Junge Leute zieht es heute oft in die Ballungszentren. Stadt und Land driften daher immer weiter auseinander. Dass man dem etwas entgegensetzen muss, um langfristig im Wettbewerb zu bestehen, haben Städte und Regionen auf dem Land längst begriffen. Der Landkreis Bad Kissingen ging im November 2016 mit einer Standortkampagne ganz offensiv in die Eigenwerbung. Das Projekt war eigentlich nur für zwei Jahre angelegt. Dass am 24. September 2019 im Regentenbau nun aber schon der dritte Teil der groß angelegten Werbestrategie vorgestellt wurde, spricht für sich.
Der Erfolg dieser Werbemaßnahmen sei nicht unmittelbar messbar, hatte sich Landrat Thomas Bold bei der Zwischenbilanz 2018 vorsichtig ausgedrückt. Heute hört sich das selbstbewusster an: "Die Kampagne läuft sehr gut", sagte er im Weißen Saal vor zahlreichen geladenen Gästen und nahm Bezug auf einzelne Maßnahmen, wie den ersten Image-Clip fürs Kino, die Funk-Spots im Radio und die Großplakate, mit denen man unter anderem in U-Bahn-Gängen von Frankfurt und München warb.
Provokation in der Kritik
"Coole City. Aber wieviel Geld ist am Ende des Monats noch übrig?", hieß es da beispielsweise. Fragen wie "Mega Metropole. Aber warum wollt Ihr am Wochenende alle hier raus?" mussten sich die Großstädter auf solchen Plakaten gefallen lassen. Und dann kam natürlich: "Hier geht's besser. www.bad-kissingen.land" So mancher Medienschaffende fühlte sich damals durch diese kecken Sätze brüskiert. Vor allem Bild München und die Süddeutsche sparten nicht mit beißender Kritik und dezenter Süffisanz. "Die Medien haben die Provokation angenommen", resümierte Landrat Bold am Dienstagabend vergnügt. "Für uns war das alles Werbung, die unbezahlbar ist."
Auch in der dritten Serie der Standortkampagne stehen wieder Plakate in München und - diesmal neu - in Berlin im Mittelpunkt. Der frisch produzierte Image-Spot des Landkreises Bad Kissingen im Zeichentrick-Format, der laut Sven Schröter von der Würzburger Agentur Gerryland Advertising Anfang 2020 in den Werbeblocks der Großstadtkinos anlaufen soll, handelt zum Beispiel von Tom und Jan. Der eine macht seine Berufsausbildung zwar in einer "coolen City", kriegt aber "sonst nix mit" von der Großstadt, weil er nicht das Geld zum Ausgehen hat. Jan hingegen ist Azubi im Landkreis Bad Kissingen und kann sich dort abends nach Belieben amüsieren.
Nichts spektakulär Neues
Familie Seel kommt ins Bild, die mit ihrer Familie in einer winzigen Wohnung in der Großstadt wohnt, während Familie Schmitz im Landkreis Bad Kissingen ein großes Haus mit Garten besitzt. Und dann ist da noch Reinhard, der seine "geniale Geschäftsidee" in der City nicht verwirklichen kann, weil die Grundstückskosten zu hoch sind. Birgit aber hat im Landkreis Bad Kissingen schon vor drei Jahren eine Firma gegründet und ein Geschäftshaus in guter Lage errichtet, in dem sie zwischenzeitlich 18 Mitarbeiter beschäftigt.
Spektakulär Neues bringt der Animationsfilm der Würzburger nicht. Jedenfalls ist nichts dabei, was nicht schon einmal in anderem Gewand in der Kampagne vorgekommen wäre. Der Clip ist wesentlich schwächer als sein spannender und topmoderner Vorgänger. Selbst Landrat Bold konnte nicht ganz verhehlen, dass er sich als Werbung für den Landkreis etwas Aufsehenerregenderes vorgestellt hatte. "Ich hab den Film gesehen und mal drüber geschlafen. Am nächsten Tag hat er mir schon besser gefallen", drückt er sich dezent aus. Doch Gerryland-PR-Chef Schröter beeilt sich hinterher zu schieben: "Animation ist sehr modern."
Zwei Zuzügler erzählen
Später präsentierten Bold und Schröter auf dem Podium noch zwei Zuzügler "zum Anfassen", die beide letztendlich aus München nach Bad Kissingen kamen. Die gebürtige Österreicherin Sophie Kobler (26) arbeitete zuletzt zwei Jahre lang in München. Zuvor war sie in Innsbruck tätig und lernte dort ihren Lebensgefährten, einen gebürtigen Burkardrother, kennen. Beide beschlossen schließlich, in die Rhön zu ziehen. Kobler arbeitet inzwischen seit sieben Monaten als Projektmanagerin im Zentrum für Telemedizin (ZTM) in Bad Kissingen.
Felix Gantner (31) arbeitete zuletzt in München. Die 60 Quadratmeter große Studentenwohnung sei dann irgendwann, als die Kinder kamen, zu klein gewesen, erzählte der gebürtige Allgäuer den Gästen. Seine Frau und er hätten überlegt, ob es sinnvoller sei, eine teure Wohnung in München zu halten und dann zwei Stunden zu den Arbeitsplätzen zu pendeln, oder lieber irgendwohin aufs Land zu ziehen, wo das Wohnen billiger ist. Seine Frau stammt aus Bad Kissingen, sagte er. Was lag also näher, als sich hier anzusiedeln. Inzwischen ist er Projektmanager für Kultur beim Regionalmanagement des Kreises.
Kaffee aus dem Landkreis als Geschenk
Und auch das gehört zur Standortkampagne: Der Landkreis hält für bestimmte Gelegenheiten kleine Geschenke parat. Seit neustem gibt es als Give-Away nun Landkreis-Kaffee. Geröstet und verpackt wird dieser seit geraumer Zeit im Kloster Maria Bildhausen. Passend dazu gibt es Tassen, die mit der Botschaft des Landkreises bedruckt sind. Übrigens kam auch Rainer Bühner mit seiner Kaffeerösterei neu in die Region – wenngleich nur aus dem Nachbarlandkreis.
Infos: www.bad-kissingen.land: Den Film gibt's unter www.youtube.com