Für viele wird sich der Sommer in diesem Jahr weitgehend in heimischen Gefilden abspielen. Zeit, einmal die Stadt zu erkunden, manche Sehenswürdigkeit zu entdecken oder mit anderen Augen zu sehen. Abseits der sonst üblichen Alltagshektik lässt es sich vortrefflich durch Schweinfurts Straßen und Gassen oder den Grüngürtel schlendern. Entspannt kann man die vielen schönen und auch geschichtsträchtigen Ecken auf sich wirken lassen.
Vieles wird auch in den Führungen der Tourist-Information Schweinfurt 360° vorgestellt, aber auch im Alleingang kann man mit offenen Augen die Attraktionen begutachten und mit neuem Blick wahrnehmen. Moderne Architektur findet sich neben Bauwerken vergangener Jahrhunderte, ein Grüngürtel zieht sich entlang der östlichen Stadtbefestigung und bietet herrliche Abwechslung an schönen Sommertagen. Er erstreckt sich vom Obertor bis zum Mainufer und sein Bild wird von den Resten der mittelalterlichen Befestigungsanlage geprägt.
Historischer Handdrehkran
Um ein bisschen Sommerflair zu tanken bietet sich ein Spaziergang am Main auf der Gutermann-Promenade an, benannt nach dem Schweinfurter Lehrer und Heimatforscher Hubert Gutermann (1892-1974). Auf der Promenade finden sich zahlreiche industrie- und technikgeschichtliche Denkmäler . Ein historischer Handdrehkran diente früher dazu, Schiffe zu be- und entladen. Heute ist er Blickfang an der Schiffsanlegestelle des "Meedämferles".
Geht man weiter, erreicht man das Walzenwehrdenkmal. Es stellte zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine technische Weltneuheit dar und gilt als Muster für sämtliche Walzenwehre in Deutschland. Sein Bau geht auf eine Naturkatastrophe 1897 zurück. Große Eismassen zogen das damalige Überfallwehr so sehr in Mitleidenschaft, dass erst durch den Bau des Walzenwehres eine risikolose Eisabführung und eine verlässliche Wasserstandsregulierung gesichert werden konnte.
Auch abseits des Mains lässt es sich dem Verlauf der ehemaligen Stadtmauer folgend wunderbar durch die Grünanlagen vorbei am Samtturm, den Pulvertürmen am Unteren Wall, den Turmfragmenten des Weißen Turms und des Wiesenhüterturmes streifen. Die Wallgräben gehören zu eindrucksvollen Zeugnissen der Schweinfurter Stadtgeschichte .
Grünanlage Philosophengang
Ein Fachwerkgartenhaus im Schweizer Stil um 1900 ist Kernstück der Grünanlage am Obertor. Vom nordwestlichen Teil der Obertor-Bastion führt der Weg auf halber Höhe des Walles entlang der 1564 erbauten Stadtmauer . Dort stehen auch die noch erhaltenen Mauertürme. Eine Erweiterung dieses Grüngürtels ist die Grünanlage Philosophengang mit Teichanlage, Springbrunnen und zahlreichen Spielmöglichkeiten für Kinder.
Die Platanenallee, als grünes Tor zur Stadt, verbindet Am Mühltor symbolisch die Grünanlage vom Oberen Wall mit der am Unteren Wall. Im nördlichen Pulverturm befindet sich Schweinfurts kleinste Weinstube "s'Türmle". Über den südlichen Pulverturm gelangt man nach oben auf den Wall und weiter in den "Zürch".
Im Stadtteil "Zürch" wird den Besuchern eindrucksvolles Biedermeieridyll durch das wieder verlegte Kopfsteinpflaster und die sanierten historischen Wohnhäuser vermittelt. Diese östlich vom Marktplatz gelegenen Bereiche der Schweinfurter Altstadt mit ihren ruhigen kleinen Gassen gehören seit den Sanierungsmaßnahmen in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zu den schönsten wiedererstandenen Zeugnissen der mittelalterlichen und reichsstädtischen Vergangenheit.
Im Bereich Rückertstraße, Linsengasse und Burggasse bestimmen Handwerkshäuser das Bild. Ein verwinkeltes Gassensystem fasziniert um das Gebiet "Krumme Gasse". Es reicht von der Rückertstraße bis zum Obertor und wird im Westen vom Marktplatz und im Osten von den Resten der Stadtbefestigung begrenzt. Es gilt als eines der schönsten Quartiere der Altstadt . Der mittelalterliche Stadtgrundriss mit seiner kleinteiligen Häuserstruktur blieb trotz der Kriegsschäden erhalten und ebenso viele der zwei- bis dreigeschossigen, traufseitigen Wohngebäude mit den Fassaden aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert.
Südlich schließt sich der Stadtteil "Zürch" an. Seine Zentren sind die Sankt-Salvator-Kirche und in direkter Nachbarschaft zum Museum Georg Schäfer und nur wenige Schritte vom Marktplatz entfernt der Ebracher Hof, in dem die Stadtbücherei in der ehemaligen Zehntscheune untergebracht ist. Die Zehntscheune, die früher einen großen Weinkeller, eine Kapelle, Wohnräume und einen Getreidespeicher beherbergte, ist das markanteste Gebäude des Ebracher Hofes. Das historische Gebäude gehört in seiner erhaltenen Form zu den wichtigsten Renaissance-Bauwerken der Stadt Schweinfurt .
Ebenfalls malerisch im "Zürch" gelegen ist die evangelische St. Salvator Kirche. Sehenswert ist der Posaunenengel auf der eleganten Kuppelhaube mit zwei übereinander liegenden Laternen, Er diente den Schweinfurtern früher als Wetterfahne. Blies der Engel die Posaune nach außen, bedeutete dies schlechtes Wetter, blies er gegen die Stadt, konnte man sich auf gutes Wetter freuen. Friedrich Rückert dichtete daher auch: "Doch er ist nicht gut gelaunet, sah ich doch beim letzten Schein, weil er aus der Stadt posaunet und sein Hintres kehrt hinein."
Industriedenkmal Schrotturm
Das im wahrsten Sinne des Wortes herausragende Projekt in der südlichen Altstadt war die Wiederherstellung des ehemaligen Bürgerhauses und späteren Industriedenkmals Schrotturm. Der Schrotturm ist heute eines der Gebäude , die das Stadtbild von Schweinfurt entscheidend prägen. Seinen Namen erhielt er Anfang des 19. Jahrhunderts, als er zur Herstellung von Schrotkugeln diente.
Nach der feierlichen Übergabe des wiederhergestellten Baudenkmals im Jahre 1990 wurde es schnell zum kulturellen Zentrum der südlichen Altstadt .
Hier haben die Rückert-Gesellschaft und der historische Verein ihr Domizil, das Erdgeschoss und der Gewölbekeller werden von der Volkshochschule und als Kleinkunstbühne für diverse Veranstaltungen genutzt. Kirsten Mittelsteiner