
Die gute Nachricht ist: Der Etat 2024 des Landkreises ist ausgeglichen. Die schlechte ist: Das wird sich in den kommenden Jahren drastisch ändern. Freilich gibt es auch in den Jahren 2025 bis 2027 etliche Unwägbarkeiten in den allgemeinen Finanzdaten des Kreisetats. Relativ genau vorausberechnen lassen sich aber geplante Investitionen, wie zum Beispiel das Mammutprojekt Schulzentrum Hammelburg.
Der Etat 2024 des Kreises war in den Ausschüssen mehrfach vorberaten worden. Am Montag im Kreistag ging er mit 48:3 Stimmen durch. Gegenstimmen kamen von Norbert Schmäling (ÖDP/Klima), Adelheid Zimmermann (FDP) und Monika Koch (Grüne/BfU).
Doch zunächst zur Kassenlage des Landkreises für das Haushaltsjahr 2024: Laut Kämmerer Stefan Lang stehen rund 37,2 Mio. Euro an liquiden Mitteln zur Verfügung. Aus dem Etat 2023 müssen noch 13,9 Mio. Euro für Investitionen berücksichtig werden. Zudem gibt es einen Haushaltseinnahmerest von rund fünf Mio. Euro. Die Nettoliquidität liegt jetzt, laut Lang, bei 28,3 Mio. Euro.
Nettoneuverschuldung ist bald nicht mehr zu vermeiden
Der Kämmerer machte klar, dass er für die kommenden Jahre mit einem Abschmelzen der Liquidität des Kreises rechnet, denn es stehen hohe Investitionen an. 2025 bis 2027 werde es einen Finanzmittel-Fehlbetrag von 84 Mio. Euro geben. Das heißt, es muss ein ebenso hoher finanzieller Betrag neu aufgenommen werden. Der Beschluss zur Vermeidung einer Nettoneuverschuldung, den der Kreistag vor etlichen Jahren fällte, müsse dann, so Lang weiter, aufgehoben werden.
Der Kämmerer stellte eine rechnerisch überdeutliche Verschuldung in den nächsten Jahren fest: Ende 2027 wäre der Kreis, nach seinen Angaben, bei 100 Mio. Euro Schulden angelangt. "Das wird so aber nicht kommen", sagte er. Denn zuvor müsse eingespart werden oder man müsse die Kreisumlage erhöhen. Im jüngsten Kreisausschuss hatte er eine Erhöhung des Hebesatzes bis 2027 um zehn Prozentpunkte nicht ausgeschlossen - falls nicht gegengesteuert würde.
CSU spricht von Stabilität, Verlässlichkeit und Zukunftsorientiertheit
Dass man allgemein in einer Zeit der Krisen lebe, daran könnten die Verantwortlichen im Landkreis nichts ändern, sagte CSU-Fraktionssprecher Martin Wende. Aber man könne mit den politischen Entscheidungen im Kreistag "Stabilität, Verlässlichkeit und Zukunftsorientiertheit ausstrahlen". Dies zeige sich im Haushalt 2024 beispielsweise durch die stufenweise Umsetzung beschlossene Projekte , durch die Förderung von Kultur und Ehrenamt sowie durch die geplante Weiterentwicklung des ÖPNV.
Dass die Verbindlichkeiten des Kreises stetig und rasant steigen werden, bereite natürlich Sorgen, so Wende weiter. Jedoch stünden hinter jeder Kreditaufnahme echte Werte - in diesem Fall Immobilienwerte, spielte er auf das Schulzentrum Hammelburg an. Nach Ansicht der CSU-Fraktion sind dies "Investitionen in die Zukunft". Was den ÖPNV angeht, wünsche er sich für den Kreis "moderne, intelligente und bedarfsorientierte" Lösungen.
SPD setzt auf Besonnenheit und Weitsicht
Für den Fraktionsvorsitzenden Norbert Schaub (SPD) ist in diesen Zeiten "Besonnenheit und Weitsicht" gefragt. Die Kreisumlage bei 44 Prozentpunkten zu belassen, sei ein "vernünftiger Schritt", gerade im Hinblick auf die Kommunen. Man müsse in diesen Zeiten den sozialen Zusammenhalt stärken und Solidarität zeigen, so Schaub weiter.
