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Elfershausen
Totes Wildschwein bei Elfershausen: Wolf unter Verdacht
Jäger üben Kritik am Landesamt für Umwelt. Wird dort das Aufkommen des Wolfes in der Region unterschätzt?
Immer wieder streifen Wölfe durch Bayern. Dieses Bild stammt allerdings aus dem Wolfcenter von Dörverden (Niedersachsen).
Foto: Ingo Wagner | Immer wieder streifen Wölfe durch Bayern. Dieses Bild stammt allerdings aus dem Wolfcenter von Dörverden (Niedersachsen).
Wolfgang Dünnebier
 |  aktualisiert: 07.04.2020 09:58 Uhr

Der Fund eines gerissenes Wildschweins vergangene Woche bei Elfershausen elektrisiert Teile der Jägerschaft. "Es war der Wolf", ist sich Daniel Lohfink sicher. Einen anderen Verantwortlichen für den Tod des 25 bis 30 Kilogramm schweren Tieres kann sich der Kreisvorsitzende des Bayerischen  Jagdverbands kaum vorstellen. Zumal es markante Biss-Spuren gegeben habe.      

Experten kamen nicht selbst vorbei

Vor Ort zur Begutachtung waren auch die Untere Naturschutzbehörde und der Amtsveterinär. Was fehlte, war ein Vertreter des Landesamtes für Umwelt (LfU). In bestimmten Fällen schickt es einen Vertreter des Netzwerkes Große Beutegreifer, um Gewissheit zur Todesursache zu bekommen. Doch der Posten des Netzwerkes im Landkreis ist aktuell unbesetzt.

So stützte das Landesamt seine Ferndiagnose auf zugeschickte Bilder.  Darauf sehen die Experten in Augsburg aufgrund des starken Nutzungs- und Verwesungszustands  des Kadavers keine Hinweise auf Wolfsbeteiligung.    

Genproben nur bei gerissenen Nutztieren

Daniel Lohfink wundert sich, warum in solchen Zweifelsfällen keine Genproben genommen werden.  Seinen Gedanken, dass dies mit Personalmangel des Netzwerkes Große Beutegreifer zu tun haben könnte, weist das LfU zurück. "Genproben werden genommen, wenn sich im Rahmen der Erstdokumentation von Nutztier-Rissen vor Ort nicht ausschließen lässt, dass ein Großer Beutegreifer beteiligt war", heißt es von dort.

Bei Wildtieren, die zum natürlichen Nahrungsspektrum des Wolfs gehören, werde in der Regel kein Genmaterial entnommen.  Bei Bedarf wäre der nächste Netzwerker in Main-Spessart nur 25 Kilometer vom Fundort entfernt gewesen.  Bayernweit umfasse das Netzwerk rund 200 ehrenamtliche Mitarbeiter.           

Breites Nahrungsspektrum

Dass es durchaus üblich ist, dass Wölfe Wildschweine reißen, räumt das LfU ein. Der Beutegreifer habe ein breites Nahrungsspektrum. Es reicht vom Aas über Kleinsäuger bis hin zu großen Huftieren. In Mitteleuropa sind dies bei Wildtieren vor allem Rehe, sowie Rot- und Schwarzwild. Laut Nahrungsanalyse von mehr als 6500 Kotproben von Wölfen machen Wildschweine 17,6 Prozent der Nahrung eines Wolfes aus.

Insgesamt wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Wölfe auftauchen.  Anfang November berichtete ein Teilnehmer an einer Drückejagd der Bayerischen Staatsforsten im Neuwirtshäuser Forst, er habe vom Hochsitz aus einen Wolf beobachtet.

Grundsätzlich können in Bayern jederzeit einzelne Wölfe zu- oder durchwandern, bestätigt das LfU. Vor allem junge Rüden wandern auf der Suche nach einem eigenen Territorium täglich 50 bis 70 Kilometer und legen insgesamt weite Strecken zurück.  Die Sichtungen nehmen zu, so auch in den Landkreisen Rhön Grabfeld und Main-Spessart

Lohfink sieht Widersprüche 

Allerdings sind auf einer Karte des LfU im Internet nicht alle Wolfssichtungen zu finden. Auch die Beobachtung  aus dem Neuwirtshäuser Forst fehlt. Das Monitoring dort erfolgt laut der Behörde anhand europaweit standardisierter Kriterien. Als Nachweise werden nachvollziehbare Fakten gewertet, wie Fotos oder genetische Nachweise. Hinweise, die nicht nachprüfbar sind, werden registriert, aber nicht als gesichert auf der Webseite veröffentlicht.

