Was hat der Main nicht alles erlebt im Laufe der Jahrmillionen seiner Flussgeschichte: Eiszeiten und Warmzeiten, bald floss er als Rinnsal durch wüstenhafte, bald in ausladenden Armen durch tropische Landschaften. Manchmal verlegte Gebirgsbildung und mindestens einmal ein Meteoriteneinschlag sein Bett. Da sollen den alten Fluss ein paar Grad Celsius mehr und vielleicht ein paar Tropfen Niederschlag weniger jucken? Wie immer, wenn es um Klimawandel geht, geht es auch hier zuvorderst um den Menschen. Was kommt auf alle zu, die an, mit und vom Main leben?
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Prof. Dr. Stefan Peiffer leitet den Lehrstuhl für Hydrologie an der Universität Bayreuth. Der Forscher kann auf einen riesigen Bestand hydrologischer und meteorologischer Daten zurückgreifen, seien es die Abflussmengen der Main-Pegel, die Raten der Grundwasserneubildung in allen Teilen seines Einzugsgebietes oder die Niederschlags- und Temperaturwerte der zurückliegenden Jahrzehnte.
Er könnte stundenlang über die Prognosen referieren, die sich aus diesen Daten für die Klima- und Flussentwicklung der Region und aus anderen Studien für ganz Süddeutschland ableiten lassen. Im Gespräch mit dieser Redaktion und für die Main-Anrainer bündelt Peiffer jedoch sein Wissen in einer zentralen Forderung: "Die Kommunen müssen sich die Frage stellen, ob ihre Wasserversorgung zukunftsfähig ist." Dahinter verbergen sich zwei Hand in Hand gehende Probleme.
Erstens: Bereits 1970 beschloss der Bayerische Landtag, Wasser aus dem wasserreichen Süden in das wasserarme Franken überzuleiten. Heute sind es jährlich rund 150 Millionen Kubikmeter, die der "Lebensader Nordbayerns" zugeführt werden. 125 Millionen Kubikmeter kommen aus der Donau über den Main-Donau-Kanal, 25 Millionen Kubikmeter aus der Altmühl und den Brombachseen. Die Menge mag klein erscheinen im Vergleich zu den grob 6500 Millionen Kubikmetern, die der Main alljährlich bei Mainz in den Rhein ergießt. Aber sie sind eine wichtige Spende vor allem bei sommerlichem Niedrigwasser.
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Zwar hat der staugeregelte Main kein natürliches Abflussregime mehr – das bedeutet aber weder absoluten Schutz vor Hochwässern noch vor "Durstphasen". Vor Letzeren sind bei immer heißeren und trockeneren Sommern aber auch die Flüsse im Alpenvorland nicht gefeit. Der Wassertransfer über die europäische Hauptwasserscheide hinweg ist also keine Garantie für ewig. Auch Leonhard Rosentritt, Chef des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen, hält es für möglich, dass "dieses System durch den Klimawandel an seine Grenzen kommt". Wasser im Main könnte also gerade in sommerlichen Hitzeperioden immer öfter zum knappen Gut werden und zu Diskussionen führen, wer es noch nutzen darf, etwa zur Bewässerung seines Weinbergs oder Ackers.
Zweitens: Die Wasserversorger müssen sich Gedanken über die Qualität ihres Produkts machen. Je weniger Wasser im Main fließt, desto größer ist das Risiko der Verunreinigung. Wiederum stehen die Niedrigwasser im Sommer im Fokus: Heißere Luft, stärkere Verdunstung, höhere Wassertemperaturen: All das zusammen wirke sich "unmittelbar auf die Qualität und Ökologie der Gewässer aus", wie der Hydrologe Peiffer erklärt. Hinzu komme, dass während der Trockenphasen ein hoher Anteil des Abflusses aus Kläranlagen besteht.
Deren Reinigungsleistung sei zwar typischerweise hoch, "aber nicht so hoch, dass man die Qualität von Grundwasser erreicht, welches die Fließgewässer in Trockenphasen speist", macht der Wissenschaftler auf die Restgehalte an Kohlenstoff und Stickstoff aufmerksam, die die Wasserqualität erheblich beeinflussten. Auch Behördenleiter Rosentritt hält aus Sicht der Versorger negative Einflüsse auf die Wasserqualität bei Niedrigwasser nicht für ausgeschlossen, wenn die Fließzeit des Wassers vom Uferfiltrat bis zum Entnahmebrunnen zu gering sei – allerdings gebe es keine rein aus Mainwasser gespeiste Wasserversorgung.
