zurück
Bad Kissingen
Bad Kissingen: Warum elf von zwölf Stützpfeilern der Arkaden am früheren Telekomhaus nicht zu retten sind
Bislang lief bei der Sanierung des markanten Gebäudes fast alles wie am Schnürchen. Jetzt gibt's massive Probleme am Tragwerk. Im Kreisausschuss hagelte es Kritik.
Unangenehme Neuigkeiten gab's am Montag im Kreisausschuss, was die Beschaffenheit dieser alten Rundpfeiler angeht.
Foto: Archiv Isolde Krapf | Unangenehme Neuigkeiten gab's am Montag im Kreisausschuss, was die Beschaffenheit dieser alten Rundpfeiler angeht.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:36 Uhr

Bei den Sanierungsarbeiten am früheren Telekomhaus, das der Landkreis gerade als weiteres Dienstgebäude herrichtet, hatten sich im Mai 2022 unerwartete Komplikationen ergeben. Als man einen der Rundpfeiler im Arkadengang öffnete, waren an der darin befindlichen Stahlstütze starke Korrosionsschäden festgestellt worden. Jetzt, zwei Monate später, ist klar: Elf der zwölf Rundpfeiler müssen ausgetauscht werden. Landrat Thomas Bold reagierte ärgerlich.

Eigentlich hatten die GKT-Architekten (Würzburg) im Frühjahr nur die beiden äußeren Stützpfeiler neu mit Natursteinplatten verkleiden wollen, um einen optischen Reiz an der künftig in massiver Bauweise verschlossenen Front zu setzen. Doch als man an einer Rundstütze die Halbschalen aus Sandstein abgenommen hatte, war darunter eine korrodierte Stahlrohrstütze zum Vorschein gekommen, die zudem noch mit Asbest ummantelt war.

Was genau saniert werden muss, war im Mai noch nicht klar

Ein Gutachter musste kommen, man brachte eine Notstütze an und stellte die Angelegenheit im Kreisausschuss Anfang Mai zur Diskussion. Für Architekt Christian Teichmann war damals schon klar, dass nun aus Sicherheitsgründen alle zwölf Rundstützen untersucht werden müssen. Die Frage war, ob man die Stahlrohrstützen nur neu mit Brandschutzmörtel verkleiden muss oder ob sie, bei starken Korrosionsschäden, gleich ganz ausgetauscht werden müssen.

So sah die Rundstütze aus, die man im Mai 2022 geöffnet und untersucht hatte. Der Stahl im Inneren wies starke Korrosionsschäden auf.
Foto: Quelle: GKT-Architekten Würzburg/Bad Kissingen | So sah die Rundstütze aus, die man im Mai 2022 geöffnet und untersucht hatte. Der Stahl im Inneren wies starke Korrosionsschäden auf.

Dann müsste man Notstützen aufbauen und Schadstoffe beim Abbau sorgfältig trennen, hieß es damals. Teichmanns finanzielle Prognose: Pro neuer Stütze müsse man mit 25.500 Euro rechnen. Falls alle zwölf marode sein sollten, wären dafür rund 306.000 Euro Mehrkosten einzuplanen. Das Aufbringen von Brandschutzmörtel und die neue Verkleidung waren in diesem veranschlagten Betrag inbegriffen.

Zunächst hatte man fünf Rundpfeiler geöffnet und untersucht

Für diesen Preis ist die Sanierung der zwölf Rundpfeiler allerdings jetzt nicht mehr zu haben, wie aus dem Sanierungskonzept hervorging, das in der Sitzung am Montag von GKT-Architekt David Dahinten und Diplom-Ingenieur Peter Glatt vorgestellt wurde. Zunächst waren in den vergangenen zwei Monaten fünf Rundpfeiler geöffnet und die unter dem Asbest gelegenen Stahlstützen näher untersucht worden, sagte Glatt. Lediglich eine der Stützen habe sich noch als funktionsfähig erwiesen.

"Die Korrosion befand sich stets in der oberen Hälfte."
Statiker Peter Glatt

Für Tragwerkplaner Peter Glatt offenbar erstaunlich: "Die Korrosion befand sich stets in der oberen Hälfte der Stütze." Warum an diesen Stellen Feuchtigkeit eindrang, konnte er sich nicht erklären. Seinen Ausführungen zufolge seien Schäden an solchen alten Stahlpfeilern eher unten am Fuß in der Erde zu finden. Alle Stützen seien zu Beginn der Arbeiten auch am Fuß freigelegt worden und seien in Ordnung gewesen. 

Schon im März 2022 waren die Gerüste abgebaut.
Foto: Isolde Krapf | Schon im März 2022 waren die Gerüste abgebaut.