Für die SPD-Fraktion sind, laut Schaub, die Bildung, die Energieversorgung, die Weiterentwicklung des ÖPNV und die Gesundheitsversorgung im Landkreis die Themen der Zukunft. Freilich sei die finanzielle Situation des Kreises in den nächsten Jahren angespannt, sagte er im Hinblick auf den Bericht des Kämmerers. "Es wäre fahrlässig, die Realität zu verkennen." Sein Vorschlag: Man müsse gute Lösungen finden und Investitionen gut durchdenken.
Für Grüne/BfU stehen besondere Herausforderungen an
Volker Partsch, Fraktionssprecher von Die Grünen/BfU bezeichnete den Etat als "strategischen Gesamtplan für die Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft", über den alle im Kreistag mit Ernsthaftigkeit diskutiert hätten, was gerade in einer Zeit der allgemeinen Krisen wichtig sei. Es stünden künftig besondere Herausforderungen an.
Dass die Verschuldung des Kreises möglicherweise um das Vierfache steigen wird, dürfe so nicht kommen. Partsch: "Es gilt hier strenge Haushaltsdisziplin zu wahren und entbehrliche Projekte zu streichen." Den Finanzplan für die Jahre 2025 bis 2027 könne die Fraktion Die Grünen/BfU deswegen so nicht mittragen, kündigte er in seiner Rede gleich an.
FW, CBB und PWG sorgen sich um Kostenanstieg in der Jugendhilfe
FW-CBB-Fraktionssprecher Wolfgang Dünisch sprach auch im Namen der PWG, als er sagte, die derzeitigen Krisen hätten nicht nur zu einer Mehrbelastung des Bunds geführt. Sie würden auch die Landkreis-Haushalte belasten, wenn Sozialkosten steigen und immer mehr Flüchtlinge untergebracht werden müssten. Ihm mache unter anderem der starke Anstieg der Kosten in der Jugendhilfe Sorgen, der freilich durch den Anstieg der Fallzahlen bedingt ist.
Das geplante Hammelburger Schulzentrum nannte er ein "Leuchtturmprojekt" im Hinblick auf pädagogische neue Konzepte und energieeffizientes Bauen. "Wir stehen hinter dem Projekt", sagt Dünisch, wenngleich es die Pro-Kopf-Verschuldung des Landkreises in die Höhe treiben werde.
ÖDP/Klima stellt künftige Handlungsfähigkeit des Kreises in Frage
"Der Etat 2024 zementiert unumkehrbar unseren Weg in eine noch nie dagewesene Schuldenlage", sagte Norbert Schmäling (ÖDP/Klima). Das Zahlenwerk stelle die Aufrechterhaltung der künftigen Handlungsfähigkeit des Kreises in Frage. Bereits bezüglich des Etats 2023 habe die Regierung von Unterfranken es "besorgniserregend" gefunden, dass für die Haushaltsjahre 2025 und 2026 die liquiden Mittel zur Deckung des Defizits nicht ausreichen werden, sagte Schmäling. Damals sei der für 2027 prognostizierte Schuldenstand noch gar nicht bekannt gewesen.
Bildung ist wichtig, sagte Schmäling, hinterfragte aber, ob bei Projekten stets das "maximal Wünschenswerte" umgesetzt werden muss oder ob nicht auch das "gediegen Notwendige" ausreiche. Es gelte "Ansprüche abzuspecken", lautete die eine Forderung von ÖDP/Klima. Die andere bezog sich darauf, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Umlagekraft der 26 Gemeinden nachhaltig stärken könne.
FDP spricht von einer Zeitenwende für Kommunal-Haushalte
Peter Eggen (Fraktion Parteilose) bezog sich lediglich auf den aktuellen Etat 2024, den er als stabil bezeichnete und der die Kommunen nicht allzu sehr belaste. Den Bau des Schulzentrums befürwortete er, denn man investiere damit in eine gute Ausbildung der Kinder.
Adelheid Zimmermann (FDP) konnte sich zwar mit dem Etat 2024 anfreunden, machte sich jedoch mit Blick auf die kommenden Jahr Sorgen: "Wie werden diese Fehlbeträge gegenfinanziert?", habe sie sich gefragt. Gerne hätte sie gewusst, wo man genau einsparen könnte und wie stark die Kreisumlage künftig betroffen sei. Ihrer Ansicht nach werde derzeit eine "Zeitenwende für Kommunalhaushalte" eingeläutet.
Während es bei der Abstimmung zum aktuellen Etat lediglich drei Gegenstimmen gab, stimmten im Anschluss mit 41:10 deutlich mehr Kreistagsmitglieder gegen den Finanzplan der Jahre 2023 bis 2027.