Haben wir Menschen angesichts des Klimawandels nur die Wahl zwischen Verzicht und Weltuntergang? Nein, meint der Sozialpsychologe Harald Welzer. Anstatt zu lamentieren, entwirft der Publizist positive und sinnstiftende Strategien für ein nachhaltiges Leben. Welzer ist Honorarprofessor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg und Direktor der gemeinnützigen Stiftung "Futurzwei", die alternativer Lebensstile und Wirtschaftsformen aufzeigen und fördern will. Warum wir auch angesichts des Klimawandels positiv denken sollten, erklärt der 61-Jährige im Interview.
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Harald Welzer: Weil die Schüler der bisherigen Klimadebatte das Thema Gerechtigkeit hinzugefügt haben. Sie zeigen nicht nur CO2-Diagramme, wie die Wissenschaft, sondern sie sagen: Ihr nehmt uns unsere Zukunft. Ungerechtigkeit ist der stärkste Antrieb für soziale Veränderung.
Welzer: Bei jeder Klimadebatte kann ich sagen: Schön und gut, das sagt jetzt die Wissenschaft. Aber ich brauche ein großes, sicheres Auto, mit dem ich die Kinder zur Schule fahren kann. Wir müssen uns von dem Irrglauben verabschieden, dass Menschen auf der Grundlage von Fakten handeln. Das tun sie nicht. Denken Sie an die Mediziner, die rauchen, obwohl sie am besten wissen, wie gefährlich das ist.
Welzer: Sie möchten geliebt werden. Das ist neben dem Antrieb, überleben zu wollen, die stärkste Motivation. Menschen sind Beziehungswesen. Alles, was wir tun, tun wir, damit es jemand gut findet, uns anerkennt und akzeptiert. Sich ein dickes Auto zu kaufen, zeigt den Wunsch, dass andere uns toll finden. Daneben gibt es situative Anforderungen: Wie kommen die Kinder in den Kindergarten? Wie komme ich am schnellsten von A nach B?
Welzer: Die Menschen auf der Erde? Das interessiert uns nicht. Wenn das unmittelbare Überleben meiner eigenen Angehörigen bedroht wäre, brächte mich das in Aktion. Aber die Menschen auf der Erde haben noch nie einen Menschen interessiert. Sie sind fern, anonym und unbekannt.
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Welzer: Richtig wäre, bei positiven Dingen anzusetzen. Menschen werden nur proaktiv, wenn sie etwas Positives erreichen können.
Welzer: Einige haben Angst, andere kaufen sich riesige Autos, um sich vor Gefahren zu schützen oder sagen "Das wird alles nicht mehr lange gehen, also nehme ich jetzt noch mit, was ich kriegen kann und mache eine Weltreise." Es bewirkt das Gegenteil von dem, was man beabsichtigt.
Welzer: Indem wir Dinge tun, die für uns selbst einen Sinn ergeben. Indem wir gemeinsam handeln, andere Formen des Reisens ausprobieren, dafür sorgen, dass die Autos aus der Stadt verschwinden oder dass wir uns von Dingen entlasten. Das kann erfüllend sein.
Welzer: Nein. Versuchen Sie doch einmal in einer Großstadt mit zwei kleinen Kindern eine viel befahrene Straße zu überqueren. Dann stellen Sie sich vor, es gäbe keine Autos. Was für eine Erhöhung der Lebensqualität ginge damit einher, nicht ständig Lärm und Emissionen ausgesetzt zu sein? Warum reden wir nie über den Verzicht, die uns die gegenwärtigen Verhältnisse auferlegen?
Welzer: Warum hat unsere Politik dann über Jahrzehnte die Verkehrsversorgung im ländlichen Raum zurückgebaut? Man bräuchte das Auto nicht, wenn man den Verkehr anders organisieren würde.
Welzer: Die Schweiz ist eines der reichsten Länder, hat aber den geringsten privaten Autobesitz und den höchsten Anteil der Nutzung des öffentlichen Verkehrs. Warum? Weil es komfortabel und bequem ist, die Züge pünktlich fahren und weil der ländliche Raum erschlossen ist.
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Welzer: Nein. Eine erfolgreiche Nachhaltigkeitspraxis ist nicht erfolgreich, weil nachhaltig drauf steht, sondern weil sie den Menschen einen Qualitätsgewinn liefert.
