Bad Kissingen

"Müssen wieder zu vernünftigen Zinsverhältnissen kommen"

Die diesjährige Mitgliedervertreterversammlung der VR-Bank Bad Kissingen eG fand am vergangenen Mittwoch statt. Unsere Zeitung sprach mit dem Vorstandssprecher der VR-Bank Bad Kissingen eG, Rainer Geis, über das vergangene Jahr 2019, Niedrigzinsen, Corona und die Ausrichtung der Bank in der Zukunft.
Rainer Geis, Vorstandssprecher der VR-Bank Bad Kissingen eG, spricht über die Zukunft der VR-Banken. Foto: Archiv/Sigismund von Dobschütz       -  Rainer Geis, Vorstandssprecher der VR-Bank Bad Kissingen eG, spricht über die Zukunft der VR-Banken. Foto: Archiv/Sigismund von Dobschütz
| Rainer Geis, Vorstandssprecher der VR-Bank Bad Kissingen eG, spricht über die Zukunft der VR-Banken. Foto: Archiv/Sigismund von Dobschütz

Das Jahr 2019 ist abgeschlossen - Corona gab es da noch nicht. Trotzdem war es nicht einfach! Was machte der VR-Bank zu schaffen?

Rainer Geis: 2019 stand unter der Ãœberschrift "Konsolidierung". Die noch offenen Aufgaben der Fusion galt es weiter abzuarbeiten und die Effizienzen zu heben.

Was ist damit gemeint?

Einfach gesagt: Viel Arbeit! Und das bei allen Führungskräften der Bank und bei allen Kolleginnen und Kollegen. Es mussten neue Prozesse gelernt sowie zwei Kulturen zusammengeführt werden, und alles im Sinne unserer Kunden und Mitglieder. Und all das muss sich zudem in Euro in unserer Gewinn- und Verlustrechnung bemerkbar machen.

Warum?

Niedrigzinsen und Negativzinsen führen weiterhin zu fallenden Erträgen. Und eine alte Kaufmannsweisheit sagt: "Wenn deine Erträge fallen, dann müssen die Kosten runter!" - Du musst Effizienzen heben.

Gab es sonst noch Veränderungen?

In Oberthulba zog unser KundenServiceCenter ein. Dort werden jetzt täglich im Schnitt 400 Anrufe in Empfang genommen und bearbeitet. Echt klasse, was die Kollegen unserer Abteilung "Bau und Raum" dort geschaffen haben. So etwas geht natürlich auch nicht nebenbei und ist mit zusätzlichem Arbeitsaufwand verbunden.

In der Tat, das waren viele Veränderungen!

Ach, wissen Sie, was mir gerade noch einfällt? Wir hatten ja auch noch eine Großprüfung der Bundesbank . Die kommen so alle zehn Jahre - auch das musste organisiert und abgearbeitet werden. Acht Wochen Vorbereitung und drei Wochen Prüfung mit sechs Prüfern. Ich kann im Nachgang berichten, dass wir die Prüfung wirklich gut gemeistert haben.

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende. Es war schwierig. Was wiegt schwerer - Corona oder der Negativzins?

Corona natürlich! Da geht es um eine richtig große Veränderung, die der gesamten Menschheit zusetzt. Und Menschen "wiegen" mehr als Zahlen!

Wird es die Genossenschaftsbank in fünf Jahren noch geben?

Ja! Ganz klar!

Warum? Die Geschäftsstellenschließungen sprechen aus Kundensicht eine eigene Sprache!

Die gesamte EU wird umgebaut beim Thema "Nachhaltigkeit". Ich glaube, das Thema ist in der Bevölkerung noch nicht so richtig angekommen. Es geht im Kern darum, dass zukünftige Generationen auch noch mit den Ressourcen dieses Planeten leben können. Ich sage ja immer: "Unsere Väter und Mütter haben uns Burgen und Schlösser hinterlassen. Was hinterlassen wir?" Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung hierzu. Wir müssen handeln, und die EU wird handeln! Und nun zu uns. Die nachhaltigste Rechtsform ist die einer Genossenschaft . Kleinteilig, überschaubar, regional, Demokratie pur.

Und aus diesem Grunde gibt es die VR-Bank auch weiterhin?

Sie fragen ja, wie wir in fünf Jahren aussehen. Anders als heute! Bestimmt digitaler. Und bestimmt auch mit weniger Geschäftsstellen. Aber Kundennähe geht auch anders. Das hat nur bedingt was mit Geschäftsstellen zu tun. Schauen Sie mal nach Oberthulba. Da rufen am Tag im Schnitt 400 Kunden an und haben nach "drei Mal klingeln" eine Kollegin oder einen Kollegen von uns dran. Und diese arbeiten den Kundenauftrag sofort ab. Wo ich hinhöre, wird diese Einheit gelobt! Ich denke da sieht man, dass Kundennähe auch anders geht.

Morgen kann kommen - wie stellt sich die VR-Bank auf "das Morgen" ein? Was ist morgen anders als heute?

Ganz einfach! Wir schauen jedes Jahr mit unseren Führungskräften auf unseren Strategieprozess - welche Leistungen wollen unsere Mitglieder und Kunden in Zukunft von uns haben? Wie können wir unseren Mitgliedern einen Mehrwert bieten?!?! Wie können wir die junge Generation mit der alten Generation, mit der wir groß und erfolgreich geworden sind, verbinden? Darauf haben wir Antworten.

Was wünschen Sie sich von der Politik für die Regionalbanken ?

Ich würde mir wünschen, dass man sich in der EU die Frage stellt, welches Land ist das Land mit der besten Wirtschaftsleistung? Man müsste auf Deutschland kommen. Dann müsste man sich weiter die Frage stellen, was macht dieses Land so erfolgreich? Man müsste auf den Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft kommen. Dann würde ich die Frage stellen, wer finanziert diese Mittelständler ? Als Antwort müsste kommen: zu 80 Prozent die Genossenschaftsbanken und Sparkassen .

Ihr Wunsch?

Dass man dieses Erfolgsmodell in der ganzen EU ausrollt. Würde ja auch hervorragend zum Thema "Nachhaltigkeit" passen. Wenn ich mir dann noch etwas wünschen dürfte? Wir müssen wieder zu vernünftigen Zinsverhältnissen kommen, damit diese Bankengruppen, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft finanzieren, wieder vernünftig Geld verdienen können! Bei allen Anstrengungen, die wir selbst auch intern zu unternehmen haben. Ja, so könnte es laufen...

 
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