Diese Plakate fallen ins Auge: "Der Englische Garten heißt bei uns Luitpoldpark" oder "Die Croissants heißen bei uns Kissinger" stand da beispielsweise in den vergangenen Wochen in großen Lettern auf Werbetafeln und Litfaßsäulen der Stadt. Vier solcher scheinbar naseweisen Botschaften sind bereits unter die Leute gebracht. Demnächst kommt nun ein neuer öffentlicher Fingerzeig hinzu: "Die Salzburger Festspiele heißen bei uns Kissinger Sommer".
Ist das nicht etwas dick aufgetragen? Und was soll das eigentlich bedeuten? Das mag sich so mancher Passant, so manche Passantin in den vergangenen Wochen gefragt haben. Doch genau diese Nebenwirkungen sind beabsichtigt. Denn die Menschen sollen nachdenken, was in der Stadt alles zur Verfügung steht. "Wir wollten uns mit der neuen Standortkampagne frech auf Augenhöhe mit anderen Städten bringen", sagt Oberbürgermeister Dirk Vogel im Gespräch mit dieser Redaktion. "Denn wir können uns attraktiv präsentieren."
Die Idee entstand in einer Kaffee-Pause
Bad Kissingen stehe nun mal auch mit den Großstädten im Wettbewerb. Mit dieser Werbeaktion wolle die Stadt zeigen, dass das fränkische Staatsbad an der Saale durchaus mit diesen urbanen Ballungszentren mithalten kann. Mit dem #beiunsinbk will die Stadt zudem über Social Media potenzielle Gäste für Bad Kissingen interessieren.
Die Idee sei sozusagen in einer Kaffee-Pause entstanden, sagt der OB. Pressesprecher Thomas Hack und er hätten vor einiger Zeit zusammengesessen und Gedankenspiele angestellt, wie man künftig werbetechnisch auch mal mit Bad Kissingens Pfunden wuchern könnte. "Denn wir müssen uns fragen, wo wir mit wem in Konkurrenz stehen."
Das Image des Kurorts aufmöbeln
Angelehnt ist die neue Initiative an Standort-Marketing-Kampagnen anderer Regionen, sagt Vogel und nennt als Beispiel den noch heute vielfach zitierten Spruch, mit dem die Baden-Württemberger in den 1990er Jahren für sich warben: "Wir können alles. Außer Hochdeutsch".
"Das war genial damals, weil es authentisch war", sagt Vogel. Jeder kennt den Schwarzwald. Man habe mit dieser Initiative das biedere Image dieses Urlaubsziels aufmöbeln und zeigen wollen, dass diese Region auch ein interessanter Industrie-Standort ist.
Für den OB liegt die Schlussfolgerung auf der Hand: Bad Kissingen galt einst als Weltbad und wurde erstmals 2001 in einer Emnid-Umfrage als "bekanntester Kurort Deutschlands" ermittelt. Damit wirbt man bis heute. Man sei in der Stadt an eine "hohes Lebensniveau" gewöhnt. Doch von nichts kommt nichts. Nach Vogels Ansicht muss die Stadt nun daran arbeiten, diesen Ruf zu erhalten und zum Beispiel die wirtschaftlichen Stärken der Stadt in den Vordergrund rücken.
"Wir müssen hier neue Unternehmen ansiedeln, zum Beispiel im früheren Kasernengelände." Denn der wirtschaftliche Erfolg einer Stadt sei abhängig von Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Und wenn Unternehmen da sind, müsse die Stadt auch "Arbeitskräfte binden", so Vogel weiter. Das heißt, Wohnraum schaffen und auch die weichen Standortfaktoren in den Vordergrund stellen. "Wir müssen zeigen, dass wir hier nicht in einer vergilbten Stadt leben, sondern am Puls der Zeit sind."
An den guten Ruf von früher anknüpfen
Hinzu komme, dass Bad Kissingen eine "herausragende Geschichte" und historische Baukunst aufzuweisen hat, weswegen sie 2021 auch mit dem Unesco-Titel ausgezeichnet wurde, so der OB weiter. Auch damit könne man, im Vergleich zu Großstädten, punkten und das Marketing als Chance nutzen, neue Gäste in die Stadt zu bringen. "Bad Kissingen wurde im 20. Jahrhundert als kleine Großstadt konzipiert, als Klassiker des europäischen Kurwesens." An diesen Ruf könne man anknüpfen.
"Wir wollen mit dieser Kampagne das Selbst- und Fremdbild der Stadt modernisieren und die Stadt als attraktiven Wohn-, Lebens- und Arbeitsstandort präsentieren", sagt Vogel. Natürlich sei es auch wichtig zu zeigen, dass es sich lohnt, mal zu Besuch hierher zu kommen und zu übernachten. Dafür zu werben, sei jedoch eher die Aufgabe der Staatsbad Bad Kissingen GmbH, an der die Stadt ja mit 53 Prozent beteiligt ist.
Die neue Standort-Kampagne habe jedoch mehr damit zu tun, die wirtschaftspolitische Ausrichtung der Stadt zu stützen, sagte der OB. "Wir wollen mehr Unternehmen hier, das bringt Gewerbesteuer." Nach Vogels Ansicht muss man aber künftig freilich auch weiter in zwei andere Geschäftsfelder investieren: in den Reha-Bereich und in die ambulante Badekur.
Denn seit die ambulante Badekur im vergangenen Jahr von der Ermessensleistung wieder zur Pflichtleistung wurde, könnte sie, nach Vogels Ansicht, in Kurorten wie Bad Kissingen nun vielleicht bald wieder eine größere Rolle spielen. Deshalb arbeite man beispielsweise daran, in absehbarere Zeit Badearzt-Termine online anzubieten und so zusätzliche Gäste hierher zu bringen.
Kampagne soll Leitmotiv der kommenden Jahre sein
Schließlich hat die Kur eine "wirtschaftliche Kraft", weil die Gäste hier 21 Tage lang übernachten, so der OB weiter. Man müsse alles daran setzen, diese Chance zu nutzen, "wenngleich uns dies das alte Bad Kissingen nicht wiederbringen wird".
Was die neue städtische Standortkampagne angeht, soll diese um weitere Motive ergänzt werden und in den nächsten Jahren zum Leitmotiv des Stadtmarketings werden. Die Kosten dafür seien vergleichsweise gering, sagt Vogel und spricht von einem Betrag "unter 14.000 Euro".
Diese Summe habe man aus dem städtischen Haushalt, genauer gesagt aus dem Topf Wirtschaftsförderung, "herausgeschnitten", um beispielsweise das Layout der Plakate oder die Rechte an den Bildern aus anderen Städten zu bezahlen. Die Reaktionen auf diese Kampagne seien positiv gewesen, wenngleich es auch schon ein paar kritische Stimmen gab, so der OB weiter. Zu maulen sei aber heutzutage en vogue. Vogel: "Uns geht’s mit der Kampagne um die Vermittlung eines positiven Lebensgefühls. Denn man kann nichts alles schlecht reden, sondern man muss auch etwas Positives schaffen."
Infos unter www.badkissingen.de sowie unter #beiunsinbk