Welzer: Das wäre die richtige Art der Kommunikation. Wir müssen von der Logik der Steigerung weg und ein qualitätsvolles Leben erfinden, das mit viel weniger Naturverbrauch auskommt.
Welzer: Die Zweifler erreicht man nicht. Aber sie machen am Ende das, was alle machen. Für einen Kulturwandel bekommt man keine Mehrheiten. Man braucht Praktiken, die überzeugend sind und ein paar Prozent der Bevölkerung, die sie vorleben. Die Masse macht dann das, was die Masse macht.
Welzer: Die Wirtschaft hämmert den Leuten 24 Stunden am Tag ein: Du wirst glücklich, wenn du kaufst. Die Nachhaltigkeitsindustrie hat das Argument: Kehret um, sonst geht die Welt unter. Da muss ich kein Psychologe sein, um zu wissen, dass das nicht funktioniert.
Welzer: Das finde ich gut! Denn es gibt den Atlas des Klimawandels, den Atlas des Meeressterbens, aber es gibt keinen Atlas der Natur-Restaurierung, der Renaturierung von Flüssen oder der Wiedervernässung von Sümpfen. Kaum jemand spricht über erfolgreiche Projekte. Das ist doch irre!
Welzer: Sie spielt eine katastrophale Rolle. Es ist ein Fehler, die Ziele der Naturwissenschaft 1:1 in die Politik übersetzen zu wollen. Auch wenn sich in sieben Jahren die Erde zu stark erwärmt hat, können wir sie nicht einfach dicht machen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, die Welt zu gestalten. Wenn wir in den gefährlichen Klimawandel kommen, ist es umso notwendiger zu handeln. Also lasst uns anfangen. Lasst uns nicht über so etwas Komplexes wie den Grad der Erderwärmung reden, sondern über das, was wir entscheiden können. Zum Beispiel: Im Jahr X sollen unsere Emissionen gleich Null sein.
Er soll doch mal einen Fahrplan entwerfen, wie man z.: von Mutzenroth nach Wipfeld zur Arbeit kommt, wenn um 6.30 Arbeitsbeginn ist.
Ich würde den status quo eher mit dem Zeitpunkt vergleichen, wo Thomas Andrews (der Chefkonstrukteur) Captain Smith vorgerechnet hat, dass die Titanic untergehen würde (was wie man weiß ein ganzer Haufen Leute auch erstmal nicht glauben wollte, während einige es doch vorzogen, ein Rettungsboot aufzusuchen).
(Wirkliche) Hysterie tritt erst dann ein, wenn den Leuten klar(!) wird, dass die Katastrophe unabwendbar bevorsteht (und sie darauf völlig unvorbereitet sind)...
Um die Leute, die heute über "Klimahysterie" lästern, mal für einen Tag um 30 Jahre in die Zukunft zu schicken.
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Aber noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir das 4-Grad-Drama vermeiden und die Lebensgrundlage unserer Zivilisation erhalten können.
Als genauso "präzise" werden sich einstmals die heutigen Prognosen der Klimapaniker erweisen.
Religion ist doch eigentlich eher was, das man wider alle Wissenschaft glaubt?
Die "Klimawissenschaftler" ihrerseits verlangen garnix. Ob man ihren Erkenntnissen folgt oder nicht, ist für die Wissenschaft einerlei. Und ja, es kam auch schon vor, dass Abweichler verlacht wurden (wie zum Beispiel der Herr Wegener mit der Kontinentaldrift-Theorie) und am Schluss alle feststellen mussten, dass er Recht hatte (sowas ist bei wirklich bahnbrechenden Neuerungen öfter der Fall - auch das "Phlogiston" hatte trotz Sauerstoff ein langes Leben...). Allerdings wird es mit jeder neuen Erkenntnis in die gleiche Richtung unwahrscheinlicher, dass es den (menschengemachten) Klimawandel nicht gibt, und Erkenntnisse in die andere Richtung bleiben aus. Meinen Sie nicht, dass es (z. B.) für die Erdölindustrie genial wäre, wenn jemand so einen Effekt entdecken würde, so dass das garantiert nicht unter den Teppich gekehrt würde?
schon 2001 gelang der von Ihnen bezweifelte Nachweis: www.spektrum.de/news/direkter-nachweis-des-treibhauseffektes/571451
In den vergangenen 18 Jahren ist der Effekt dann noch mit zahlreichen anderen Methoden nachgewiesen worden.
Freundliche Grüße
Lukas Will
Digitales Management
Nehmen wir mal an, die jeweiligen Hypothesen beider Seiten können weder so noch so bewiesen werden, nur die Zeit würde zeigen was wirklich los wäre.
Was wäre a) die Konsequenz des Nichtstuns und b) was wäre die Konsequenz des Handelns wenn jeweils das Gegenteil eintreten würde?
Im Fall a) würde der CO2 Kreislauf völlig aus dem Gleichgewicht geraten, die Erde würde sich aufheizen, Meeresströme würden versiegen sich verändern, die Polkappen abschmelzen, ganze Landstriche unterm Wasser verschwinden und auf Dauer unbewohnbar sein, Klima Flüchtlingsströme weltweit, Hungersnöte, schwerste Unwetter etc. wären die Folge. Unumkehrbar. Man hat ja nichts gemacht da man dachte "wird schon nichts passieren."
Im Fall b) würden wir nachhaltiger leben in einer immer noch intakten Umwelt, da sich die Sorgen als unbegründet herausgestellt hätten.
Was würden Sie tun?
Ihre Annahmen waren teilweise zu vorsichtig und die Erhitzung kommt wahrscheinlich viel schneller und heftiger, als sie noch 2015 prognostiziert hatten.
Abschmelzen des Grönlandeises, Auftauen der Permafrostböden, Eisverlust in der Arktis, ... die Dynamik hat früher als prognostiziert begonnen und steigt rascher als erwartet.
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Wer hier in seiner Tapferkeit gegen die Realität von "Klimahysterie" faselt, fährt zum Autowaschen am liebsten in die Rettungsgasse.
Zum Trödeln haben wir jedenfalls keine Zeit mehr.
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Gegenbeispiele:
Mit welcher Apparatur erzeugen Sie die Schriftzeichen, mit denen Sie Ihre Beiträge verfassen?
Können Sie die technischen Details der Funktionsweise dieser Apparatur erklären?
Wie gelangen diese Textfragmente aus Ihrer Apparatur zur Mainpost?
Können Sie erklären, mit welchen technischen Mitteln diese dort veröffentlicht werden?
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Können Sie erklären, was Sie so unter Druck setzt, dass Sie sogar auf trivialste Scheinfragen ausweichen, nur um überhaupt etwas posten zu können?
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Beispiele:
Warum glauben Sie, schreiben hier andere Menschen ins Forum?
Glauben Sie, das geschieht nur, um Ihnen Ihre Zeit zu vertreiben?
Kennen Sie das Gefühl des Zweifels an Ihrer eigenen Meinung?
Welche Methoden haben Sie, damit umzugehen?
Welches Lebensgefühl scheint Ihnen erstrebenswert?
Ist es Ihnen wichtig, wie andere Leute Sie wahrnehmen?
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Falls ein Kind Sie fragen würde: Was ist der Sinn des Lebens?
Wie antworten Sie?
Mit Ihren "Antworten" verorten Sie sich in ein Abseits, in das es keine sinnvollen Diskursansätze gibt.
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wie man Verzicht definieren will.
Wenn es absolut um Einschränkung/ Selbstdisziplin gehen soll, muss man das wohl bejahen.
Wenn es aber darum gehen soll, von sich selber aus bewusst(er) zu leben und nicht jeden Quatsch mitzumachen, bloß weil man es sich leisten kann, sehe ich nicht, warum man von Verzicht reden sollte. Sonst wäre es auch Verzicht, sich z. B. nicht bei jeder Mahlzeit bis zum Platzen vollzustopfen und/ oder bis zur Bewusstlosigkeit zu betrinken.
Ich schlage daher vor, vom bewussteren Leben und der Rücksicht auf Mitmenschen, Mitgeschöpfe und Lebensgrundlagen zu sprechen - im Gegensatz zur rücksichtslosen Ausbeutung. Das sollte uns doch eigentlich unser Stolz auf den Namen "homo sapiens" schon wert sein - ansonsten würden wir uns kaum von irgendeinem Bazillus unterscheiden, der sich solange auf Kosten seines Wirtes vermehrt, bis er ihn in die Knie zwingt und dann selbst draufgeht...
Natürlich, so wie es aussieht, wird sich das Klima wandeln, aber untergehen - naj ja, das ist bestenfalls Kaffesatzleserei, aber von einem gaaaanz dünnen Kaffee.
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management