Fischerei: Das Gewinnstreben steht eh nicht mehr im Vordergrund
Müssen da nicht vor allem bei der Fischereiwirtschaft die Alarmglocken läuten? Thomas Hartmann, der Präsident der Fischereiverbandes Unterfranken, wirkt entspannt. Verlässliche Blicke in die Zukunft seien schwierig, meint Hartmann. Dass die berufliche Fischerei weiter zurückgeht, glaubt er nicht. Gewinnstreben sei hier eh nicht mehr die wichtigste Motivation, "Traditionspflege, Hegemaßnahmen und Freude an der Arbeit stehen im Vordergrund."
Hartmann spricht von einem guten Zustand der Fischbestände am Main, die sich schon in den letzten Jahrzehnten seit der Stauhaltung in Richtung der weniger anspruchsvollen karpfenartigen Fische entwickelt hätten – eine Tendenz, die sich fortsetzen werde. Rotfedern, Karpfen, oder Schleien bevorzugten sogar höhere Temperaturen, Barsch, Hecht oder Zander seien sehr anpassungsfähig. Kritisch seien Wassertemperaturen ab einem Wert von 25 Grad Celsius, wie sie in diesem Sommer erst weit unterhalb von Würzburg gemessen wurden. Doch geht der Fischereiverband davon aus, dass die Fische in einem großen Gewässer wie dem Main Zuflucht in kühleren Abschnitten finden.
Ansonsten bedeute wärmeres Wasser schnelleres Wachstum der Fische. Auch werde die temperaturabhängige Laichzeit vieler Arten wohl früher im Jahr stattfinden. "Wenn sich die übrige Gewässerbiologie parallel dazu entwickelt, ist dies kein Nachteil", sagt Präsident Hartmann. Und wenn der Main nicht mehr so oft oder so lange zufriert, sei das auch nur deshalb ungünstig, weil dann "die Kormorane auch im Winter jagen können." Der Atomausstieg übrigens sorgt laut Hartmann für Abkühlung: Als das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld noch in Betrieb war, hätten Kühlwässer den Main unterhalb des Werks um bis zu 2,2 Grad Celsius aufgeheizt, was in warmen Jahren eine "erhebliche Belastung" bedeutet habe.
Auf dem Trockenen sitzen – dieser Gedanke dürfte vor allem die Binnenschifffahrt nervös machen. Doch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Bonn (GDWS) rechnet damit, dass sich die Abflüsse der größeren Flüssen bis 2050 kaum verändern werden, danach würden sich die Wassermengen im Winter verstärken und im Sommer abschwächen. Auf dem Main soll die Schifffahrt "ganzjährig uneingeschränkt möglich bleiben", ausgenommen Hochwässer und Eis, weil die Stauregelung permanent die nutzbare Tiefe von 2,90 Meter garantiere, nach der moderne Güterschiffe verlangen.
Wasserstraßen haben noch deutliche Reserven für Gütertransport
Allerdings bewegen sich die Schiffe in der Regel nicht allein auf dem Main – sie fahren Richtung Rotterdam oder Schwarzes Meer und hier wie dort gibt es ein "Niedrigwasser-Nadelöhr": den Mittelrhein von Bingen bis Bonn und den frei fließenden Donauabschnitt zwischen Straubing und Vilshofen. In beiden Abschnitten sehe der Bundesverkehrswegeplan 2030 Verbesserungen vor, "die dann auch den Mainverkehren zu gute kommen", heißt es aus der GDWS. "Grundsätzlich haben nahezu alle deutschen Wasserstraßen für den Transport von Gütern deutliche Reserven, um weitere Gütermengen zu bewältigen, besonders am Rhein", zieht eine Behördensprecherin Fazit.
Wird es künftig mehr oder weniger winterliche Hochwässer am Main geben? Welche Effekte werden die angeblich zunehmenden Extremniederschläge im Sommer haben? Viele Auswirkungen des Klimawandels gilt es noch zu erfassen. Eines scheint Politikern, Behörden und Wissenschaftlern aber schon lange klar. Dass dieser Wandel kommt. Nicht umsonst wurde beispielsweise bereits 2006 "KLIWA" ins Leben gerufen, eine Kooperation der Länder Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und des Deutschen Wetterdienstes zur Erforschung der Klimaveränderungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Wasserwirtschaft.
Ist mit ein Rätsel das die Gemeinden im Schweinfurter Raum kein Verbot erlassen.
Wir haben (noch) genügend Schwimmbäder.
Und bitte keine Beleidigungen in den Antwort Kommentaren wie in die öffentlichen Bäder gehen nur Proleten.