21 Jahre ist die Partnerschaft zwischen den Landkreisen Bad Kissingen und Tamar in Israel jetzt alt. Es finden nicht nur Jugendbegegnungen zwischen beiden Ländern statt, sondern auch politische Besuche. Jetzt wollen beide Landkreise sich engagieren, dass das sukzessive Sterben des Toten Meers nicht nur in Israel, sondern auch im Landkreis Bad Kissingen öffentlich noch mehr in den Blickpunkt rückt.
Folgte man den Ausführungen der drei Experten aus dem Landkreis Tamar aufmerksam, die unlängst im Kreistag die dramatischen Entwicklungen rund um das Tote Meer schilderten, wurde schnell klar, dass die israelischen Partner das drastische Sinken des Meeresspiegels - pro Jahr um einen Meter - stark beunruhigt. Denn das als Heilquelle vor allem für Hautkranke und Allergiker bekannte Meer zwischen Jordanien, Israel und den Palästinensergebieten trocknet langsam aus. Letztendlich könnte das gesamte Ökosystem daran zerbrechen, war zu hören.
Umweltaktivistin Gundula Schachal (Ein Gedi) hatte Dr. Guy Cohen und Dr. Navit Ogen Shtern vom Dead Sea Research Centre (Tamar) nach Bad Kissingen mitgebracht. An dem 2016 gegründeten Institut erforscht man die mikrobiologischen, zoologischen und geologischen Konditionen des Toten Meers. Das Institut ist offen für Studenten und Wissenschaftler aus Israel und der ganzen Welt, heißt es auf der Homepage der Einrichtung, die am Fuß der Festung Masada gebaut wurde.
In Israel gibt es bereits zahlreiche Schüler und Studenten, die sich an diesem Institut Fachkenntnis zum Thema holen. "Die Idee, auch Schüler aus dem Landkreis Bad Kissingen für das Thema zu begeistern, kam uns vor einem Jahr", sagt Edwin Metzler (Ramsthal), der Israel-Beauftragte des Landkreises, im Gespräch mit der Redaktion. "Wir saßen bei einem Besuch in Ein Gedi mit den Israelis zusammen und sie erzählten uns von der Arbeit in dem Institut." Man habe überlegt, wie man den deutschen Jugendlichen das Thema näherbringen könnte. "Und dann dachten wir an die Praxis-Seminare an den Schulen, in denen bestimmte Themen aufgearbeitet werden."
Denn wenn jetzt nichts geschieht, ist das Tote Meer in 50 Jahren nur noch ein kleiner See, davon ist man im Landkreis Tamar überzeugt. Wer regelmäßig im Kibbuz Ein Gedi Urlaub macht, könne das Verschwinden des Wassers sozusagen genau beobachten, sagte Gundi Schachal im Kreistag. Während Feriengäste noch vor zehn Jahren zu Fuß vom Kibbuz zum Ufer des Toten Meeres gehen konnten, müssen sie sich heute auf einer von einem Traktor gezogenen Bahn bewegen, um zum Wasser zu gelangen. Das Ufer ist nämlich inzwischen zwei Kilometer vom Kibbuz entfernt.
Nach Schachals Angaben finden am Toten Meer gerade drastische Veränderungen statt: Es gibt plötzlich im Uferbereich riesige Krater, die gut und gern 20 Meter Tiefe erreichen. Ursächlich dafür sei der Grundwasserspiegel, der natürlich, im Zug des sinkenden Wasserstands im Meer, ebenfalls nach unten geht. Das nachfließende Frischwasser löse unterirdische Salzablagerungen im Uferbereich auf, so Schachal weiter. Dadurch entstünden Höhlen, die dann aber auch völlig unvorhergesehen wieder einstürzen.
Das Sterben des Toten Meeres sei jedoch nicht nur für den Menschen gefährlich, sondern auch für die dort einzigartige Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Naturreservat Ein Fashkha. In Oasen und in den Bergen dort leben noch Leoparden, Wölfe, Steinböcke und seltene Fledermausarten. Dieses einzigartige Ökosystem sei nun in Gefahr.
Von Menschen gemacht
Schachal ließ keinen Zweifel daran, dass diese Probleme größtenteils von Menschen gemacht sind. Während früher noch 1,2 Milliarden Kubikmeter Wasser jährlich aus dem Jordan ins Tote Meer flossen, sind es heute noch 60 Millionen Kubikmeter. Wissen muss man dazu, dass am Jordan fast das ganze Wasser abgepumpt wird und als Trinkwasser aufbereitet oder für die Bewässerung von Äckern und Plantagen verwendet wird.
Unterdes hätten die Politiker von Israel und Jordanien schon zukunftsträchtige Pläne: Sie wollen einen 200 Meter langen Kanal durch die Wüste bauen, der Wasser vom Roten Meer ins Tote Meer leitet, erklärte die Umweltschützerin. Doch Wissenschaftler würden bereits davor warnen, das sulfatreiche Wasser aus dem Roten Meer mit dem zehnmal salzhaltigeren Wasser des Toten Meeres zu mischen. Erste Experimente hätten bereits ergeben, dass es beispielsweise zu Gipsbildungen kommen könnte.
Schachal, Cohen und Shtern trafen sich während ihres Aufenthalts in Bad Kissingen auch mit mehreren Gymnasiallehrern, denen sie das Projekt vorstellten. Die Lehrkräfte hätten sich offen gezeigt und wollen nun anregen, dass man die Thematik in den Lehrplan fürs Schuljahr 2019/20 mit aufnimmt, sagt Metzler.
Zudem habe er bei Landrat Thomas Bold vorgefühlt, ob der Landkreis eventuell einen Zuschuss gibt, falls tatsächlich Schüler von hier zur Forschungsarbeiten ans Tote Meer aufbrechen wollen. Im Kreistag zeigte man sich nach Schachals Präsentation für die Thematik recht aufgeschlossen.