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Ramsthal
Ramsthal: Unterschriftenaktion gegen Abzug des Geldautomaten
In dem Weindorf gibt es noch viele Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen. Aber bald kein Bargeld aus dem Automaten mehr. Das trifft einen Personenkreis besonders hart.
Bereits vor Jahren wurden die Jalousien in der Schalterhalle der Raiffeisenbank Ramsthal für immer heruntergelassen. Nun soll auch noch der Geldautomat abgebaut werden.
Foto: Wolfgang Dünnebier | Bereits vor Jahren wurden die Jalousien in der Schalterhalle der Raiffeisenbank Ramsthal für immer heruntergelassen. Nun soll auch noch der Geldautomat abgebaut werden.
Wolfgang Dünnebier
 |  aktualisiert: 09.02.2024 04:20 Uhr

Die VR Bank Bad Kissingen will am 25. September ihren Geldautomaten in Ramsthal abbauen. Er ist laut Bankinstitut wegen der Zahl der Abhebungen nicht mehr rentabel, informierte Bürgermeister Rainer Morper, der die Nachricht in der vergangenen Gemeinderatssitzung überbrachte. Das Gerät sei alt und müsse durch ein neues ersetzt werden. Hinzu komme erschwerend ein hoher jährlicher Unterhalt, der sich samt Versicherung auf 10 000 Euro im Jahr addiere.      

Versuche, die Verantwortlichen der Bank umzustimmen, seien bei einem Gesprächstermin gescheitert, bedauert Morper. "Die Banken ziehen sich immer mehr aus der Fläche zurück", kritisiert er. Schon vor Jahren war der örtliche Bankschalter geschlossen worden. Die letzte größere Schließungswelle in der Region gab es 2015.  Die Entscheidung treffe vor allem Senioren, die nicht mobil sind. Zum nächsten Automaten in Euerdorf betrage die Entfernung vier Kilometer, nach Oerlenbach fünf Kilometer.

Ärgerlich sei dies, weil es in Ramsthal noch alle Dinge des täglichen Bedarf gibt, jetzt aber kein Bargeld mehr aus dem Automaten.  Morper wirft die Frage auf, ob sich Raiffeisenbank und Sparkasse nicht einen Automaten teilen könnten, um die Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen, zumal beide Banken mit ihren Geldautomaten bereits kooperieren.  "Daran besteht hier offenbar kein Interesse", hat er aus dem Gespräch mit Bankenvertretern mitgenommen.      

Die Nachricht über die Schließung sei  ausgerechnet in eine Phase geplatzt, in der der örtliche Seniorenausschuss dabei ist, die Bedürfnisse der älteren Mitbewohner über eine Fragebogen-Aktion zu erfassen. Dabei gehe es natürlich auch um Grundversorgung - eben auch mit Bargeld.

Lieferservice geplant 

Im Gemeinderat herrscht bezüglich des Abzugs des Automaten eine gemischte Stimmung, sagt Daniel Lohfink auf Nachfrage. Sie schwanke zwischen Kritik und Verständnis. "Wenn sich der Automat nicht rechnet, dann kann man die Entscheidung verstehen", sagt er. Lohfink wirft die Frage auf, ob von der Gemeinde alles getan wurde, um das Gerät am Ort zu halten. Gleichzeitig verweist er auf den Lieferservice, mit dem sich, laut Ankündigung der Bank, Kunden einmal in der Woche Bargeld vorbeibringen lassen können.

Bald gibt es hier kein Bargeld mehr. 
Foto: Wolfgang Dünnebier | Bald gibt es hier kein Bargeld mehr. 

Die beiden Gemeinderäte Florian Wahler und Klaus Kemmer machen dagegen für eine Bürgerinitiative mobil. Metzger und Dorfwirt Wahler sowie Bäcker Kemmer haben Unterschriftenlisten in ihren Läden ausgelegt, in denen man für den Erhalt des Automaten unterschreiben kann. Diese Forderung gipfelt in der Drohung, VR Bank und Sparkasse den Rücken zu kehren, "weil sie eh keinen Wert auf uns Kleine legen". Klaus Kemmer vermeldet eine starke Beteiligung  an der Aktion. In den ersten beiden Tagen hätten 60 Kunden unterschrieben.

Allerdings kommen beide Geschäftsleute ihren Kunden, die gerade kein Bargeld dabei haben, noch nicht mit der Möglichkeit zur Kartenzahlung entgegen. Das bargeldlose Zahlen sei ja auch nur bedingt ein Ersatz. Bei kleineren Beträgen ,etwa für die Frühstücksbrötchen, sei dies wegen der anfallenden Gebühren unrentabel.

