Alle Zeichen deuten darauf hin, dass die umstrittene Wechselstromtrasse P43 wohl in die topaktuelle Fortschreibung des Bundesbedarfsplangesetzes eingearbeitet wird. Der Bundestag soll darüber noch 2020 entscheiden. Der springende Punkt: Die Trasse wird unter anderem auch mitten durch die beiden Landkreise Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld führen, aber auch die Landkreise Schweinfurt und Main-Spessart berühren. Die Landräte dieser Kreise haben sich in jüngster Vergangenheit bereits auf mehreren Ebenen gegen das Vorhaben gewandt - doch bislang ohne Erfolg.
Im September hatten sie zum Beispiel im Berliner Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vorgesprochen. Anfang Oktober versuchten sie, ihre Argumente gegen die neue Überlandleitung mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger zu verhandeln. Von diesem, aus seiner Sicht enttäuschenden, Besuch in München berichtete Landrat Thomas Bold am Montag im Kreisausschuss.
Alternativen nochmals prüfen
Im Zusammenhang mit der geplanten Wechselstromleitung P43 von Mecklar in Hessen nach Bergrheinfeld sähen er und seine Kollegen aus den Nachbarlandkreisen eine "Überbelastung der Region", sagte Bold. Unverständlich sei dieses Vorhaben auch, wenn man weiß, dass der ebenfalls geplante SuedLink mehr Strom nach Süden, also nach Bayern bringen werde, als früher im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld produziert wurde. Die Frage sei deshalb nach wie vor, so Bold weiter, ob hier in dieser Region überhaupt eine P43 benötigt wird. Und wenn mehr Strom tatsächlich sein muss, dann sollten auch Alternativen, wie zum Beispiel die P43 mod durch Hessen, noch einmal auf Herz und Nieren geprüft werden, sagte Bold. Denn schließlich soll ja hauptsächlich Strom für das Rhein-Main-Gebiet transportiert werden.
"Mehr war nicht zu erreichen", habe Aiwanger bei dem jüngst erfolgten Gespräch mit den Landräten gesagt. Das Thema sei in Berlin bereits entschieden worden, so der Minister weiter. Die Landräte seien verärgert darüber, dass vom Freistaat aus offenbar keine Initiative mehr ausgehen wird, noch einmal über den Bau der P43 zu diskutieren, sagte Bold im Ausschuss. Genervt zeigte er sich davon, dass man sich in Berlin und München offenbar gegenseitig den Schwarzen Peter zuschiebe. In München heißt es, Minister Aiwanger könne nichts am Bundesbedarfsplangesetz ändern, so Bold. In Berlin höre man aber, dass Aiwanger der P43 ja nun mal zugestimmt habe. "Da kann sich jetzt jeder denken, was er will", sagte Bold bedeutungsschwanger.
Mit juristischen Mitteln wehren
Die Landräte haben in München eingefordert, dass die Alternativen weiter geprüft werden, sagte Bold. "Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir uns notfalls mit juristischen Mitteln wehren werden." Sich auf die Entscheidungsträger in Berlin und München zu verlassen, sei offensichtlich nicht von Erfolg gekrönt. "Wir müssen unseren Standpunkt selbst vertreten", so der Landrat mit Blick auf das bundesweit agierende Hamelner Bündnis, dem die von der Stromtrasse betroffenen Landkreise und auch etliche Kommunen angehören. Dort wird das Genehmigungsverfahren für den SuedLink und jetzt auch für die P43 kritisch begleitet.
Auch Roland Limpert (PWG) fand den von Bold dargestellten Sachverhalt "sehr irritierend". Man habe das Gefühl, in einer Sackgasse gelandet zu sein, sagte er und ermunterte dazu, "gemeinsam am Ball zu bleiben". Stellvertretender Landrat Gotthard Schlereth (Freie Wähler) warnte davor, "zum Spielball der Großen" zu werden. Seine Devise: Man muss in der Diskussion die hiesige Region als "Naturraum" in die Waagschale werfen, denn schließlich gibt es diesbezüglich hier etliche Schutzprojekte, allen voran das bedeutende Biosphärenreservat Rhön.