Wenn aus selbstgebauten Boxen Musik dröhnt, an jeder Ecke zischend die ersten Bierdosen geöffnet werden und es nach ein paar Metern schon nach Ravioli aus der Dose und Fünf-Minuten-Terrinen riecht, dann kommt bei Festival-Fans endlich wieder Stimmung auf. Auch auf den Wiesen vor Rottershausen schlugen, nach zwei Jahren Corona-Pause, von Donnerstag bis Samstag, 23. bis 25. Juni, wieder zahlreiche Festival-Gängerinnen und Gänger für das "Ab geht die Lutzi" ihre Zelte auf.
Am Donnerstagmittag strömen die ersten Besucherinnen und Besucher in der prallen Mittagshitze auf das Campinggelände. Gut verschnürt in Bollerwagen, Sackkarren und Rucksäcken schleppen sie Zelte, Pavillons und palettenweise Bier auf die Wiesen. Rund 2500 Menschen campen in diesem Jahr beim Lutzi-Festival. Insgesamt besuchten das Festival an den drei Tagen jeweils zwischen 2500 und rund 5000 Gäste. "Wir sind sehr zufrieden", sagt Veranstalter Christian Stahl am Sonntag.
Bereits wenige Minuten nach Einlassbeginn am Donnerstag um 12 Uhr schallt Musik über den Platz, zum Aufbau der Camps wird mit dem ersten Dosenbier des Wochenendes angestoßen und gleich Kontakt zu den Camperinnen und Campern im Nachbarlager hergestellt.
Familiäre Stimmung auf dem Lutzi - "Das ist jedes Mal ein bisschen wie heimkommen"
Für viele hier ist es das erste Mal nach zwei Jahren Pandemie. "Das hat es jetzt wirklich mal wieder gebraucht", sagt Karl-Ludwig Heilmann. Der 33-Jährige ist bereits zum dritten Mal auf dem Lutzi. "Das Campen ist auf einem Festival einfach das Geilste, das ist Tradition", sagt er. "Schau dich doch mal um - das kann man nicht beschreiben, das muss man fühlen." Die Ernsthaftigkeit des Alltags hinter sich lassen, ungezwungen neue Leute kennenlernen und mit alten und neuen Freunden zusammen campen, anstoßen und feiern, ob bei 30 Grad im Schatten oder drei Tagen Regen - das scheint es zu sein, was für viele hier das Lebensgefühl auf Festivals ausmacht.
Da stört es auch nicht, dass einige Camperinnen und Camper bereits am Donnerstag mit der ersten Runde Nackt-Flunkyball beginnen und ein Festival-Besucher mit Musikbox auf dem Rücken lautstark eine Polonaise über das komplette Campinggelände führt. Viele haben sich hier über die Jahre kennengelernt und jede und jeder akzeptiert die Ausgelassenheit der Mit-Camperinnen und Mit-Camper.
Am "Ab geht die Lutzi" wissen viele aber noch etwas anderes besonders zu schätzen. "Die Wege hier sind kurz und man kennt sich untereinander", sagt Janina Werner. Die 22-jährige Hildesheimerin ist bereits zum vierten Mal auf dem Lutzi. "Das ist jedes Mal ein bisschen wie heimkommen", sagt sie. Auch das Rahmenprogramm, wie die Schnitzeljagd oder die Sauna, trägt für viele zu der speziellen Stimmung auf dem Lutzi bei. "So eine Sauna sollten viel mehr Festivals haben", sagt Stefan Heilmann. "Weil es entspannt ist und man sich auf dem Festival so zumindest einmal duscht", sagt der 28-Jährige und lacht. Auch die morgendliche Bieryoga-Sitzung findet großen Anklang. "Bieryoga war neu und mit über 100 Teilnehmern noch besser besucht als erwartet", sagt Veranstalter Stahl am Sonntag.
Regenschauer und Wind, doch das befürchtete Unwetter blieb aus
Doch auch am Lutzi geht Corona nicht spurlos vorbei. So müssen unter anderem einige der auf dem Gelände vor den Bühnen geplanten Stände aufgrund von Corona-Fällen unter den Mitarbeitenden absagen. "Das Team hat in allen Bereichen sehr schnell und flexibel umgeplant, sodass es für die Gäste kaum wahrnehmbar war", zieht Stahl Bilanz. Im Programm macht sich die Pandemie hingegen deutlicher bemerkbar. So müssen die Auftritte der Bands "Grossstadtgeflüster" und "Blond" kurzfristig ausfallen. "Mit Matze Rossi am Freitag und Blackout Problems am Samstag haben wir in kürzester Zeit aber sehr guten Ersatz gefunden", sagt Stahl.
Das für Freitag befürchtete Unwetter zieht dafür recht glimpflich am Lutzi vorüber. Zwar müssen einige Zelte vorsichtshalber gesichert und Banner von den Bauzäunen genommen werden, größere Zwischenfälle gibt es jedoch nicht. Insgesamt sei man mit dem Lutzi-Festival in diesem Jahr deshalb sehr zufrieden, so Stahl weiter. "Es war für das Team eine große Herausforderung, nach der langen Pause das Festival wieder hochzufahren." Für das Lutzi im nächsten Jahr gebe es bereits diverse neue Ideen.
Nach drei Tagen voller Konfetti und Pogo vor den Bühnen geht das Lutzi dann mit den Auftritten von "Anti-Flag" und "TMY" auf der Hauptbühne Samstagnacht zu Ende. Sonntagmorgen herrscht auf dem Campingplatz Katerstimmung. Pavillons und Zelte verschwinden wieder in Taschen und Kartons, Camperinnen und Camper tragen Müllsäcke über den Platz und übriggebliebene Bierdosen werden für das nächste Festival eingepackt. Denn für viele hier ist der Festival-Sommer mit dem Lutzi noch lange nicht vorüber.