"Nur für Dich!" Hilla Schütze hat lange überlegt, ob sie diese Ankündigung, ja dieses Versprechen ihrer Großmutter einhalten sollte. "Nur für Dich!" hatte Leo Schütze, so unterschrieb die Oma, weil ihr ihr voller Vorname nicht gefiel, eine Sammlung von Reimen und Zeichnungen über lustige Begebenheiten und Alltagsgeschichten voller Humor aus dem Leben ihrer Enkel Hilla und Manfred genannt. Diese sandte sie im Herbst 1940 ihrem Sohn Hermann mit mehreren Feldpostbriefen. Am Heranwachsen der "lieben kleinen Bützlein" daheim in Bad Kissingen Anteil nehmen können, sollte ihr Sohn auf diese Weise, und ein wenig Freude an den Kleinen empfinden, auch wenn ihm der Einsatz im Krieg zu Freude sonst eher wenig Anlass bot.
Eine wunderbare Kindheit beschert
In gelochten Einzelblättern zum Selbst-Zusammenheften nach Frankreich verschickt, hat sich das daraus entstandene Büchlein in der Familie erhalten. Und Hilla Schütze hat sich schließlich doch entschlossen, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nicht nur, weil das Buch, das die Enkelin daraus machte, der Großmutter, "die uns eine wunderbare Kindheit beschert hat", ein kleines Denkmal setzt. Sondern auch, weil sie nicht will, dass das "bescheidene und berührende Dokument einer unseligen Zeit" verloren geht. Und weil sie hofft, dass das Büchlein bewusst macht, "wie dankbar wir für 70 friedliche Jahre sein dürfen". Jugendliche könnten sich heutzutage ja gar nicht mehr vorstellen, was es heißt, dass Krieg ist. Viele wüssten auch nicht, wie es ist, ohne Elternliebe aufzuwachsen.
Es lassen sich sogar noch ein paar Gründe mehr dafür finden, das Büchlein zu lesen. Die Geschichten, die Hilla Schützes Großmutter zusammengetragen hat, fassen alltägliche Erlebnisse kleiner Kinder zusammen. Wer sie liest, kann sich an dem unbeschwerten Familienidyll erfreuen, das sie dem fernen Vater zur Erbauung schildern. Wer sich dazu den Subtext des Weltkriegs mit seinen Einschränkungen daheim und den Schrecken im Einsatz vor Augen führt, erkennt aber auch, dass es eine Leistung der Familie war, mit geringen Mitteln eine Welt zu schaffen, in der die Kleinen die Belastungen des Lebens jener Zeit nicht spürten.
Geschrieben mit gütigem Humor
Die Berichte von den Erlebnissen der Zwillinge Hilla und Manfred funktionieren aber auch ohne historischen Hintergrund. Blatt für Blatt liefern sie nette, kleine Geschichtchen, nicht außergewöhnlich oder gar sensationell, aber unterhaltsam. Aus den Zeilen spricht ein milder und gütiger Humor. Die Reime sind witzig, die Zeichnungen zeittypisch niedlich. Beides hält gewissen Qualitätsansprüchen durchaus stand.
Hilla Schütze belässt es aber nicht bei den Bildchen und Geschichtchen der Großmutter aus dem Jahr 1940. Sie ordnet das Nur für Dich! der Oma in die weitere Geschichte der Familie ein. Die Mutter starb 1943. Der Vater ist seit 1944 vermisst. Der 20. August jenes Jahres ist jener Tag, an dem Hermann Schütze in der Nähe von Vilnius im heutigen Litauen das letzte Mal lebend gesehen wurde. 1945 beschlagnahmte die US-Armee das Haus der Familie Schütze und gab es erst mehr als ein Jahrzehnt später wieder frei. Wenige Monate bevor auch die Großmutter starb.
Auflage von 1000 Exemplaren
Vorgestellt hat Hilla Schütze das selbst verfasste und gestaltete sowie im Eigenverlag in einer Auflage von 1000 Exemplaren veröffentlichte Buch jetzt in Claudia Bollenbachers seitenweise. Die Buchhandlung. Erhältlich ist das 77 Seiten umfassende Werk zum Preis von 14,80 Euro grundsätzlich überall im Buchhandel und darüber hinaus im Museum Obere Saline. Für jedes verkaufte Buch will Hilla Schütze zwei Euro der Kriegsgräberfürsorge stiften.