Man ist immer wieder gespannt, was Hilla Schütze diesmal aus ihrer "Spielzeugkiste" hervorzaubert. Die gleichnamige Dauerausstellung im Museum Obere Saline wird seit 27. März (und noch bis 31. Oktober) durch eine kleine Wechselausstellung bereichert: Dabei geht's um den Teddybären und all die Geschichten und Erinnerungen, die sich um dieses Knuddelwesen ranken, welches Mädchen und Buben aus allen Epochen ans Herz gewachsen ist.
"Eigentlich sammle ich nur Holz-, Ton- und Papier-Spielzeug", sagt Hilla Schütze. Aber freilich habe sich im Laufe der Jahrzehnte so allerhand an anderen kunterbunten Spielsachen angehäuft. Denn wenn die Leute zu ihr kommen und ihr einen ganz persönlichen Schatz aus der Kindheit anvertrauen, könne sie nun mal nicht nein sagen, sagt die begeisterte Sammlerin. Schon gar nicht, wenn mit dem Kleinod aus der antiken Spielekiste des Gegenübers eine anrührende Geschichte einhergeht.
So war das auch im August 2021 mit jener alten Dame, die sich bei ihr meldete und von ihrem heißgeliebten Teddybären der Firma Steiff erzählte: Den habe sie sogar jetzt reparieren lassen, so dass er jetzt wieder den Kopf bewegt und auch das bärenstarke Brummen wieder hörbar ist, versicherte die 80-Jährige im Gespräch mit Schütze.
"Sie hat mir ihren Teddy später mit Tränen in den Augen überreicht", schildert Schütze den bewegenden Moment. Museumsleiterin Annette Späth habe ihn gleich gut sichtbar in der Vitrine des Museums postiert, als die Frau noch da war. "Und ich versprach ihr, den Teddy noch mal auf einer Blumenwiese zu fotografieren und ihr das Foto zukommen zu lassen."
Statt Teddy eine große Puppe zum Spielen
Gesagt, getan. In dem Brief an die Frau bedankte sich Schütze erneut für den Teddy, sagte, die Frau könne ihn jederzeit im Museum anschauen und regte an, dass sie selbst mit ihr mal einen Kaffee trinken wolle. Doch dazu sei es nun bedauerlicherweise nicht mehr gekommen, sagt Schütze, denn leider ist die alte Dame nun Anfang dieses Jahres gestorben.
Es ist schon berührend, wenn man hört, wie Menschen an ihren früheren Spielsachen hängen, sagt die Frau mit dem großen Herzen für Kinder und ihr Spielzeug. Sie selbst habe gar keinen Teddy besessen, erzählt sie. Denn 1944/45, als sie fünf Jahre alt war, sei Spielzeug kein großes Thema gewesen. Aber sie habe eine große Puppe von der Großmutter zum Spielen gehabt, welche wohl in den 1890er Jahren gefertigt wurde.
Der Teddy des Vaters ist besonders kostbar
"Aber doch, ich hab auch einen Teddy", sagt Schütze plötzlich und erzählt von jenem alten Arztkoffer des Vaters, der sie seit ihrer Kindheit begleitet. Darin befindet sich nämlich, neben zahlreichen Feldpostbriefen des Vaters an ihre Mutter, auch jener etwa 15 Zentimeter große Steiff-Teddy, den ihr Papa wohl einst als Bub knuddelte und der auf den Namen Wutz gehört haben soll. Ausstellen würde sie den aber nicht. "Der ist für mich persönlich viel zu kostbar."
Was können Mädchen und Buben also sehen, wenn sie im Museum zu Gast in Hillas Spielzeugkiste sind und die Wechselausstellung betrachten? Teddybären aus aller Herren Länder sind da zu finden, versichert Schütze. Denn Bärenwesen als Spielzeug gibt es in zahlreichen Ländern. Mit in der Oberen Saline dabei sind beispielsweise zwei englische Paddington Bären, sagt sie. Dieser Bär habe seinen Namen nach dem Ort erhalten, an dem er angeblich gefunden wurde: Paddington Station in London.
Es handelt sich dabei um einen in England sehr bekannte Kinderbuch-Figur, die seit 1958 bei Kindern Furore macht. Mitglieder des BBC Symphony Orchesters, die regelmäßig zum Kissinger Sommer kommen, hatten Schütze das in England begehrte Spielzeug irgendwann mal mitgebracht, nachdem sie von ihrer Sammelleidenschaft Wind bekommen hatten.
Gleich drei Bärenfiguren aus England
Und dann ist da der ebenfalls englische Rupert Bär zu sehen, den die britische Künstlerin Mary Tourtel als Comic-Figur schuf und der erstmals am 8. November 1920 in der Zeitung Daily Express erschien. Andere Künstler und Schriftsteller arbeiteten weiter an der Kunstfigur. Rupert Bear ist laut Schütze zu einer bekannten Figur in der Kinderkultur im Vereinigten Königreich geworden.
In England bekannt ist zudem Pu der Bär (Winnie-the-Pooh), den der britische Kinderbuch-Autor Alan Alexander Milne in den Jahren 1924 bis 1926 erschuf. Schon vier Jahre später war Pu der Bär international bekannt. Er ist immerhin auf den Postkarten abgebildet, die Schütze auf einer ihrer Reisen nach London in der National Portrait Gallery aufstöberte. Abgebildet sind auf den beiden Karten Originalfotos, die Milne mit seinem Sohn Christopher und dem Bären Pu zeigen, erklärt Schütze die Besonderheit dieser Fundstücke, die auch noch einen Platz im Museum erhalten werden.
Wenn der Teddy Nieten hat
Die Sammlerin weiß irgendwie alles über Spielzeug-Bären, sei es über die Bärendarstellungen aus Holz und Ton, die aus Russland stammen oder über die kleinen Nieten-Bären aus dem Erzgebirge. "Die wurden aus einzelnen Teilen und mit Nieten zusammengenäht, um sie beweglich zu halten."
80 Jahre alt dürften laut Schütze die beiden Teddybären sein, die Liza Steinberger, die Nichte des Physik-Nobelpreisträgers von 1988, Jack Steinberger, ihr überließ, als sie einst aus Chapel Hill (North Carolina) anreiste, um Bad Kissingen zu besuchen.
Und dann muss Schütze auch noch eine andere nette Geschichte erzählen, die ebenfalls zum Thema ihrer Ausstellung passt. Eine ältere Dame, die wohl im Jahr 1910 in den Kindergarten in Hausen ging, brachte ihr ein altes Foto vorbei, auf dem zahlreiche Mädchen abgebildet sind: Alle haben Puppen in den Armen – nur eine drückt einen Teddybären an ihr Herz.
Öffnungszeiten des Museums Obere Saline: mittwochs bis sonntags von 14 bis 17 Uhr