Daniel Lohfink findet dieses Vorgehen widersprüchlich. Einerseits werde wenig für genetische Nachweise getan, anderseits liege die Messlatte für die Dokumentation der Ausbreitung des Wolfes sehr hoch. "Wir haben kein Problem mit dem Wolf", versichert er. Man wolle aber wissen, was sich im Wald tut. Und daraus die erforderlichen Konsequenzen ziehen. Eine davon ist jetzt schon mal die Empfehlung an Hundehalter, ihre Vierbeiner an der Leine zu halten.   

Näheren Aufschluss über das Vorkommen des Wolfes in der Region könnte die Auswertung der Bilder von der Wildbrücke über die Rhönautobahn bei Oberthulba geben. Sie zeichnet ständig auf. Zuständig ist die Autobahndirektion Nordbayern.  Zuletzt sind die Bilder 2017 ausgewertet worden. Die nächste Sichtung des gewonnenen Materials steht für den Sommer 2019 an.

Umgang mit dem Wolf
Ist der Wolf gefährlich?
Der Wolf ist von Natur aus vorsichtig und weicht dem Menschen aus. Seit der erneuten Anwesenheit von Wölfen in Deutschland hat es keinen Angriff auf Menschen durch Wölfe gegeben. In den letzten 50 Jahren sind in Europa neun Fälle von tödlichen Angriffen auf Menschen bekannt geworden, fünf davon durch tollwütige Tiere. Bei weiteren vier Ereignissen waren die Tiere vorher angefüttert worden und damit bewusst an den Menschen gewöhnt worden.
 Wie verhalte ich mich, wenn ich einem Wolf begegne?
Der Wolf reagiert auf den Anblick von Menschen vorsichtig, aber er ergreift nicht immer sofort die Flucht. Oft zieht sich das Tier langsam und gelassen zurück. Falls doch eine Begegnung stattfinden sollte, beachten Sie bitte folgende Regeln: • Haben Sie Respekt vor dem Tier. • Laufen Sie nicht weg. Wenn Sie mehr Abstand möchten, ziehen Sie sich langsam zurück. • Falls Sie einen Hund dabei haben, sollten Sie diesen in jedem Fall anleinen und nahe bei sich behalten. • Wenn Ihnen der Wolf zu nahe erscheint, machen Sie auf sich aufmerksam. Sprechen Sie laut, gestikulieren Sie oder machen Sie sich anderweitig deutlich bemerkbar. • Laufen Sie dem Wolf nicht hinterher. • Füttern Sie niemals Wölfe – die Tiere lernen sonst sehr schnell, menschliche Anwesenheit mit Futter zu verbinden und suchen dann eventuell aktiv die Nähe von Menschen. (Quelle: Landesamt für Umwelt) 
 
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  • A. K.
    Mir geht das Herz auf wenn ich Ihre Kommentare lese!
    Wirklich! Dank hierfür!