Fassade muss fachgerecht notgestützt werden

Nachdem vier von fünf Rundpfeilern im Inneren also schadhaft waren, seien alle Arbeiten erst mal gestoppt worden. Jetzt muss die gesamte Fassade fachgerecht notgestützt werden, erklärte Glatt. Das bedeutet offenbar nicht nur, dass alle Stahlstützen jeweils einzeln abgesichert werden müssen, sondern dass auch die Zwischenfelder abgestützt werden, um die Standsicherheit des gesamten Gebäudes zu gewährleisten. Laut Glatt werden diese Arbeiten acht bis zehn Wochen in Anspruch nehmen.

Von den zwölf Rundpfeilern, beziehungsweise Stahlstützen, müssen elf runderneuert werden, während eine an der Einfahrt zur Sparkassen-Tiefgarage noch tragfähig ist und verbleiben kann, sagte Glatt.  Eine weitere Außenstütze wird wieder aus Stahl gefertigt werden. Für die anderen zehn Stützen waren am Montag drei Varianten im Gespräch: Die teuerste Version sind Stahlstützen, gefolgt von Verbundstützen und Betonfertigteilstützen. Die Ausschussmitglieder sprachen sich in der Sitzung für Betonfertigteilstützen aus. Die Erneuerung aller Stützen in dieser Machart wurde von Statiker Glatt mit zusätzlichen 504.375 Euro veranschlagt.

Telekomgebäude Bad Kissingen: Das Haus mit den zahlreichen Augen.  
Foto: Isolde Krapf | Telekomgebäude Bad Kissingen: Das Haus mit den zahlreichen Augen.  

Es gab heftige Kritik am Statikbüro

Diese Mängel an den Rundpfeilern hätte man schon bei den Voruntersuchungen feststellen können, kritisierte stellvertretender Landrat Gotthard Schlereth (Freie Wähler). Ein Kostensteigerung von rund 300.000 auf 500.000 sei schon enorm, sagte er. "Haben wir in Bad Kissingen denn eine Gorch Fock?", fragte er scharf mit Bezug zur jüngsten Restaurierung des Segelschulschiffs der Bundesmarine, bei der die Kosten zuletzt ins Uferlose gegangen waren.

"Bevor man den Kubus oben drüber saniert, muss unten alles stimmen."
Landrat Thomas Bold

Auch für Landrat Thomas Bold waren die zusätzlichen Kosten "sehr ärgerlich". Nach den Ergebnissen der statischen Voruntersuchungen habe man die Architektur des Erdgeschosses ausgerichtet, sagte er. Die Untersuchung der kompletten Stützen hätte im Vorhinein zum Planungsauftrag dazugehört, sagte er kritisch in Richtung des Statikers. "Bevor man den Kubus oben drüber saniert, muss unten alles stimmen."

Schäden befürchtet, wenn die Fertigteile kommen

PWG-Fraktionssprecher Roland Limpert schlug in dieselbe Kerbe: "Wenn während des Baus etwas passiert wäre, wäre der Landrat jetzt im Knast", überspitzte er seine Formulierung, um die Bedeutung der Sicherheit für das Gebäude hervorzuheben. "Nein, das passt so nicht", schob auch stellvertretender Landrat Schlereth nach.

Bold machte sich zudem Sorgen, dass die bereits fertig sanierte Fassade des Gebäudes möglicherweise Risse bekommen könnte, wenn unten am Fuß die massiven Betonfertigteilstützen angebracht werden. Immerhin wiegt eine der Stützen, laut Ingenieur Glatt, zwei Tonnen. Eingebaut sein könnten diese Pfeiler dann bis Ende Oktober, hieß es.  Dann wäre das Gebäude standsicher.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Kissingen
Isolde Krapf
Gebäude
Gorch Fock
Gotthard Schlereth
Korrosion
Kritik
Pro Bad Kissingen
Roland Limpert
Sanierungsarbeiten
Thomas Bold
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • G. R.
    Es gibt hier wieder einmal viele Schuldige. Leider bekennt sich keiner dazu. Bezahlen wird es der Landkreis. Die Kreisumlage wird wieder herhalten müssen.
    Hauptsache bei den Planern und Architekten ist, dass sie weiße Westen behalten, obwohl sie meist in schwarz gekleidet sind. Die nächsten Aufträge sind sowieso schon sicher und in trockenen Tüchern für derartige "Stars"
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • f. p.
    Also , wenn man es alles so liest, dann ist die Sache doch eindeutig und völlig klar. Hier wurde ein Fehler (Mist ) schon bei der Planung begangen. Warum als also soll jetzt das Landratsamt dafür aufkommen❓❓ Da es Steuergelder sind, die hier verschleudert werden, darf man sich doch als Bürger dagegen wehren und verlangen , dass die Kosten, die nun entstehen werden, durch ein Gericht geklärt werden müssen, wer diese bezahlt. Oder❓❓
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten