik "Felix Mendelssohn Bartholdy" in Leipzig und in der Szene bestens vernetzt.
So konnte er Prominenz wie die Bratschistin Tabea Zimmermann oder die Geigerin Carolin Widmann in die tiefste Provinz locken. Beide genossen hier, wie viele andere, die familiäre Atmosphäre, die sich so sehr vom Kulturbetrieb in den Metropolen unterscheidet.

Familiär ging es auch beim Geburtstagssonderkonzert mit der "klassischen Band" (Selbstbezeichnung) Spark zu, die höchst virtuos Elemente von Klassik, Pop und Avantgarde verschmilzt - im aktuellen Programm Werke und Songs von Bach, den Beatles und Luciano Berio (1925-2003). Das Geburtstagspublikum jedenfalls war auch nach 90 intensiven und extrem abwechslungsreichen Minuten nur ungern bereit, die fünf Musikerinnen und Musiker ziehen zu lassen.
"Mir ist wichtig, dass es nicht nur spektakulär zugeht, sondern vor allem besonders, und das möglichst auf allen Ebenen", sagt Wezel. Das könne auch ein besonderer Klavierabend mit Bernd Glemser sein (19. Oktober) oder ein Streichquartett, wie das junge Elaia Quartett, das am 7. Dezember erwartet wird. Die Musikerinnen sind Stipendiatinnen der Konzertförderung Deutscher Musikwettbewerb, auch das ist Teil des Konzepts von Friedemann Wezel. "Diese Programme können vor dem Hintergrund von Spark - und auch im Kontrast dazu - womöglich ganz anders empfunden und neu wahrgenommen werden."
In jeder Saison gibt es eine besetzungstechnische Besonderheit im Programm
Er biete gerne unterschiedliche Kombinationen und Genres an, sagt Wezel, von den klassischen Kammerensembles über den Klavier- oder Liederabend bis hin zu A-Cappella-Formationen oder dem Gipsy-Jazz-Trio von Gismo Graf, das am 8. Februar zusammen mit dem Geiger Christiaan von Hemert im Schüttbau gastiert. In jeder Saison gebe es zudem eine besetzungstechnische Besonderheit, diesmal ist es das Tuba-Trio 21meter60 (29. März).
So sei es inzwischen gelungen, ein Stammpublikum auch über die Region hinaus zu gewinnen, sagt Friedemann Wezel: "Ich bewundere die Offenheit unserer treuen Besucher sehr, die mir immer wieder versichern, wie sehr sie sich auf jede neue Konzert-Begegnung freuen und wie sie sich voller Neugierde vertrauensvoll hineinbegeben in jedes einzelne Konzert." Deshalb sei auch die "Corona-Delle" schnell wieder ausgeglichen gewesen. Im Gegenteil: "Die Krise ist bei unserer Reihe mittlerweile einem riesigen Interesse gewichen."
Alle Informationen zur aktuellen Saison der Meisterkonzerte im Schüttbau Rügheim unter schuettbau-meisterkonzerte.de