    Wie viele Wildtiere lassen täglich ihr Leben im Straßenverkehr (oder sterben elend an den Folgen). Wie viele Nutztiere müssen unter mangelnden Haltungsbedingungen leiden (und sterben in diesen)!
    Verwundet ein Tier ein Tier: tötet es - oder zahlt den Schadenersatz!
    Tut ein Mensch sowas- ach , halb so wild???
    Leider ist es so ;-(((
    MfG
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  • C. L.
    Die Jäger haben natürlich Probleme mit Raubzeug. Deswegen werden immer noch Füchse bejagt und Marderartige wie der Dachs. Auch wenn sie es nie zugeben würden, Trophäenschau und Angeberei, was sie erlegt haben, ist in Jägerkreisen üblich.
    Es zielt darauf hinaus, dass der Wolf bejagt werden darf auch wenn er die geringste Gefahr für den Bürger darstellt.
    D ist zu stark besiedelt, als dass sich hier Wölfe AUSBREITEN können. Der Wolf ist sehr scheu ebenso wie der Luchs, den es ebenfalls bei uns auch schon gibt.
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  • H. J.
    Der Wolf sorgt für ein natürliches Gleichgewicht. Wer kann sich an den Bericht über Yellostone erinnern? Der Wolf wurde durch die Menschen ausgerottet. Ein fataler Fehler, wie sich nach einiger Zeit herausstellte. Also wurde er wieder angesiedelt, und siehe da, die Natur hat sich wieder erholt. Die Tierwelt ist von der Anzahl wieder ausgeglichen, sogar der Puma siedelt sich wieder an. Und ein gesundes Wildschwein wird nicht vom Wolf gerissen. Zumal die Wölfe im Rudel jagen.
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  • C. L.
    den Yellowstone mit D zu vergleichen, hinkt. Die Bevölkerungsdichte ist hier viel höher. Allerdings wird der Wolf wohl lernen, dass an den Kirrungen (Futterstellen für Wild, weil diese ja so Hunger leiden) der Wolf lauern wird und somit das Wild auch scheuer sein wird.
    Somit wird es für den gestressten Jäger schwieriger seine Quoten zu erfüllen, denn er hat einen Konkurrenten, der mehr Zeit hat, an den Kirrungen aufs Wild zu warten
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  • G. K.
    Ja, ich bezweifle auch, dass ein Wolf ohne Rudel ein gesundes Wildschwein angreift.
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  • D. L.
    Tolle Kommentare allerdings am Thema vorbei! Es geht hier überhaupt nicht um das gerissene Wildschwein und ob es zu viele Wildscheine gibt. Es geht darum, das wir und damit meine ich nicht nur Jäger sondern alle die den Wald in irgendeiner Form nutzen, wissen möchte ob der Wolf hier ist. Evtl. sind es mehrere, sind es immer wieder verschiedene? Es jammert niemand und es beschwert sich niemand, das der Wolf als Kontrahent da ist. Ich denke es ist für jeden interessant der im Wald unterwegs ist zu wissen, wer ihm dort begegnen kann. Gerade die Wolsfreunde sollten sich über jede Information freuen!!!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Yep. Der Wolf frisst das Wildschwein. Das passt doch.
    BTW. Ein Wolf hat mich noch nie angefallen, sehr wohl ein Jäger schon mal knapp verfehlt. Wer ist gefährlicher?
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  • S. R.
    Na der Jäger ganz offensichtlich ja nicht wenn er nix trifft...
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  • U. S.
    In 50 Jahren 9 tödliche Angriffe auf Menschen in Europa. Oh wie schlimm!

    Wie viele Tote gab es in der Zeit durch Jäger weil wieder einmal ein völlig Unbeteiligter getroffen oder ein Mit-Jäger mit einem Wildschwein verwechselt wurde? Ganz zu schweigen von unzähligen Verletzten.
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  • R. A.
    hab ich nur das Gefühl oder hat immer einer was zu jammern? Die Jäger kommen doch eh nicht bei den Wildsauen hinterher und wenn, stellen sich so manche Jagdgenossen doof an wie 5 Meter Feldweg. Hauptsache n SUV und den Jagdschein. Es kommt ja nicht auf die Jagd als solches an, sondern auf das Drumherum. Könnte man meinen. Wenn man gehässig wäre. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
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  • A. H.
    Willkommen Bruder Wolf!
    9 Tote in 50 Jahren durch entweder tollwütige Wölfe oder menschliche Dummheit in EUROPA -na und, wieviele Tote gab es in dieser Zeit durch - Z.B. - besoffene und rasende Autofahrer?
    homo homini lupus -mehr sog in net.........
    P.S.: Verkehrstote gesamt im Jahre 2017 in Europa: ~ 25.000 !!!!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Es gibt eh zu viele Wildschweine!
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  • N. R.
    Die Wölfe machen es gewiß besser als die Jäger. Ich schätze mal, zwischen Wölfen und Wildschweinen könnte sich durchaus ein natürliches Gleichgewicht einpendeln. Anders bei Jägern und Wildschweinen: immer mehr Jäger aber trotzdem immer mehr Wildschweine. Ist das nicht komisch?
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