
Hei, was für ein Spaß! "Eine Frau, die weiß, was sie will!", eine musikalische Komödie von Oscar Straus, fegte beim Kissinger Sommer im Kurtheater mit solcher Vehemenz und Spielfreude über die Bühne, dass das Publikum zum Schluss in minutenlangen Jubel ausbrach.
Aber man musste schon die Bereitschaft mitbringen, sich auf eine gehörige Portion Komik und Klamauk, allerdings im besten Sinne, einzulassen. 30 Rollen gibt es in diesem Stück, das 1932 uraufgeführt wurde, zwölf davon hat Regisseur Barrie Kosky gestrichen. Bleiben immer noch 18. Und die übernehmen in der Produktion der Komischen Oper Berlin ganze zwei Darsteller: Dagmar Manzel, bekannt aus dem Franken-"Tatort", und Max Hopp - glänzend besetzt, genial umgesetzt, ein Volltreffer!
Als Bühnenbild reicht die Andeutung einer Wand mit Schwingtür und Wandleuchtern
In diesem komödiantischen Singspiel geht es um die Diva Manon und den Backfisch Lucy, die sich in denselben Mann (Raoul) verlieben. Es geht um die Rolle der Frau, um freizügigen Lebensstil, Seitensprung und Abenteuer. Zahlreiche Männer säumen den Weg der Diva; sie alle werden mit ihren Charakteren ebenso repräsentiert wie Dienstboten oder Mitarbeiter.

Als Bühnenbild reicht die Andeutung einer Wand mit Schwingtür und Wandleuchtern, wie man sie mit Theatern, Wohnräumen, Separées assoziieren kann. Gespielt wird davor und dahinter. In rasend schnellem Wechsel erlebt man Manzel als strahlende Diva in schwarzem Glitzer, als gebückten Greis, als naiven Junggesellen. Hopp travestierend als baumlanges Teenager-Girlie ganz in Rosa, als Tennis-Champion, als Teilnehmer einer Gesellschaft.
Die Verwandlungen gelingen mit schnell gewechselten Kostümen und mit Schauspielkunst
Die Verwandlung gelingt zum einen mithilfe der blitzschnell gewechselten Kostüme, zum anderen durch die Schauspielkunst von Manzel und Hopp. Beiden schlagen dem Publikum die Typen so rasant um Ohren und Augen, dass man nur bewundernd staunen kann. Höhepunkte werden erreicht, wenn Hopp mit sich selbst Tennis spielt und flink die Seiten wechselt, um die Bälle zu erhaschen. Auch die Abendgesellschaft mit zahlreichen Gästen meistert er ganz alleine. Manzel teilt ihre Persönlichkeit dafür im Separée in Manon und Raoul.
Sprechszenen in atemberaubendem Tempo und verschiedensten Dialekten lösen sich ab mit gesungenen Passagen. Kleine Textänderungen weisen auf die Region hin. Dass der Mini-Auftritt von Hopp als Cecilia Bartoli, einst Stammgast beim Festival, für Bad Kissingen zusätzliche Bedeutung haben würde, hatte der Regisseur aber sicher nicht im Sinn, als er all die Gags ausheckte. Die Idee Koskys, selbst Jude, dem Bankdirektor orthodox-jüdische Schläfenlocken zu verpassen und ihn den kleinstgeizigen Blumenstrauß überreichen zu lassen, ist zumindest diskussionswürdig.

Manches wird einem zu viel an Klamauk, die Hand der Dienerin etwa, die mehrfach eingeklemmt wird. Herrlich überzeichnet jedoch Hopp als blutjunge Ehefrau Lucy, die doch noch ihre Mama braucht, oder Manzel als Frau, die Aufbruch und neuen Zeitgeist repräsentiert, mit einer wunderbaren Stimme irgendwo zwischen Chanteuse und Soubrette.
Der Jubel nach 90 Minuten gilt neben Manzel und Hopp auch dem wunderbar eingestellten Orchester unter dem Dirigenten Adam Banzwi, dazu dem gesamten Mitarbeiterteam, das mit an die Rampe treten darf.