Art und Weise stört

"Ich spüre große Betroffenheit, ja sogar Angst bei den Älteren ", sagt Wahler zur Entscheidung der Bank. Der Abzug des Automaten sei ein  fatales Signal für Ramsthal und das flache Land. "Oft stehen meine Gäste hier vom Tisch auf, um dort Geld zu holen", hat er beobachtet. Wenn eine regionale Bank in der Region nicht mehr präsent sei, könne man letztlich auch zu einem Online-Anbieter wechseln, gibt er zu bedenken.

Damit, dass der Automat wegkomme, sei vielleicht irgendwann zu rechnen gewesen, räumt Klaus Kemmer ein. "Aber nicht auf diese Weise", findet er. Es sei beschämend für eine Genossenschaftsbank, dies den Kunden lediglich über den Kontoauszugsdrucker mitzuteilen. Er verweist darauf, dass die Bank in Ramsthal traditionell viele Genossen hat und sich schon seit Jahren von Schalterstunden am Ort verabschiedete. Der Automat ermögliche es, diskret Geld abzuheben. Zwar könnten Senioren auch zum Beispiel die Kinder bitten, Geld in Euerdorf oder Oerlenbach zu holen. Aber die Geldkarte aus der Hand zu geben, erfordere großes Vertrauen, weil damit auch der Zugang zu den Kontoauszügen möglich wird.  

Bank verweist auf die Niedrigzinsen 

Und was sagt die Bank? Die Hauptstelle Hammelburg der VR Bank Bad Kissingen, die für Ramsthal zuständig ist, geht auf Nachfrage dieser Redaktion nicht näher auf die Abschaffung des Automaten ein. Sie verweist auf geringere finanzielle Spielräume durch die Niedrigzinsphase. Von der Unterschriftenaktion habe man vor dem Anruf der Zeitung noch nichts gehört. Bei Übergabe der Unterschriften werde man das Gespräch mit den Initiatoren suchen, um die Gründe für die Entscheidung der Bank persönlich darzulegen.         

 
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  • RolandHerterich
    Während man anderswo mit dem Chip im Handrücken im Vorübergehen auch Kleinstbeträge bezahlt, kramt man in der Schwarzgeld-Enklave Deutschland noch die Kupfercent hervor. Auch die Senioren würden mit EC-Karte schneller zahlen - Stammkunden auch nur einmal im Monat um die Gebühren niedrig zu halten. Aber es geht hier nicht um die paar Senioren. Die Bank bietet ja einen kostenlosen Lieferservice für die wirklich bedürftigen Kunden. Gäbe es solche, wäre eine Nachfrage für diesen Service in Dörfern ohne Geldautomaten vorhanden. Die reine Bequemlichkeit einiger Kunden rechtfertigt nicht eine 10.000 Euro teuere Investition in einen neuen Geldautomaten. Die Kosten für einen sicheren Aufstellungsort sind darin noch gar nicht enthalten. Somit halte ich die Kritik an den zwei noch verbliebenen Banken im ländlichen Raum für unangemessen. Wer gibt der örtlichen Wirtschaft Kredite auf Vertrauen, wer finanziert die Immobilien und wer fördert die Kultur in der Region?
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  • Arcus
    Ich kann die Bank, aber auch die älteren Kunden verstehen. Einerseits kostet Bargeld verdammt viel Geld. Wahrscheinlich mit Abstand das teuerste Zahlungsmittel. Herstellung Logistik, ständiges Zählen, Fehler beim Wechseln, teuere Sicherheitseinrichtungen etc. etc.
    Auf der anderen Seite verfügen viele, vor allem ältere Mitbürger* & einige Läden immer noch nicht über die notwendige digitale Infrastruktur.
    Wenn die Bargeldzahler jetzt an den Kosten der Bargeldinfrastruktur beteiligt werden(nicht wie heute der Steuerzahler) könnte die Bargeldinfrastruktur aufrecht erhalten werden. Vermutlich wird sich der ein oder die andere dann wundern, wie teuer Bargeld wirklich ist.
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  • info@kosmetik-heike.de
    Wie heißt es so schön im § 1 des Genossenschaftsgesetzes: "... deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern..." Davon merkt man in den letzten Jahren leider immer weniger. Die Banken fördern eher ihren eigenen Geschäftsbetrieb denn der der Mitglieder.

    Und wer es im Original lesen möchte:
    http://www.gesetze-im-internet.de/geng/__1.html
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